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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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worum sie sie bat.
    Dann gab es noch ein Hochzeitsbild. Nils hatte es sich bei einer früheren Gelegenheit genauer angesehen und wusste, dass die Frau gut aussah – oder jedenfalls einmal gut ausgesehen
hatte
. Die beiden hatten erst lange, nachdem sie zusammengezogen waren und Kinder bekommen hatten, geheiratet. Sie war etwa zehn Jahre jünger als Skarvik. Nils hatte ihn nie nach seinem Alter gefragt, nahm aber an, dass er Anfang sechzig war. Kurze, graue Haare. Grüne Augen, ein wenig wie seine eigenen, nur nicht so schön. Markante Kiefer. Kräftig, aber nicht dick. Einer von der Sorte Mann, die Arme wie ein Bauarbeiter haben, ohne dafür jemals Gewichte stemmen zu müssen.
    «Gibt es etwas Bestimmtes, was Sie heute beschäftigt? Sie sehen erschöpft aus.»
    Verdammt. Er wollte ja alles erzählen, aber jetzt hatte er das Gefühl, dass Skarvik seine Gedanken lesen konnte. Als wüsste er von der Freude, die er empfand. Und durfte er überhaupt so fühlen? War das erlaubt, oder steckte er tiefer in der Scheiße, als er selbst ahnte?
    Skarviks Blick war bohrend. Nils wich ihm aus. Konzentrierte sich auf andere Dinge. Den Boden, die Fotos auf dem Regal hinter dem Schreibtisch und auf die Kerbe auf dieser Seite der Tischplatte. Die war das letzte Mal noch nicht da gewesen. Vielleicht hatte einer der anderen Patienten einen schlechten Tag gehabt. Egal, wohin er sah, spürte er Skarviks unnachgiebigen Blick auf sich.
    «Unser letztes Gespräch ist Ihnen wohl nicht so gut bekommen?» Skarviks Stimme klang weich.
    «Nein.»
    Die Antwort kam schnell. Ohne dass er nachgedacht hatte. Er holte Luft. Wartete einen Moment auf die Strafpredigt, die nicht kommen würde. Plötzlich musste er schmunzeln. Das Ganze war einfach surreal. Hier saß er, ein erwachsener Mann von 31  Jahren, und fühlte sich wie ein Pennäler, der Rede und Antwort stehen musste.
    Skarvik zog die Mundwinkel leicht nach oben, dann fragte er, was Nils so amüsierte.
    «Die ganze Situation. Ist ein bisschen so, als müsste ich mich rechtfertigen. Sie wissen, dass ich etwas getan habe, was ich nicht hätte tun sollen. Ich bezahle Sie schließlich, damit ich Ihnen solche Sachen erzählen kann. Aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, Sie enttäuscht zu haben.»
    «Das haben Sie aber nicht.» Skarvik legte den Kuli auf den Block. «Haben Sie etwas genommen?»
    Nils grinste. «Merkt man das?»
    Dann sah er beschämt weg.
    «Sie waren schon oft hier, Nils. Und an manchen Tagen machen Sie einen besseren Eindruck als an anderen. Heute sehen Sie aus, als wären Sie lieber zu Hause geblieben.»
    «Haben Sie schon Nachrichten gehört?»
    Karl Skarvik setzte sich anders hin. «Heute Morgen, ja. Wieso?»
    «Wurde der Mord in Sarpsborg nicht erwähnt?»
    «Von einem Mord war nicht die Rede. Wovon sprechen Sie?»
    «Er ist tot.»
    Karl Skarviks buschige Augenbrauen gingen nach oben. Er runzelte die Stirn, sein Mund öffnete sich leicht.
    «Was?»
    Nils antwortete nicht.
    Skarvik beugte sich vor. «Doch nicht etwa Viggo Holm …?»

Kapitel 14
    Der oberste Knopf seiner Daunenjacke war abgerissen. Mit der linken Hand hielt Bernandas Mielkos die Jacke am Kragen zu, um seinen Hals vor dem heftigen Wind zu schützen, der in kräftigen Böen über die Klippe fegte. Er sah hinunter zum Meer. Ein Fischkutter mit drei orange gekleideten Männern an Deck kämpfte sich durch die weiß gekrönten Wellen, die Gischt spritzte zu beiden Seiten hoch. Auch wenn er sich hier draußen in der Eiseskälte womöglich eine Blasenentzündung holte, tröstete sich Bernandas mit dem Gedanken, dass es der Mannschaft an Bord des Kutters entschieden schlechter ging als ihm. Trotzdem, hier und heute wäre er lieber dort unten als hier oben.
    Das Handy hatte noch keine dreimal geklingelt, da hatte Bernandas schon das Haus verlassen und es ans Ohr gedrückt.
    «Wie geht’s jetzt weiter?»
    Doskino sagte etwas, aber der Empfang hier draußen war so schlecht, dass er bestenfalls ein Knistern hörte. Während er ins Handy brüllte, Doskino solle kurz warten, lief er auf die Klippe zu.
    «Jetzt», sagte Bernandas. Nach den paar Metern im Laufschritt durch den tiefen Schnee ging sein Atem schwer. «Was hast du gesagt?»
    «Ich habe mit Arturas gesprochen. Er ist auf dem Weg nach Stockholm und wird dort morgen Abend oder in der Nacht auf Donnerstag losfahren. Er holt euch ab und fährt euch nach Malmö, wo ein neues Auto für dich bereitsteht. Ein schwedisches mit Originalkennzeichen. Verstanden?»
    «Ja,

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