Kälteeinbruch (German Edition)
verärgert.
«Ja», sagte Adam schließlich. «Entweder hier oder woanders.»
Der Leutnant starrte den Jungen an. Mit demselben intensiven Blick, mit dem er vor mehr als zwanzig Jahren im afrikanischen Busch nach Feinden Ausschau gehalten hatte. Der Junge hielt dem Röntgenblick erstaunlich lange stand, dann wandte er die Augen ab und machte einen Schritt nach hinten. Hinter den Sicherheit ausstrahlenden Adam.
«Noch was?», fragte der Leutnant und starrte mit ausweichendem Blick auf den ausgeschalteten Computerbildschirm.
Adam schüttelte den Kopf. Nahm die Hand des Jungen, schaltete das Licht aus und verschwand. Der Leutnant wartete, bis die Haustür ins Schloss fiel, dann rollte er zurück ins Wohnzimmer und holte die Weinflasche und sein Glas. Nahm beides mit in sein Büro. Schenkte sich das Glas voll. Diesmal bis zum Rand. Dann trank er, wobei er immer wieder zur Wand schaute. Etwas Schwarzes bewegte sich am linken Rand des Teppichs entlang, der den halben Boden bedeckte. Er rollte hin. Beugte sich zur Seite und starrte auf den Boden. Ein Insekt krabbelte gemächlich am Teppich entlang. Zu dieser Jahreszeit? In der Schublade fand er eine Rolle Küchenpapier. Er riss einen Bogen ab. Faltete ihn viermal und breitete ihn über das Insekt. Dann zielte er mit dem linken Vorderrad des Rollstuhls und rollte langsam darüber. Es knackte. Er packte das Papier und nahm damit die zermalmten Überreste auf. Ließ beides im Mülleimer verschwinden.
Sie blickte von der Wand auf ihn herab.
Der Leutnant sah weg. Schenkte sich ein weiteres Glas ein. Leerte es in vier großen Schlucken. Öffnete die oberste Schublade. Betrachtete die Pistole. Ließ den Blick nach rechts wandern. Zum Satellitentelefon. Er nahm es heraus. Suchte die Nummer von Visaly heraus – dem Russen, durch dessen Vermittlung er den Schlichterauftrag in Moskau erhalten hatte.
«Yes?», meldete sich Visaly.
«This is the Lieutenant.»
«Did Santa come to see you this evening?», fragte der Russe in gebrochenem Englisch.
«No.» Er war zu alt, um seinem Gegenüber dieselbe Frage zu stellen. «This Doskino guy …»
«What about him?»
«A friend of you?»
«No, not a friend. We’re familiar with each other, but he’s not a friend. He’s a small time enforcer with our permission to do business.»
«Good. I don’t want him to see the new year.»
«Consider it done, my friend.»
Der Leutnant räumte das Telefon zurück in die Schublade. Ließ die Finger über die Pistole gleiten, die danebenlag. Er rollte zu der Fotoreihe an der Wand. Blickte zu ihr auf. Streckte den Arm aus und nahm das Bild vom Nagel.
Genau das hätte sie sich gewünscht.
Kapitel 61
«Mist», sagte Ole Kval, als er und Anton auf den Vorplatz kamen. Ole zeigte auf den Touran, der seinen Saab zugeparkt hatte. «Hab jetzt keinen Nerv, mit ihm zu diskutieren, ob er sein Auto wegfährt.» Er ging auf eins der beiden Garagentore zu.
Auf dem Weg über den mit Salz bestreuten Vorplatz betrachtete Anton den Kartenstapel, den er nach wie vor in der Hand hielt. Ole Kval schob das Garagentor auf. «Du überlebst doch eine kurze Fahrt in einem Franzosen, oder?»
Anton blickte für einen Moment von den Karten auf und erwiderte: «Na klar.» Ein Renault stand rückwärts in der Garage. Anton starrte auf das Logo des französischen Herstellers, das auf dem Kühler angebracht war. Dann auf die Karte, die zuoberst auf seinem Stapel lag. Er hielt den Kopf noch immer gesenkt, doch seine Augen wanderten langsam nach oben. Er musterte das Auto, das Ole Kval gerade aus der Garage holte. Kval ließ das Fenster herunter und bat Anton, das Garagentor zu schließen. Ohne ein Wort zu sagen, kam Anton der Bitte nach. Dann stieg er ein.
Schwungvoll bog Kval auf den Ulstens Vei.
«War richtig schön, dass du heute gekommen bist, Anton, wirklich, das muss ich sagen. War mal was anderes.» Er drehte sich zu Anton um und lächelte.
«Mhm», erwiderte Anton. «Freut mich.» Er blickte wieder auf die Karte, die zuoberst auf dem Stapel gelegen hatte, als Ole das Garagentor geöffnet hatte. Er klemmte sich den Kartenstapel zwischen die Oberschenkel und fischte sein Handy aus der Innentasche des Sakkos. Verschickte eine SMS .
«Ja, vielleicht solltest du dich erkundigen, ob es in Ordnung ist, dass wir vorbeikommen?»
«Nein, das ist nicht nötig», antwortete Anton. «Die war nicht für mein Bruderherz.»
Ole sah ihn an. Lächelte wieder. «Okay, wenn du meinst.»
Sie folgten der Olav Haraldssons Gate
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