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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Im nächsten Gebäude war sie mit Booz gewesen. Angeblich wurde der alte Stall benutzt, um Installationen auszuprobieren. Katinka erinnerte sich, dass er weitgehend leer war.
    Sie drückte die Klinke. Die Tür sprang auf. Katinka lauschte, betrat den Stall und schloss die Tür hinter sich. Britta würde sich zu Tode ängstigen. Hinter dem kleinen Vorraum lag der große, leere Raum. Es war stockdunkel. Katinka blieb stehen und hielt den Atem an. Sie saugte die Atmosphäre ein. Kitzelte die Anwesenheit von Menschen und Ereignissen aus den Wänden. Niemand war hier. Alles leer. Öde, einfach nur ein leerer Raum. Einer, in dem ausprobiert wurde. Der alte Stall strahlte Würde aus, als könne ihm niemand mehr etwas anhaben. Auch Booz nicht. Katinka ging wieder hinaus.
    Die restlichen Stallungen bis zum Haupthaus hatte Booz ihr nicht gezeigt. Sie waren abgeschlossen. Der erste lag dunkel und still. Der zweite schien ebenso verlassen. Katinka fragte sich, ob ihre Ohren ihr einen Streich spielten. Sie hörte Musik. Don Giovanni . Eindeutig. Katinka kannte die Oper fast auswendig. Gedämpft, unwirklich klangen die Melodien zu ihr herüber, beinahe außerirdisch. Sie duckte sich, als Zerlina ihr ›Là ci darem la mano‹ jubelte. Wartete ab. Don Giovanni sang, dann Zerlina. Dann wieder Don Giovanni.
    Da lief ein Endlosband. Sie versuchte, sich Booz vorzustellen, mit einem Glas Rotwein, wie er bis zum in die Unendlichkeit verschobenen Schlussakkord immer wieder die gleiche Arie hörte. Vorsichtig pirschte sie sich voran, schlich um das Gebäude.
    »Au!«
    Der Schrei war heraus, ehe sie sich bremsen konnte. Sie stand kniehoch in Brennnesseln. Ihre linke Hand hatte nach den Stengeln gegriffen, als sie über etwas Hartes stolperte. Wieder die flatternden Entenflügel beim Teich. Katinka hielt den Atem an. Ihre Hand war durch den Handschuh geschützt, aber zwischen dem Handschuh und dem Pulloverärmel brannte ihre Haut wie Feuer.
    » Là ci darem la mano, là mi dirai di sì«, schmetterte Don Giovanni.
    Don Giovanni passt eigentlich eher zu York, überlegte Katinka. Vielleicht inspirierte er sich mit Mozart für seine Filmaufnahmen. Und für die Vorbereitungen dazu. Hier an der Rückseite des Gebäudes war die Musik deutlicher zu hören. Katinka zog sich ein Stück am Fenstersims hoch. Der Raum war schwach von ein paar Kerzen beleuchtet. Bis auf ein Sofa und eine turmhohe Stereoanlage war er völlig leer. An den Wänden hingen überlebensgroße Aktfotos. Frauen und Männer.York lag wie ein großes X ausgebreitet auf dem Boden und schlief. Tatsächlich ein süßer Typ, dachte Katinka und musste lächeln, als sie an Britta dachte. Aber ein bisschen zu sehr Praline, für meinen Geschmack.
    Sie ließ sich vorsichtig wieder herunter. Solange York sich mit Mozart abgab, konnte er ihr und Britta nicht gefährlich werden. Sie schlich im Schatten der Stallungen zurück zu Britta.
    »Katinka! Wo hast du so lange gesteckt.«
    Britta stand zitternd an der Stelle, wo Katinka sie zurückgelassen hatte.
    »Jetzt geht’s los«, versicherte Katinka. »Wir versuchen die Haustür. Wenn die nicht geht, probieren wir die Fenster.«
    Sie ging voraus. Schon fiel es ihr leichter, sich im Dunkeln zu bewegen.
    Die Haustür war verschlossen. Mit dem Dietrich brauchte Katinka keine Minute. Die Tür klemmte, aber es fehlte nur ein entschiedener Ruck, um sie aufzustoßen. Ein Knarren zerriss die Stille. Katinka war sich sicher, dass es ein leises, filigranes Geräusch war, doch die Anspannung und die Angst verstärkte es zu einem furchteinflößenden Lärm.
    Auch die Bürotür war abgeschlossen. Aber es ist keine Sicherheitstür wie bei Dani, dachte Katinka und fühlte ein Stechen in der Brust, als sie an ihre Freundin dachte. Sie hörte Brittas keuchenden Atem, während sie an dem Schloss manipulierte, und roch ihre Angst. Komisch, dachte sie, dass man Angst riecht. Es klickte, und die Tür ging auf. Sie scheuchte Britta hinein, folgte und schob die Tür wieder zu.
    Alles lag ruhig. Niemand hatte sie gehört, und niemand würde kommen und Ärger machen. Den Ärger machen wir, dachte Katinka grimmig. Sie kontrollierte die Fenster. Rollläden, alt aber funktionstüchtig, schotteten den Raum gegen Licht ab. Sie schaltete ihre Taschenlampe ein. Die beiden Laptops standen ungeschützt herum. Niemand machte sich die Mühe, sie irgendwo einzuschließen.
    »Nimm den dort drüben«, sagte sie zu Britta und klappte schon den anderen auf.
    Kein Passwort schützte die

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