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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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und blieb mit der Nase nach vorn am rechten Fahrbahnrand stehen. In ihrem Kopf surrte es. Sie merkte, wie sie die Luft anhielt, musste sich zwingen, zu atmen, schlug mit der Faust auf die Hupe. »Idiot«, schrie sie, ohne recht zu wissen, ob sie sich selbst meinte oder den Mercedesfahrer. Der war längst weg. Ihr Herz trommelte Rhythmen, so wildwüchsig wie der Schlagzeuger der Irish Brothers. Sie fuhr langsam an, bog wahllos in eine schmale Straße nach rechts ein. Ihr Pulsschlag beruhigte sich. Durch das Laufen hatte sie gelernt, auf ihren Atem zu achten. Ich war selbst schuld, gab sie zu. Ich bin zu schnell gefahren. Der Wagen hat auch nicht mehr die besten Reifen. Grimmig schlug sie wieder auf das Steuerrad. Vergaß, dass genau dort die Hupe saß und erschrak, als das Blöken losging.
    Der Regen ließ allmählich nach. Katinka öffnete ihr Fenster, um die beschlagenen Scheiben sauberzukriegen. Vorsichtig steuerte sie über die enge Straße. Zwei Wagen würden nur schwerlich aneinander vorbeikommen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Die Scheibenwischer arbeiteten jetzt auf der niedrigsten Stufe.
    Kurze Zeit später erreichte sie einen Ort.
    ›Holzhof‹ stand auf dem Schild.
     
    Eine Bewerbung war abgeschickt worden.
    Jemand hatte sich viel Mühe beim Zusammenstellen der Unterlagen gegeben. Herzklopfen auf der Post. 1,44, sagte der Postmann. Jemand zahlte den krummen Betrag, fragte sich dabei, wieso ausgerechnet 1,44. Sah den braunen Umschlag hinter dem Posttresen verschwinden. Erkundigte sich noch schnell, wie lange die Zustellung dauern würde. Hatte schon einmal vorher gefragt. Der Postmann wurde ungeduldig.
    Jemand erinnerte sich an den Moment auf der Post. Eigenartig. Eine solche Dramatik in dem unübersichtlichen Gebäude. Andere Gedanken: Die von der Post meinen, durch Aufstellen von Regalen mit Briefumschlägen, Kopierpapier und Grußkarten würde die Atmosphäre besser. Natürlich nicht. Es wäre jemand erforderlich, der das Raumkonzept überhaupt überdenkt und verbessert. Der für eine Gestaltung aus einem Guss sorgt.
    Jemand verließ die Post voller Hoffnung. Die Erinnerung an die große Hoffnung war schmerzhaft.
     

7. Künstlerclique
    Der Regen hatte aufgehört. Sie hielt bei einem Haus, vor dem ein älterer Mann im Sonntagsanzug stand und auf die Straße starrte, und stieg aus. Er sah Katinka neugierig an. Wahrscheinlich bin ich die erste Fremde, die er heute zu Gesicht bekommt, dachte sie. Laut rief sie:
    »Grüß Gott.«
    Der Mann nickte nur.
    »Hier muss es einen Hof geben, auf den sich eine Gruppe Künstler zurückgezogen hat«, sagte sie. »Wissen Sie, wo das ist?«
    Er zeigte unbestimmt in die Richtung, aus der Ka-tinka gekommen war.
    »Hindn lings nauf«, nuschelte er.
    »Ist das weit?«
    »Zwa Minudn«, grummelte der Mann. »Des is a Kommune wie in aldn Zeidn.«
    »Wie bitte?«
    »Alles rode Soggn, die Künsdler.« Er zuckte die Schultern und ging ins Haus.
    Katinka wendete und fuhr das kurze Stück zum Ortsausgang zurück. Sie brauchte mehrere Wendemanöver, um den winzigen, schlecht asphaltierten Weg zu entdecken, der direkt hinter dem Ortsschild ins Grüne führte. Der Wagen holperte über eine Brücke, die nassen Zweige einer Birke schleiften über Windschutzscheibe und Dach. Plötzlich gabelte sich der Weg. Ka-tinka wollte ihrem Ärger schon Luft machen, als sie das langgestreckte Gebäude im Hintergrund bemerkte.
    Sie fuhr darauf zu. Die Anlage war beeindruckend: Das Haupthaus bestand aus roten Backsteinen, untypisch für die Gegend. Die Fenster waren mit Petunien in Pink und Violett geschmückt. Mehrere Stallgebäude und Scheunen bildeten mit dem Haupthaus eine wunderschöne, geschlossene Anlage. Katinka steuerte auf den Hof. Sie hielt neben einem von hohen Buchen umrahmten Weiher, musste über die dicke Schicht Entengrütze lachen und entdeckte zu ihrem Erstaunen das verrückteste Entenhäuschen, das sie je gesehen hatte: Es bestand aus rot lackiertem Holz in der Form eines Ostereis. Obendrauf saß eine Schleife aus rostigen Metallblättern. Sie erinnerte an einen ausrangierten Propeller. Weiter hinten parkte ein schwarzer Geländewagen.
    Katinka stieg aus und schlüpfte aus ihrer durchnässten Jeansjacke. Ihr T-Shirt war auch schon feucht. Egal, jetzt kam die Sonne durch.
    »Da dringt doch glatt mal jemand in unsere klösterliche Abgeschiedenheit vor!«
    Ein Mann in den Vierzigern trat aus einem der Ställe. Er trug die Arbeitskleidung eines Schmiedes, Jeans unter der dicken

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