Kälteeinbruch (German Edition)
dämmerte es ihm. In der vergangenen Woche hatte er mit Adam kaum ein Wort gewechselt. Adam war so beschäftigt gewesen, dass er nicht einmal Zeit für ihre gemeinsamen Mahlzeiten gefunden hatte. Dasselbe galt für Mery. Sie hatte ihm das Essen zubereitet, sich dann jedoch zurückgezogen, sobald sie es dem Leutnant serviert hatte.
Und jetzt begriff er, wieso.
«Nicht zu fassen», stellte er kopfschüttelnd fest. «Das Letzte, worum ich dich bitte, ist Diskretion!» Er brüllte jetzt.
Der Junge, der einen Schritt auf den Leutnant zugemacht hatte, ging zwei zurück und versteckte sich hinter Adam.
«Peter …», begann Adam. «Wie wäre es, wenn er bleibt? Mery findet das großartig.»
«Sie weiß also auch schon Bescheid?», geiferte der Leutnant. «Was soll das? Sie erkundigt sich, was ich essen möchte, aber ob ich ein Kind hier haben will, werde ich gar nicht erst gefragt?» Er schlug auf den Tisch.
«Was hätte ich tun sollen?», fragte Adam und berichtete ihm von der Schießerei im Schotterwerk.
Der Leutnant hatte Entsprechendes vermutet, nachdem er die Bilder vom Tatort in den Nachrichten gesehen hatte. Dass Adam derjenige war, der den Ausländer erschossen hatte.
«Du weißt, weshalb er eigentlich hier ist», sagte Adam ernst. «Der andere Junge hatte, wie schon gesagt, nicht so viel Glück.»
«Mir kommen gleich die Tränen», erwiderte Jäckel sarkastisch. «Und dann nimmst du dir die Dreistigkeit heraus, ihm ein Geschenk zu machen und zu behaupten, es wäre von mir? Damit er hierherkommt und … ja, was? Mich in den Arm nimmt?» Er schäumte jetzt vor Wut. «Du hättest mir schon am letzten Freitag alles erzählen sollen. Stattdessen behältst du ihn zusammen mit Mery hinter meinem Rücken eine ganze Woche lang hier versteckt.»
«Yes. Du hast ja recht. Es tut mir leid, aber was hätte ich tun sollen? Ich habe geahnt, dass du so reagieren würdest. Aber ich hatte die Hoffnung, du wärst etwas gnädiger, wenn ich es auf diese Weise regele. Das war dumm von mir.»
«Verdammt dumm.» Er sah den Jungen an. «Wie alt ist der Bengel?»
«Acht.»
Der Leutnant schnaubte. «Acht Jahre. In zehn können wir was mit ihm anfangen. Bis dahin ist er eine Belastung. Bereitet uns nichts als Kopfzerbrechen. Apropos Kopf: Wo zum Teufel hast du deinen gelassen, Adam?» Wieder ein Schlag auf den Schreibtisch. «Ein Kind zehn Jahre hier auf dem Hof verstecken zu wollen? Vielleicht solltest du ihn mit nach Portsmouth nehmen.»
«Ist das dein Ernst?»
Der Leutnant spannte die Kiefermuskulatur an. Nein, das war es nicht. «Er spricht wahrscheinlich nicht einmal Englisch?»
«Peter. Er ist acht.»
Schweigen. Adam trat einen Schritt zur Seite. Beugte sich zu dem Jungen hinunter und deutete auf den ferngesteuerten Panzer, bevor er seinen Zeigefinger auf den Leutnant richtete. Etwas flüsterte. Der Junge hob den Kopf. Starrte den Leutnant an. Ging auf ihn zu und umrundete den Schreibtisch. Sah zu dem alten Mann hoch und sagte: «Tänk ju.»
Tank
. Na prima. Den hielt er jedenfalls in der Hand. Den Panzer. Er nickte dem Jungen zu und zeigte energisch auf Adam. Der Junge tappte wieder zurück.
«Ich hatte die schwache Hoffnung, dass du auf deine alten Tage etwas weichherziger werden würdest, Peter, aber wenn du tatenlos hättest zusehen können, wie das Schicksal der beiden Kinder besiegelt wird, habe ich wohl zu viel erwartet.»
«Das hat nichts mit Weichherzigkeit zu tun.»
«Was hätte sie wohl dazu gesagt?» Adam deutete auf das Foto der dunkelhäutigen Frau an der Wand.
«Komm mir nicht damit. Wolltest du ihn drinnen halten und nur nach Einbruch der Dunkelheit spazieren führen? Skjeberg ist klein, Adam.»
«Von allen Aufgaben, die du im Laufe der Jahre angepackt hast, wäre das hier die leichteste für dich. Ein Anruf genügt, schon hätte er alle notwendigen Papiere. Sogar ich könnte dieses Telefonat führen und alles regeln. Aber das werde ich nicht tun, Peter. Das überlasse ich dir.»
«So?» Eine Augenbraue senkte sich. Die andere ging nach oben. «Du gedenkst also, ihn so oder so zu behalten?»
«Ich möchte dich außerdem bitten, in Bezug auf diesen Doskino etwas zu unternehmen. Es war sein Mann, der den anderen Jungen erschossen hat.»
«Das hast du bereits erzählt, Adam. Das werde ich nicht tun, also spar dir die Mühe. Ich habe dich gefragt, ob du ihn so oder so zu behalten gedenkst?»
Adam machte keine Anstalten, darauf zu antworten.
«Um baldige Antwort wird gebeten», sagte der Leutnant
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