Kälteeinbruch (German Edition)
Pistole, die Kval für ihn auf dem Sitz deponiert hatte. Drei weitere Polizisten eilten mit ihren MP 5 -Maschinenpistolen in der Hand herbei.
Torp beobachtete die blaue Daunenjacke, die sich mühsam über den Boden schleppte.
«Stop and show me your hands!», rief Kval, der inzwischen hinter dem Hyundai in Stellung gegangen war und zum Zielen die Arme auf das Dach gestützt hatte. Er wiederholte die Aufforderung.
Torp und die anderen Kollegen nahmen ihre Waffen hoch und knieten sich rasch auf den Boden.
«Stop!», rief Kval noch einmal. «Else we will shoot!»
Bernandas erstarrte. Als müsste er nach Luft ringen, beugte er sich vor. Dann drehte er sich um. Schnell. Seine rechte Hand ging nach oben. Danach die linke. Torp sah etwas Schwarzes in seiner Hand.
«Waffe!», schrie Kval. «Waffe!»
Zwei Flammen schossen kurz hintereinander aus der Pistolenmündung auf dem Dach des Hyundai. Bernandas Mielkos’ Kopf wurde nach hinten gerissen, dann folgte sein Körper, und er sank in den Schnee.
Die drei frisch eingetroffenen Polizisten sprinteten los. Torp blieb zurück. Die Pistole in seiner Hand zitterte. Er umklammerte sie mit beiden Händen, während er seinen Kollegen hinterhersah.
Der Schnee um Bernandas Mielkos’ Oberkörper und Kopf färbte sich rot.
«Er ist tot», konstatierte einer der Polizisten bei seinem Anblick.
Sie senkten die Waffen. Torps Blick wanderte zur rechten Hand des Toten. Sie hielt das schwarze Etwas noch immer umklammert.
Doch es war keine Pistole. Es war ein GPS -Gerät.
«Kval», rief Torp. «Ich glaube, er war unbewaffnet.»
Kval reagierte nicht. Torp ging langsam auf ihn zu. Kval war gerade damit beschäftigt, den Wagen zu sichern. Als Torp neben ihm stehen blieb, kletterte Kval rückwärts heraus.
«Er hatte keine Waffe», sagte Torp leise.
«Habt ihr einen Notarzt gerufen?»
«Das eilt nicht …» Torp sah Kval bekümmert an. «Er ist tot, und er war unbewaffnet.»
«Keine Waffe?», fragte Kval ungläubig. Scheinbar hatte er es beim ersten Mal nicht gehört. «Ich hab do–»
«Das war ein GPS .» Torp sprach noch immer leise. «Was machen wir jetzt?» Seine Stimme war nur noch ein Flüstern.
«Verdammt …» Kval schlug sich die Hand vor den Mund. «Verdammt.»
«Du hast einen unbewaffneten Mann erschossen, Kval. Was machen wir jetzt?»
Kval antwortete nicht. Er drehte sich um und ging zurück zu ihrem Wagen. Setzte sich dort auf den Beifahrersitz.
Torp angelte zwei Gummihandschuhe aus der Hosentasche und nahm sich den Hyundai vor. Untersuchte die Seitenfächer an den Türen auf der Fahrerseite. Sah unter dem Fahrersitz nach. Im Fußraum vor der Rückbank. Da war nichts. Nur Staub, Schmutz, ein paar alte Zeitungen, zusammengeknülltes Schokoladenpapier und einige leere Limoflaschen. Er ging um den Wagen herum zur Beifahrerseite. Schaute ins Handschuhfach. Bückte sich dann ganz tief, sodass sein Kopf beinahe den Boden vor dem Beifahrersitz berührte. Fasste vorsichtig mit der Hand darunter. Seine Finger stießen auf etwas Hartes. Er legte die Taschenlampe auf den Boden. Leuchtete unter den Sitz. Der Lichtkegel fing ein schwarzes Klappmesser ein.
Teil 3 Schattenraum
Kapitel 58
Auf dem Parkplatz vor der Tagesstätte in Nygårdshaugen standen keine anderen Autos.
Den Blick starr auf das Armaturenbrett gerichtet, versuchte Anton, das Gespräch zu verdauen, das er auf der Fahrt hierher mit Torp geführt hatte. Ole Kval hatte den unbewaffneten Bernandas Mielkos erschossen. Dass der Mann wegen mehrfachen Mordes gesucht wurde, spielte keine Rolle. In anderen Ländern hätte man Kval für seinen Einsatz womöglich gefeiert und ihm ein Ehrenabzeichen an die Brust gesteckt. In Norwegen hingegen würden sich alle auf ihn stürzen. Wie ein Rudel Löwen auf ein verwundetes Zebra. Das war das Letzte, was Kval momentan gebrauchen konnte.
Er blieb noch einige Minuten sitzen. Lag es etwa an Elisabeth, dass er außerstande war, das Offensichtliche zu erkennen? Dass er sich deshalb auf Nils Jahr eingeschossen hatte, weil ihn dessen beruflicher Werdegang an Herlov Langgaard erinnerte?
Anton schüttelte unmerklich den Kopf. So verbohrt konnte er doch nicht sein?
Dass er Nils Jahr beim Verhör mehr als nur hart rangenommen hatte, rechtfertigte Anton damit, dass der Mann ein gemeiner Vergewaltiger war. Verurteilt oder nicht. Anton konnte es ihm ansehen: Nils hatte Glück gehabt. Man hatte den Frauen nicht geglaubt. Wie er nun hier saß und die vorliegenden Beweise und Indizien Revue
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