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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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wieder?»
    «In Sarpsborg.»
    «O Gott.» Ihre Schultern sackten nach unten. «Und wie komme ich wieder nach Hause?»
    «Vater Staat spendiert Ihnen ein Taxi.»

Kapitel 30
    Die zwölf Gebäude, aus denen die Universität bestand, bildeten einen großen Komplex. Sie erstreckten sich über ein ganzes Viertel, wie ein Labyrinth. Auf Ivan wirkte es so, als wären die Gebäude in Raten errichtet worden. Als hätten die Bauarbeiten in einer Epoche begonnen und wären in einer anderen abgeschlossen worden. Er verließ die Universiteto gatvė und spazierte durch die Sv. Jono gatvė, die parallel zum Südteil der Universität verlief. Knüllte die Tüte aus der Konditorei zusammen und ließ sie in einen Abfalleimer fallen. Es wimmelte von Studenten. Überall lautes Stimmengewirr. Nur wenige nahmen von ihm Notiz, und diejenigen, die ihn bemerkten, schauten schnell weg und nahmen etwas anderes in Augenschein.
    Ivan schob die Hände tief in die Taschen. Überquerte den Campus, der von schmalen, drei bis vier Stockwerke hohen Backsteingebäuden umgeben war. Er blickte starr geradeaus. Sah nicht neugierig hinter Mädchen her, wie er es normalerweise getan hätte. Das ging jetzt nicht. Er wusste, dass ihn allein schon sein Aussehen von den anderen abhob. Es wäre einfach nur dämlich, wenn er durch sein Glotzen ungewollt Aufmerksamkeit auf sich lenken würde.
    Vor dem Verwaltungsgebäude blieb er stehen. Ivan legte die Hand auf die Türklinke der massiven Holztür, zog sie zu sich heran und ging hinein. Die Tür glitt langsam und lautlos hinter ihm zu. Nicht das geringste Knarren.
    Die Stille lag wie ein Schleier über der Halle. Auch hier drinnen herrschte reges Treiben, aber alle verhielten sich, als könnte irgendetwas in die Brüche gehen, sobald sie laut sprachen. Ein Mann stand am Informationsschalter und telefonierte leise mit dem Handy. Er sah die weißhaarige Frau hinter der Glasscheibe an und sagte etwas, das Ivan nicht verstand. Sie zuckte mit den Achseln und schüttelte langsam den Kopf. Er sagte noch etwas, und dieses Mal konnte Ivan die Antwort der Alten hören: «No.»
    Sture alte Beißzange, dachte Ivan. Sie sah aus, als hätte sie seit Baubeginn dort gesessen. Der Mann mit dem Handy blickte sie verärgert an und ging.
    Während er sich der Beißzange näherte, zog Ivan die Handschuhe aus. Er legte seine gepflegten Hände auf die Theke und versuchte wie jemand auszusehen, der ihren Tag zum Positiven wenden könnte.
    Sie schob das Glas beiseite. Blickte über eine schmale, rahmenlose Brille zu ihm auf. «Guten Tag.»
    «Guten Tag, gute Frau.» Er antwortete ihr in tadellosem Litauisch.
    «Wie kann ich Ihnen helfen?»
    «Viktorija Mielkos, wo finde ich sie?»
    Sie tippte etwas auf ihrer Tastatur. Sah angestrengt auf den Bildschirm. Klickte sich durch ein Dokument, das eine Liste über sämtliche Studenten sein musste.
    «Mielkos, sagten Sie?»
    «Genau.»
    Sie scrollte weiter. Drückte auf eine Taste. In ihren Brillengläsern spiegelte sich ein Foto, das auf dem Bildschirm aufgetaucht war.
    Sie musterte sein Gesicht. Gab sich größte Mühe, nicht das feuerrote Muttermal auf seiner Wange anzustarren, aber obwohl sie stärker schielte als menschenmöglich war, war ihr Glotzen nicht zu entschuldigen.
    «Worum geht es, wenn ich fragen darf?»
    «Also …», begann Ivan. «Es geht um …» Er fasste sich ans Kinn. Massierte es mit Daumen und Zeigefinger. «Also, um ganz ehrlich zu sein, gute Frau, bin ich mir nicht so sicher, ob ich Ihnen erzählen darf, worum es geht. Es geht um ihren Bruder.»
    «Ach ja?» Sie beugte sich näher zur Luke.
    «Mmh», sagte er in einem Ton, der etwas Endgültiges hatte. Er wusste, worauf die Alte aus war. Klatsch und Tratsch. Etwas, worüber sie sich mit den anderen Tippsen das Maul zerreißen konnte. Eine hatte bereits die Ohren gespitzt und tat so, als hörte sie nicht hin.
    Die Alte hatte den Blick noch immer auf ihn geheftet. Wartete auf eine Fortsetzung.
    «Tut mir leid, aber es wäre nicht in Ordnung, wenn ich nicht zuerst die Familie informieren würde.» Er machte ein trauriges Gesicht.
    «Oh …» Sie lehnte sich zurück. Setzte eine ernste Miene auf. «Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Viktorija Mielkos hat im Moment keine Vorlesung, deshalb kann ich Ihnen leider nicht sagen, wo sie sich aufhält.»
    «Was studiert sie?»
    «Jura.»
    «Wo finde ich die Juristen?»
    Sie nahm eine laminierte Karte des gesamten Universitätsgeländes zur Hand. Zeigte ihm den Weg zur

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