Kälteeinbruch (German Edition)
verstanden.»
Kval erklärte ihm, dass der Körper, wenn man ihm keine Kohlenhydrate mehr zuführte, allmählich in eine sogenannte Ketose verfiel, in der er direkt auf seine Fettreserven zugriff, anstatt wie sonst Kohlenhydrate zu verbrennen.
«Ketose?»
Kval machte eine wegwerfende Handbewegung. «Vergiss es. Was hältst du hiervon?» Sein Blick schweifte über den Garten und blieb am Kellereingang hängen.
«Warst du schon drinnen und hast es dir angeschaut?»
Kval schüttelte den Kopf. «Sie haben mir hinterhertelefoniert. Dreimal darfst du raten.»
«Dein freier Tag?»
«Was sonst. Nun, was denkst du?» Kval verschränkte die Arme über dem Bauch.
«Wenn man mal außer Acht lässt, dass ich vermutlich noch weniger weiß als du, würde ich behaupten, dass der Mörder die hier benutzt hat», Anton zeigte auf die Kellertür, «sowohl rein als auch raus.»
Kval nickte zustimmend.
«Keine Einbruchsspuren?»
«Weiß ich noch nicht.»
Anton sah den jungen, uniformierten Polizisten an. «Und Sie könnten jetzt mal machen, was Sie am allerallerbesten können.»
Während er darauf wartete, welche Aufgabe ihm der Kripobeamte zugedacht hatte, fixierte der Uniformierte Anton voller Stolz.
«Was denn?», fragte er neugierig. Sein Rücken war schon von Natur aus kerzengerade, in Erwartung der Order wurde er noch länger.
«Sperren Sie den Bereich dort hinten ab», Anton zeigte auf das Wäldchen, «bis zu dem Feld und dann den Parkplatz neben dem Gebäude dort hinter den Bäumen. Und zwar so fix, wie Sie ein Kondom überziehen.»
Der junge Polizist nickte kurz und entfernte sich im Laufschritt.
Während sie zur Vorderseite des Hauses gingen, erfuhr Anton von Kval, dass die Frau, die den Mord gemeldet hatte, eine Marion Finess, noch nicht vernommen worden sei, und er im Laufe des morgigen Vormittags mit ihr sprechen sollte.
Von außen sah das Haus aus, als sei es irgendwann in den achtziger Jahren erbaut worden, ein Eindruck, den die Einrichtung bestätigte. Der Flur war mit dunkelgrünem Linoleum ausgelegt. Im Wohnzimmer befanden sich ein Zweier- und ein Dreiersofa mit braunem Stoffbezug, die so angeordnet waren, dass man von beiden den alten Fernsehapparat in der Ecke im Blick hatte. Ein dunkelgrauer Teppichboden füllte das ganze Zimmer aus. Auf der Veranda sah Anton zwei Männer, die ihm den Rücken zugewandt hatten. Der eine, vermutlich ein Polizist in Zivil, trug eine schwarze Windjacke. Der andere war uniformiert. Ein Techniker von der Kriminalpolizei pinselte den Türrahmen zur Küche nach Fingerabdrücken ab.
«Brownie», sagte Anton. «Bevor die Spurensicherung nicht durch ist, gibt’s für uns hier nichts zu tun. Ich hab ein Zimmer im Quality reserviert. Fährst du mich hin, damit ich einchecken und meine Tasche loswerden kann?»
«Unter einer Bedingung.» Kval runzelte die Stirn und lächelte gequält.
Anton wusste, was jetzt kam, und sagte: «Alles klar … Nie mehr Brownie.»
«Danke.» Die Lippen entblößten seine Schneidezähne.
Sie gingen zu Kvals Privatauto, einem in die Jahre gekommenen Saab Kombi.
«Du siehst müde aus», sagte Kval und steuerte den Wagen weg vom Tatort in Nygårdshaugen.
«Findest du?» Anton klappte die Sonnenblende herunter und hob die Abdeckung vom Spiegel hoch. Vielleicht hatte Kval recht. Er fand selbst, dass er bleich aussah, und wenn er noch eine weitere Nacht schlecht schlief, würden sich die hellblauen Schatten unter seinen Augen bis morgen in dunkelblaue Tränensäcke verwandeln. «Hab schlecht geschlafen heute Nacht.»
«So? Und warum?»
Anton berichtete. Ließ sich in allen Einzelheiten über Herlov Langgaard aus.
«Das ist nicht schön», sagte Kval verständnisvoll. «Du solltest dich mal wieder ein bisschen umgucken. Es gibt jede Menge toller Singlefrauen in deinem Alter.»
«Nein», sagte Anton. «Dafür hab ich keine Zeit. Und ob ich Lust habe, weiß ich auch nicht. Hab schon eine Ehe gegen die Wand gefahren, wüsste nicht, warum ich was Neues anfangen sollte. Hält ja sowieso nicht.»
Mit einem Nicken in seine Richtung pflichtete Kval ihm bei.
«Bei der Generation vor uns schon», fuhr Anton fort. «Guck dir meine Eltern an. Immer noch verheiratet. Deine sind sicher schon unter der Erde, oder?»
«Feinfühlig wie immer», Kval lächelte schief. «Aber du hast recht, für die gab es nur sie beide. Du willst heute nicht zufällig bei mir zu Abend essen? Unni ist bei einer Freundin. Wir haben uns bestimmt ’ne Menge zu erzählen.»
Antons
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