Käfersterben
weißt du genug über ihn. Seine erotische Ausstrahlung ist unglaublich. Also, ich bin ihm aufgesessen. Ich hätte an so was doch nie gedacht, wollte einfach ein bisschen Spaß, solange Alban weg ist!«
»Du kannst gegen so was gerichtlich vorgehen.«
»Haha«, machte Britta. »Das wird der ultimative Sommerspaß und füllt alle Klatschspalten Frankens: Journalistin von Sexschwindler reingelegt.«
Katinka musste zugeben, dass Britta recht hatte. Sich zu wehren, würde hundertmal mehr Staub aufwirbeln, als bei irgendeinem Kunstprojekt über die Leinwand zu flimmern.
»Vielleicht verfremdet er sein Material«, versuchte es Katinka.
Britta schob ihren Teller von sich und trank einen Schluck Mineralwasser. Fischte die Zitronenscheibe heraus und biss hinein. »Ich bin noch nie so reingefallen«, sagte sie trübsinnig.
Katinka griff nach Brittas Hand und drückte sie.
»Zahlen wir es ihm heim«, schlug sie vor. »Wir fahren nach Holzhof. Suchen die Kamera, die Computer, und schnappen uns die Filme. Dann kannst du eine Story daraus machen.«
Später dachte Katinka, dass dies die verrückteste Idee gewesen war, die sie jemals mit Britta gemeinsam ausgebrütet hatte. Doch das kam ihr erst in den Sinn, als die Sonne von grauen Wolken bedeckt an einem unsichtbaren Horizont abgetaucht war und eine bleischwere Nacht hinterlassen hatte.
Du hast es immer verstanden, sorgsam Gebrauch von deinen Talenten zu machen.
Eines deiner Talente ist deine Fähigkeit zu glasklarem Denken. Du weißt nicht einmal, dass du diese Fähigkeit besitzt. Und wenn du es ahntest, dass du rational denken kannst wie ein Großrechner, würdest du dich nie und nimmer damit brüsten. Du prahlst nicht. Du salbaderst nicht. Du denkst und du handelst. Du gebrauchst deine analytischen Gaben, ohne es auch nur zu bemerken. Du verrechnest deine Chancen mit x-beliebigen anderen Konstellationen und vor dir als Ergebnis hast du eine genaue Vorstellung, wie du vorgehen wirst. Dann tust du es. Ja, auch diese Stärke gehört dir: die Stärke, zu handeln, wenn gehandelt werden muss und nicht zu zögern. Wie gesagt, du hast es immer verstanden, Gebrauch von deinen Talenten zu machen.
10. Einbrecher
Um Mitternacht brachen sie in Brittas Fiat auf.
»Deiner ist zuverlässiger als Toms alte Kiste«, sagte Katinka. Sie saß am Steuer. Britta behauptete, zu nervös zum Fahren zu sein. »Und wenn wir ein Fluchtfahrzeug brauchen, dann ist dieses hier im Fall des Falles wenigstens startklar.«
Katinka beschrieb Britta die Anlage. Ihr Ziel war der Raum mit den Computern. Wahrscheinlich hatte York sein Material schon längst auf diversen Festplatten gespeichert.
»Er kann Hunderte von Sicherheitskopien haben, vergiss das nicht!«, mahnte Britta. Sie strich unruhig über die schwarzen Jeans und entfernte imaginäre Stäubchen.
»Egal! Solange du wenigstens eine Version der Filme hast, kannst du ihn knacken.«
Sie durchquerten die stillen, dunklen Dörfer und bogen dann an der Stelle ab, wo Katinka von dem Mercedes beinahe plattgewalzt worden wäre. In Wahrheit gab es da noch die Angst, Dani in Holzhof zu finden. Tot. Oder vielleicht lebendig. Vielleicht auch nur einen Hinweis aufzuspüren, wo sich die Suche nach Dani lohnen konnte.
»Düstere Gegend«, murmelte Britta.
Katinka kannte sie so ängstlich nicht. Sie hatten schon andere Aktionen hinter sich gebracht. Meistens richtete sich jede am vermeintlichen Mut der anderen auf. Jetzt war es anders. Katinka hatte keinen Beweis, dass Booz der Verrückte mit den Samuraischwertern war. Aber er hatte etwas Unergründliches an sich. Etwas Lockendes und gleichzeitig Aggressives. Glaubte sie jedenfalls. Wenn sie an die kurze Zeit mit Booz in der Küche und in dem großen Büro dachte, wie er vor dem Bildschirm saß und seine Fotos zeigte, fühlte sie einen Cocktail aus Angst, Ekel und Knistern.
Diesmal fand sie die Abzweigung hinter dem Holzhofer Ortsschild sofort. An der Gabelung wendete sie den Fiat, setzte ein Stück zurück in den Weg, der ein Stück weiter im Nichts endete, und stellte den Motor ab. Die unerwartete Stille schmerzte in den Ohren. Sie sahen sich an.
»O.k.«, sagte Katinka. Nun war es an ihr, die Kontrolle zu übernehmen. Beide hatten sie schwarze Klamotten angezogen und darauf geachtet, dass sich keine Leuchtstreifen oder Reflektoren an Kleidung und Schuhen befanden. Unter schwarzen Piratentüchern verbargen sie ihre Haare. Katinka reichte Britta eine Taschenlampe mit Gummiband.
»Die
Weitere Kostenlose Bücher