Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
Küstenpolizei in hastig herbeigeeilte Boote hinabgelassen, und sogleich gab Ebbs telegrafisch dem Maschinenraum den Befehl «Volldampf voraus!» Dann musterte er das Thermometer auf der Brücke und kündigte an:
«Das wird heute ein glühheißer Tag, Mr. Brickwood.»
«Tät mich nicht wundern, Sir.»
«Es ist also die Zeit für das Anlegen der weißen Dienstuniform gekommen. Wollen Sie bitte Mr. Shawe-Wilson meine Grüße bestellen und ihm sagen, er möge dafür Sorge tragen, daß alle Abteilungsleiter vor dem Frühstück diesbezüglich verständigt werden.»
«Ay ay, Sir. »
«Hoffen wir», sagte Ebbs und starrte furchterfüllt über die frisch gescheuerten Passagierdecks nach achtern, «daß uns die freundlichere Sonne auch eine freundlichere Fahrt verheißt.»
Binnen einer Stunde erschienen die Schiffsoffiziere in ihren gestärkten, noch unverschwitzten weißen Uniformen, und die Passagiere begannen nach ihren Sonnenbrillen zu kramen und ihre letzten europäischen Hüllen abzustreifen. Nachdem sich die Charlemagne rasch von ihren Konvoi-Begleitern abgesetzt hatte, stieß sie, die nackten Klippen Afrikas zur Rechten und den dunstumschleierten biblischen Kegel des Berges Sinai zur Linken, ins glühende Rote Meer vor, und da sollten für Ebbs erst recht die Schwierigkeiten beginnen.
13
In einem Schattenfleckchen am hinteren Ende des Bootsdecks saß Annette mit ihrem letzten Bräutigam, einem dürren, kummervollen und bebrillten Jüngling, der an der Universität von Sydney Vorlesungen in Botanik halten sollte. Sie hatten ein Paar heißer Strecksessel für sich beschlagnahmt und nippten an einem John Collins, der durch das schmelzende Eis rapid verwässert wurde. Annette trug einen flotten roten Badeanzug und er nur Khaki-Shorts, die an den Schenkeln emporgerollt waren. Beider Haut war scharlachrot und so zart wie die Schuppen frischgekochten Lachses.
«Diese Hitze!» stöhnte Annette.
«Das berühmte Rote Meer», sagte er.
«Aber ich hab mir nie vorgestellt, daß es derart heiß ist! Wenn nicht bald ein Wind kommt, werd ich verrückt. Total verrückt.»
«Es gibt Leute, die in diesen Breitengraden ziemlich oft verrückt werden», sagte er ihr nachdenklich. «Das ist bekannt.»
Auf dem darunterliegenden Deck plätscherten ein Dutzend Pärchen beengt im Wasserquadrat des Schwimmbassins. Und jenseits davon verschäumte das Kielwasser im leeren blauen Meer, das in einen ungetrübten Himmel überging; beide hielten das Schiff in einem dampfenden Umschlag fest umschlossen.
«Wie lang ist's noch bis zum Lunch?» grollte Annette.
Auf die Uhr zu schauen kam der Anstrengung gleich, ein riesiges Klavier zu heben. «Noch eine halbe Stunde.»
«Ich hätte nie gedacht, daß Mahlzeiten so bestialisch wichtig werden können. Wie wenn man krank im Bett läge.»
Da er darauf nichts zu sagen wußte, gähnte sie. «Gott, ist mir fad! Können wir nicht noch einen Drink haben?»
Er lüftete kurz seine Sonnenbrille. «Kann den Decksteward nirgends erblicken.»
Von der Hitze hypnotisiert, verfielen beide wieder in Schweigen.
«Erzähl mir was», forderte sie.
Seufzend blickte er sich nach einem Gesprächsstoff um und klaubte einen der Pole-Star-Prospekte auf, die reichlich über das ganze Schiff verstreut lagen.
«», las er vor. « Er ließ den Wisch aufs Deck fallen und stöhnte.
«Ich wünschte, ich hätte ein Flugzeug genommen», sagte sie.
«Ich auch.»
«Wie lang ist's jetzt noch bis zum Lunch?»
«Fünfundzwanzig Minuten.»
Sie ließ die letzten Eisstückchen in ihrem Glas klirrend herumwirbeln. «Einfach bestialisch!»
«Blick ja nicht auf», drang er plötzlich in sie. «Der Kapitän nähert sich uns! »
«Oh, hol ihn der Teufel! Wenn er jetzt Konversation zu machen beginnt, werd ich verrückt.»
«Tun wir so, als ob wir schliefen.»
«Schau dir seine Knie an», flüsterte sie. «Männern wie ihm sollte man verbieten, Shorts zu tragen.»
Ebbs' gesellige halbe Stunde war gekommen. Als das Schiff Suez hinter sich gelassen hatte, wurde er sich
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