Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
einem Ventilator.
    «Kapitän!» erdröhnte eine Stimme unmittelbar hinter ihm.
    Er schloß die Augen.
    «Ich möchte ein paar Worte mit Ihnen sprechen, Kapitän.»
    Broster hatte es sich in einem Strecksessel bequem gemacht, angetan mit weißen Shorts, einer Segelmütze, seiner Klubkrawatte und einer furchterregenden Sonnenbrille. Neben ihm befanden sich, handlich zurechtgerückt, ein Glas eisgekühlten Biers, einige alte Nummern der Financial Times, eine Zigarrenschachtel, eine Phiole mit Speisesoda, ein Fernrohr zum Inspizieren vorbeifahrender Schiffe, eine Fliegenklappe, ein Stoß Kriminalromane und eine kleine Glocke für den Privatbedarf, um den Decksteward herbeizuschellen.
    «Ich muß auf die Brücke -»
    «Ich bin sofort fertig. Ich habe soeben Commander Barker erklärt, was mit der Kriegsmarine zu geschehen hat.»
    «Ich muß ein paar Briefe schreiben gehen», verkündete Commander Barker, glitt aus seinem Sessel und verschwand auf einer ihm günstig gelegenen Kajütentreppe.
    «Heute morgen», erklärte Brigadier Broster, als fordere er Ebbs zum Zweikampf heraus, «war mein Frühstücksei kalt. Nicht, daß ich mich in der üblichen Art und Weise beschwere - ich gehöre nicht zu diesen Leuten, die ewig Klage führen. Ich bin nur ein gewöhnlicher, seinen Fahrpreis zahlender Passagier. Aber es war auch gestern kalt. Und vorgestern. Und morgen wird es zweifellos ebenso kalt sein.»
    «Ich werde mit dem Zahlmeister darüber sprechen.»
    «Außerdem ist da irgendein höllisches Ding in meiner Kabine, das die ganze Nacht Trommelgeräusche erzeugt. Was es ist, weiß ich nicht, doch sorgen Sie dafür, daß es in Ordnung gebracht wird. Es wird Sie vielleicht interessieren, zu hören, daß ich seit der Abfahrt des Schiffes kaum eine halbe Stunde meine Augen geschlossen habe.»
    «Ich werde sofort den Chief benachrichtigen.»
    «Und dann das Wasser an Bord. Woher haben Sie das Wasser, Kapitän?»
    «Es wurde frisch in Port Said übernommen, Sir.»
    «Cholera, allmächtiger Gott!» rief Broster. «Ich nehme an, Sie ließen es untersuchen?»
    Ebbs fragte sich, ob er jemand den Auftrag erteilt hatte, eine Analyse vorzunehmen.
    «Nun, Sir, Sie können mich schwerlich dafür verantwortlich machen...»
    «Dann ist es Cholera. Ganz ohne Zweifel Cholera. Seit Suez leide ich an Durchfall. Die Krankheit wird wie ein Waldbrand an Bord um sich greifen, und Sie werden verdammt von Glück reden können, sage ich Ihnen, wenn Ihnen mehr als die Hälfte der Passagiere am Leben bleibt, bis wir in Aden eintreffen. Der reinste Massenmord, Kapitän, womöglich! Sie tragen jedenfalls die Verantwortung für Ihre Narrheiten.» Er verschränkte die Arme, als sei er fest entschlossen, aus Trotz auf der Stelle zu sterben. «Außerdem», fügte er noch hinzu, «sind Wiesel an Bord.»
    «Wenn Sie wirklich glauben, daß es Wiesel sind, werde ich für ihre Vertilgung sorgen. Nun muß ich aber wirklich bitten, mich auf die Brücke gehen zu lassen. Ich muß meine Ordern ausgeben. Unter anderen auch die bezüglich Ihrer Kabine und Ihrer Eier.»
    «Also, vergessen Sie nicht, Kapitän», Broster wackelte mahnend mit seinem Zeigefinger, «wenn ich auch ein ganz gewöhnlicher Passagier bin - ich habe der Gesellschaft gegenüber gewisse Pflichten. Ich möchte Ihnen mitteilen, daß ich Sir Angus von Aden aus einen sehr ausführlichen Bericht schreiben werde. Einen wirklich sehr ausführlichen Bericht.»
    «Hoffentlich», sagte Ebbs ernst, «haben Sie dann keinen Anlaß mehr zu klagen.»
    «Wir werden sehen, Kapitän. Wir werden sehen. Ah, Vater Hennessy», rief er, als ein dickes Männchen in Tennishosen sich hinter Ebbs zur Kajütentreppe zu verdrücken suchte. «Auf eine Minute, ja? Ich möchte Ihnen gerne meine Ansichten über die Römisch-Katholische Kirche auseinandersetzen.»
    Ebbs entfloh zum vorderen Teil des Bootsdecks, von einem immer schwärzer werdenden Pessimismus übermannt. Er war mit einem Blütensträußchen höflicher Floskeln ausgezogen, und alle waren sie in seiner Hand verwelkt. Das Gespräch mit Broster hatte ihn verstört, und da er das Bedürfnis hatte, mit seinen Gedanken ins reine zu kommen, tauchte er unter ein Seil, das zeitweise ein kleines Viereck des Decks abschloß, damit man es frisch streichen könne. Da es wegen der Mittagspause der Mannschaft leerstand, suchte er sich sorgsam ein trockenes Stückchen der Reling aus und lehnte sich einsam daran. In Aden würde die Fahrt zur Hälfte vorüber sein. Auf der Haben-Seite war

Weitere Kostenlose Bücher