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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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schmieren.»
    «Und was ist mit Ihnen, Chief? Wie kommen Sie mit den Passagieren zurecht?»
    «Oh, ich laß die Dinge an mich herantreten.» Earnshawe ergriff einen Bleistift, der auf dem Tisch lag, und begann damit in seinen Zähnen herumzustochern. «Ich bin ein guter Ingenieur - das weiß ich. Kann's auch ruhig sagen. Meine, daß ich's schon verdien, ein gutes Schiff unter mir zu haben. Na, und so spiel ich halt den Umgänglichen. Hab keine andre Wahl - will ich mir nicht auf einem drittklassigen Frachter meine Innereien herausschwitzen, so muß ich mir wohl ab und zu 'ne steife Hemdbrust vorbinden und mich wie so ein verdammter Gigolo benehmen. Das gehört zu meinem Job dazu. Möcht überhaupt keine Passagiere mitführen, gradeheraus gesagt. Möcht auch kein Vieh mitführen, und die haben noch um ein Gutteil dreckigere Gewohnheiten als das Vieh.»
    «Bei mir ist's anders», sagte Ebbs, von Mitleid mit sich selbst ergriffen. «Ich wollt immer schon einen Passagierdampfer kommandieren. Immer schon - seit ich ein kleinwinziger Kadett war. War der einzige Ehrgeiz meines Lebens.»
    «Mein Ehrgeiz ist's», sagte Earnshawe, «einen Bauernhof zu führen.»
    «Einen Bauernhof?»
    «Ja, gewiß. Mitten drin im tiefsten Land. Wo man nicht einmal bei starkem Wind die See riechen kann und wo die einzigen Matrosen, die man sich anschaun muß, die auf den Zigarettenpackungen sind. Ich möcht meinen eigenen Besitz abgehn, ein Gewehr unterm Arm und einen Hund auf den Fersen. » Er legte den Bleistift nieder und begann, mit seinem leeren Glas nachdenklich Kreise auf der Tischplatte zu ziehen. «Das ist alles, was ich mir vom Leben wünsch. Sonst nichts. Hab auch schon was ins Auge gefaßt.» Er starrte eine Zeitlang durch das Bullauge auf die dunstigen Klippen Adens. «Grade in der richtigen Größe. Gutes Stück Boden. Am Rand des Wolds, fünf Meilen von Market Weighton, gegen York zu. Kenn den Burschen, der es bewirtschaftet. Kann's mehr oder weniger jederzeit haben, wann ich will.»
    «Wann werden Sie's kaufen?»
    «Och - irgendwann einmal. Wann meine Alte ihren Spargroschen abheben kann.»
    Sie saßen eine Weile in bekümmertem Schweigen da. Ebbs schenkte nach.
    «Sind Sie verheiratet, Käpt'n?»
    «Nein. Ja», sagte Ebbs. Er griff nach Burtweeds Foto am Pfeifenständer. «Meine Frau und die Kleinen», erläuterte er.
    Earnshawe betrachtete eine volle Minute das Bild. «Sie schaun Ihnen ähnlich», entschied er schließlich.
    Ebbs nickte und stellte das Foto wieder an seinen Platz.
    «Die Familie ist schon eine großartige Sache», sagte Earnshawe. «Eine großartige Sache. Man kommt nicht von ihr los - nichts kommt einem Heim gleich, solang es einem selber gehört.»
    «Gewiß», sagte Ebbs.
    «Unsre Weiber sollen leben! » Earnshawe erhob sein Glas.
    «Auf unsre Weiber!»
    «Trinken Sie aus, Käpt'n», sagte Earnshawe, sich die Lippen schleckend. «Geben Sie uns noch eins! »
    Nach einiger Zeit wurde Ebbs etwas fröhlicher.
    «Wär's nicht ein Heidenspaß, Chief», meinte er kichernd, «jetzt abzudampfen und die verdammten Passagiere an der Küste zurückzulassen?»
    Der Chief erwog diesen Vorschlag geraume Zeit und rieb sich kräftig sein Gesicht mit der Handfläche. «Nein», sagte er dann, den Kopf schüttelnd, «das wär nicht recht. Das wär nicht recht.»
    «Vielleicht nicht. Aber eine Idee wär's schon. » Ebbs schob die Hand durch sein Hemd und kratzte sich auf der Brust. «Dieser Ausschlag würde einen Heiligen zum Fluchen bringen», knurrte er. Mit einem-mal kam ihm etwas anderes in den Sinn; er schlüpfte unterm Tisch aus seinen Schuhen. «Und diese verdammten Wildledernen setzen meinen Füßen bei dieser Hitze scheußlich zu. Ich kann sie nicht leiden, aber ich muß sie tragen. Und warum? Weil ich der verdammte Kapitän bin, darum. Auf der Luther hab ich irgendwelche alten Treter angehabt. Auf der Luther könnt ich anziehn, was ich wollte. Auch gar nichts, wenn's mir eingefallen wär. War gar kein so schlechtes Schiff, wenn man's genau nimmt», überlegte er, als riefe er sich eine unerfreuliche Kindheit ins Gedächtnis zurück.
    «Sie werden sich diesen Kübel nie mehr von innen besehn.»
    «Das weiß ich nicht so sicher, Chief, das weiß ich nicht so sicher», sagte er vag. Er blickte durch die offene Kabinentür auf das breite, saubere, leere, sonnendurchtränkte Deck und flüsterte nach einer Pause: «Schön ruhig ist's da, was, Chief?»
    Nach einer halben Stunde hob Earnshawe die Whiskyflasche vom Boden

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