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Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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vorbeikämen und eine Runde mit ihm drehten, auch wenn sie keinerlei Interesse an Oldtimern hatten. Erlendur war schnurstracks zu einer Ford-Werkstatt gefahren und hatte das Auto durchchecken lassen. Ihm wurde gesagt, der Wagen sei so gut wie neu, die Sitze seien nur wenig verschlissen, die Armaturen funktionierten alle einwandfrei, und obwohl das Auto lange Zeit gestanden hatte, sei es in gutem Zustand.
    »Was geht ab bei dir?«, fragte Sigurður Óli.
    »Was geht ab?«
    »Was willst du mit diesem Auto?«
    »Damit fahren«, sagte Erlendur und gab Gas.
    »Darfst du das? Ist das nicht eine Art Beweisstück?«
    »Wird sich zeigen.«
    Sie wollten einen weiteren der ehemaligen Leipziger Studenten aufsuchen, Tómas, von dem Hannes ihnen berichtet hatte. Morgens hatte Erlendur Marian Briem besucht. Und Marian hatte sich nach Eva Lind und dem Kleifarvatn-Fall erkundigt.
    »Hast du deine Tochter gefunden?«
    »Nein«, hatte Erlendur gesagt, »ich weiß nichts von ihr.«
    Sigurður Óli erzählte Erlendur, dass er sich interessehalber im Internet über die Wirksamkeit des Staatssicherheitsdienstes in der ehemaligen DDR kundig gemacht hatte. Dort hatten die Machthaber ein praktisch perfektes System der Bürgerüberwachung aufgebaut. Stasizentralen gab es in insgesamt 41 Gebäuden, 1181 weitere Häuser standen für die inoffiziellen Mitarbeiter zur Verfügung, 305 Ferienhäuser, 98 Sporteinrichtungen und 18 000 Wohnungen für Besprechungen mit Informanten. 97 000 Menschen arbeiteten für die Stasi, 2171 waren damit beschäftigt, Briefe zu öffnen, 1486 bauten Telefonabhöranlagen ein, 8426 Menschen hörten Telefone und Rundfunksender ab. Die Stasi hatte über 100 000 offizielle und inoffizielle Mitarbeiter. 1 000 000 Menschen gaben Informationen weiter, und es gab Akten über 6 000 000 Menschen. Und innerhalb des Staatssicherheitsdienstes existierte eine eigene Abteilung zur Überwachung der Stasimitarbeiter.
    Sigurður Óli war genau in dem Augenblick mit der Aufzählung fertig, als sie vor der Tür zu Tómas Haus standen. Es war ein kleines einstöckiges Haus, das unterkellert war. Es wirkte von außen alt und renovierungsbedürftig. Das Wellblechdach war fleckig und an den Rändern über der Dachrinne verrostet. Die Wände hatten Risse, und das Haus war lange nicht gestrichen worden. Der Garten, der es umgab, war völlig vernachlässigt. Das Haus hatte aber eine wunderbare Lage mit Blick aufs Meer, und Erlendur genoss die Aussicht. Sigurður Óli drückte zum dritten Mal auf den Klingelknopf. Niemand schien zu Hause zu sein.
    Erlendur sah ein Schiff am Horizont. Ein Mann und eine Frau gingen rasch auf dem Bürgersteig vor dem Haus vorbei. Der Mann machte größere Schritte als die Frau, die, so gut es ging, mit ihm Schritt zu halten versuchte. Sie redeten miteinander, er über die Schulter, aber sie musste lauter sprechen, damit er sie hören konnte. Keiner von beiden bemerkte die beiden Kriminalbeamten vor dem Haus.
    »Das bedeutet also, dass dieser Emíl in Leipzig und Leopold ein und dieselbe Person gewesen sind«, sagte Sigur- ður Óli und klingelte noch einmal. Erlendur hatte ihm berichtet, was er auf dem Hof der Brüder in Mosfellssveit ausgegraben hatte.
    »Sieht so aus«, sagte Erlendur.
    »Ist er der Mann im Kleifarvatn?«
    »Möglich.«

    Tómas war im Keller, als er die Türklingel hörte. Er wusste, dass es die Polizei sein musste. Aus dem Kellerfenster hatte er gesehen, wie zwei Männer aus einem schwarzen Auto ausstiegen. Es war Zufall, dass sie genau in diesem Augenblick kamen. Er hatte das ganze Frühjahr und den ganzen Sommer über auf sie gewartet, und jetzt war es bereits Herbst. Er hatte gewusst, dass ihm dieser Besuch bevorstand. Er ging davon aus, dass sie, falls sie irgendetwas taugten, am Ende vor seiner Tür stehen und darauf warten würden, dass er öffnete.
    Er wandte seinen Blick vom Kellerfenster ab und dachte an Ilona. Sie hatten einmal vor dem Bach-Monument an der Thomaskirche gestanden. Es war ein schöner Sommertag, und sie umarmten sich. Um sie herum waren Leute unterwegs, Straßenbahnen und Autos, aber trotzdem waren sie ganz allein auf der Welt.
    Er hielt den englischen Revolver in der Hand, der aus dem Zweiten Weltkrieg stammte. Sein Vater hatte ihn besessen und ihn seinem Sohn samt Munition geschenkt. Er hatte die Waffe geölt, geputzt und poliert und vor ein paar Tagen vor den Toren der Stadt im Freizeitpark Heiðmörk ausprobiert. Eine Kugel steckte noch darin. Er hob die Hand und

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