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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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möchte nur schlafen. Erstmal. Aber danke. Auch für den Anorak. Sie haben mich vor dem Erfrieren gerettet.« Katinka öffnete den Reißverschluss.
    Sabine schüttelte den Kopf.
    »Behalten Sie ihn ruhig an und bringen Sie ihn mir bei Gelegenheit vorbei!«, sagte sie.
    Sie wartete, bis Katinka in Toms Fiesta saß und den Motor mit einem neuen Aufgebot an fantasievollem Vokabular in Gang gebracht hatte. Sofort drehte Katinka die Heizung auf. Die Scheiben beschlugen, und sie musste das Fenster ein Stück öffnen. In flottem Tempo fuhren die beiden Wagen hintereinander her, über die Autobahn bis Bamberg. Der Streifenwagen nahm die Ausfahrt Bamberg Ost. Katinka blieb dicht dran und hupte kurz, als Sabine Kerschensteiner zum Polizeigebäude abbog. Ihr fiel ein, dass Hupen um zu grüßen nicht erlaubt war. Sie querte die beiden Brücken und bog in die Herzog-Max-Straße ein.
    Die Anwohnerparkplätze waren belegt. Resigniert drehte Katinka ein paar Runden, bis sie eine Lücke weit hinten entdeckte. Erschöpft stellte sie den Motor ab. Sie lehnte sich zurück. Sie hasste sich.
    Warum habe ich das gesagt, murmelte sie. Warum.
    Sie hätte gut und gerne hundert Euro dafür bezahlt, in einer Sänfte zu ihrer Haustür getragen zu werden. Seufzend öffnete sie die Tür und schleppte sich durch die Nässe und den kalten Wind die Straße zurück. Als sie den Schlüssel aus ihrem Rucksack kramte, fiel ihr Blick auf die Stufe vor der Haustür. Ein Keil wurde durch ihr Herz getrieben, sie schnappte nach Luft, ließ den Schlüsselbund fallen und stützte sich mit der Hand an der Hausmauer ab. Dort auf den Stufen hockte etwas, und diesmal war es zweifellos an Katinka Palfy adressiert.
    Katinka konnte nicht sagen, wie lange sie da gestanden hatte. Sie wartete darauf, dass das Stechen in der Brust abflaute, als ihr Handy klingelte. Diese Nacht hielt keine Ruhe für sie bereit.
    »Ja, hallo?«
    »Palfy«, sagte er. Seine Stimme klang nicht mehr so grimmig. »Ich wollte mich erkundigen, ob Sie gut gelandet sind.«
    Katinka war sich hundertprozentig sicher, dass Polizeimeisterin Kerschensteiner schon Meldung gemacht hatte.
    »Ich …«, fing sie an und starrte auf die Treppenstufe. Es gab zwei Möglichkeiten. Sie könnte den nächtlichen Besucher ignorieren. Sie sehnte sich nach ihrem Bett und hatte genug davon, im Regen herumzustehen und zu frieren. Andererseits dachte sie an Dani und den gelben Beetle vor deren Haustür. Sie sah Dani vor sich in dem hässlichen Sarg. Sie dachte an Hardos Ärger. Ihre Bemerkung von vorhin trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht.
    »Palfy? Sind Sie noch dran?«
    »Hardo«, flüsterte Katinka. »Ich bin zu Hause. Aber es gibt ein neues Problem.«
    Sie hörte ihn nach Luft schnappen.
    »Nicht aufregen«, bat sie. »Nur … vor meiner Tür steht ein Käfer. Ein ganz kleiner. Aufgespießt.«
     
    Als die Polizei kam, hockte sie auf dem Gehsteig, unfähig, irgendetwas außer bleierner Müdigkeit zu fühlen. Keine Nässe, keine Kälte, nicht einmal Angst. Die zuckenden, blauen Lichter irritierten sie für einen Moment.
    »Na, das ist ja eine abenteuerliche Nacht«, hörte sie Fleischmanns Stimme.
    »Frau Palfy?«
    Katinka sah hoch. Sabine Kerschensteiner stand vor ihr.
    »Ich hätte sie herbegleiten sollen«, sagte sie zerknirscht.
    »Nein. Ist schon in Ordnung. Wer kann mit sowas rechnen!« Katinka kämpfte sich auf die Füße und deutete auf das Auto. Ein Matchbox-Käfer, durchbohrt von einem Partyspieß. Sie hatte den Eindruck, dass man die Kirsche zuoberst vergessen hatte.
    »Palfy. Sind Sie o.k.?«
    »Ja.« Die Schamesröte wegen ihrer Bemerkung zuvor schoss ihr ins Gesicht.
    »Irgendwas beobachtet?«
    »Nein. Ich habe das Auto weiter hinten geparkt und bin hierher zurückgelaufen. Wollte gerade die Tür aufschließen, als ich dieses Matchboxauto sah.«
    Hardo kniete sich hin und begutachtete das Auto. Fleischmann zuckte die Schultern.
    »Hier ist wenig zu holen. Es hat geregnet wie verrückt.«
    »Mitnehmen. Denken Sie an den gelben Beetle«, sagte Hardo ungerührt. »Wir brauchen Vergleiche.«
    »Ja ja«, murrte Fleischmann. »Bin ich auch schon drauf gekommen.«
    »Geben Sie mir Ihren Schlüssel, Palfy«, befahl Hardo und sagte zu Fleischmann: »Sie passen auf das Mädchen auf. Kerschensteiner, bereitmachen.«
    Katinka war zu abgekämpft, um sich über seine Wortwahl und den Kommandoton aufzuregen. Zermürbt beobachtete sie, wie Hardo und Sabine ins Haus gingen. Es dauerte nicht lange, bis sie wiederkamen.

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