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Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Titel: Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mortimer M. Müller
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erschöpfte Ratlosigkeit aus. Für einige Minuten sprach niemand ein Wort. Die Blicke ruhten am Boden, glitten in Richtung Fenster oder verblichen im Nirgendwo.
Melancholie
, dachte Emma. Wie ein Waldbrand im trockenen Kiefernforst hatte Schwermütigkeit um sich gegriffen. Emma blieb nur davor bewahrt, weil sie sich ihres Schutzengels und der blühenden Sommerwiese besann. Der unablässig heulende Sturm, das Knistern der umherwirbelnden Schneeflocken und das beständige Schwanken der Kabine zerrten aber auch an ihrer Gelassenheit.
    „Wie wäre es“, hob Emma an, „wenn wir uns Geschichten und Anekdoten erzählten? So geht die Zeit schneller vorbei.“
    „Wie wäre es“, brummte Matteo, „wenn du anfängst.“

Kitzbühel, Wohnung Gerbergasse
Samstag, 6. Januar, 18:20 Uhr
    „Nein“, hauchte Franz. „Du lügst!“
    „Ich habe eine Woche vor deinem Tobsuchtsanfall den Schwangerschaftstest gemacht, weil meine Regel zwei Monate ausgeblieben ist. Am Tag davor war ich bei der Frauenärztin. Sie hat die Schwangerschaft bestätigt.“
    Franz drehte sich der Kopf. Er spürte, wie eine neue Welle aus unkontrollierten Zuckungen in Richtung seiner Hände wanderte. Ein klebriger Schmerz pulsierte in seinem Nacken, schickte Fangarme aus Pein über seine Wirbelsäule bis zu den Lenden. „Ich hab’ dich nich’ in Bauch g’schlag’n“, nuschelte er.
    „Nein“, entgegnete Stefanie. „Aber ich hatte unmittelbar danach eine schmerzvolle Blutung. Für mich steht außer Zweifel, dass deine Schläge schuld waren.“
    Jetzt war es so weit. Sein Körper geriet aus den Fugen, versagte ihm den Dienst. Der Anfang vom Ende.
    *
    Etwas stimmte nicht mit ihm. Franz’ Hände zitterten, als wäre er in einem Stromkreis gefangen. War er krank? Furchtsam trat sie einen Schritt zurück. Ihr fiel auf, dass seine Gesichtsmimik ungewöhnlich war. Sie wirkte … unfertig. Nein, Franz war definitiv nicht gesund!
    „Verschwinde“, flüsterte Franz und schwankte auf Stefanie zu. „Geh, bevor ich …“
    „Was? Mich wieder schlägst?“
    „Raus!“, brüllte Franz mit seiner Löwenstimme. Aber diese Stimme klang wie die eines müden Löwen, eines sehr müden, eines kranken Löwen. Sie war nicht länger beeindruckend. Vielleicht sollte sie tatsächlich gehen.
    Unschlüssig wich Stefanie zur Eingangstür zurück, streifte sich Schuhe und Jacke über. Franz folgte ihr; langsam, schleppend. Seine Mundwinkel bebten.
    Stefanie trat aus der Tür. Was immer mit ihm geschah, er würde es ihr nicht verraten, das erkannte sie in seinen Augen. Genauso gut hätte sie mit einem steinernen Löwen sprechen können. Sie warf Franz einen letzten Blick zu, wandte sich grußlos um und marschierte auf den Ausgang zu.
    Es wurde Zeit, dass sie ihre Vergangenheit hinter sich ließ, die unveränderlichen Geschehnisse akzeptierte. Wenn Franz nicht mit ihr reden wollte und Geheimnisse vor ihr hatte, war es ihr egal. Im Grunde war Franz ihr egal. Jahre ihres Lebens hatte sie für ihn geopfert.
    Morgen würde sie Sebastian alles erzählen. Er wusste immer, was zu tun war.
    *
    Franz warf die Tür ins Schloss. Sein Atem ging schwer, seine Muskeln gehorchten kaum seinen Befehlen. Stefanies Mitteilung hatte ihm den Rest gegeben. Er schlurfte zum Sofa, blieb an einer Teppichkante hängen und fiel der Länge nach zu Boden. Er besaß nicht einmal ausreichend Kontrolle über seinen Körper, um den Sturz abzufangen. Ein scharfer Schmerz schoss ihm durch Oberarm und Schulter, Blut pulsierte in seinen Ohren.
    Wenn ich jetzt ohnmächtig werde
, dachte er,
dann ist es vorbei. Man wird mich finden, ins Krankenhaus bringen, meine Erkrankung feststellen. Keine Chance auf ein Weitermachen
.
    Franz knurrte. Mit geballter Willenskraft rollte er sich auf die andere Seite. Ächzend begann er sich an einem Stuhlbein hochzuziehen.
    Nein
, dachte er, wieder und wieder.
Noch nicht. Noch nicht heute
.

Krankenhaus Kufstein, Unfallchirurgie
Samstag, 6. Januar, 18:25 Uhr
    In der Station herrschte rege Betriebsamkeit. Gestresst wirkende Ärzte und Krankenschwestern hetzten umher, ein unstetes Murmeln erfüllte die hell erleuchteten Räume. Offenbar nahm niemand das Ende der Besuchszeit so genau. Benjamin erblickte auf Anhieb fünf, sechs Personen, die offensichtlich weder verletzt waren noch zum Personal gehörten.
    „Ich suche Natascha Järvinen“, sprach Benjamin die erste Krankenschwester an, die an ihm vorbeieilte.
    Die Pflegerin deutete wortlos nach links an das Ende des Ganges. Benjamin

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