Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
davon hören», sagte sie mit Bestimmtheit und lächelte ihn abermals an. «Ich habe Ihnen nur ein bißchen geholfen. So, wie - nun, wie Ihre Gattin Ihnen geholfen hätte.»
«Meine Gattin? Ja, richtig.» Ebbs ließ sich mit einemmal in seinen Sessel fallen.
«Wollen Sie damit sagen», fuhr er ängstlich fort, während ihm ein schwacher Hoffnungsschimmer aufzudämmern begann, «daß Sie nicht die Absicht haben, sich über mein Benehmen zu beschweren? Ich muß Ihnen, wenn ich gerecht sein will, zugestehen, Madam, daß Sie allen Grund dazu hätten. Ich habe keineswegs den Wunsch, durch Hintertüren der gerechten -»
«Es ist Ihnen vollständig verziehen», sagte sie endgültig. «Wollen wir doch das Ganze vergessen.»
«Mrs. Judd», Ebbs schneuzte sich, «Sie sind sehr, sehr gütig.»
«Aber durchaus nicht! Ich bin dessen sicher, daß Sie Ihre kleine Vergnügung mehr als verdient haben. Können Sie mir bitte Feuer geben? »
«Ja, ja, natürlich...»
«Danke, Kapitän. Und machen Sie sich keine Sorgen - ich sage niemandem ein Wort davon.»
«Sie sind wirklich der Gipfel der Anständigkeit», sagte Ebbs aus einem Gefühl tiefster Erleichterung heraus. Er fragte sich einen Augenblick lang, welche Wirkung wohl die von den beiden Frauen ausgestreuten Gerüchte an Bord auslösen würden: daß er einerseits ein impotenter Tugendbold, anderseits ein betrunkener Wüstling sei. «Obwohl ich kaum annehmen kann, daß ich Ihre Güte verdiene. Sehen Sie, mit dem Kommando dieses Schiffes sind gewisse Umstände verknüpft», brüllte er, «die meine Stellung einigermaßen schwierig gestalten. Eine Beschwerde welcher Art immer würde äußerst peinliche Folgen haben. Ich versuche ja wirklich, mein Bestes zu tun -»
«Das tun Sie sicherlich, Kapitän! Die Art, wie Sie mit diesen schrecklichen Leuten an Ihrem Tisch umgehen, ist geradezu bewundernswert.»
«Meinen Sie das im Ernst?» fragte er eifrig.
«Ist das nicht eine scheußliche Bande?»
«Nun, Madam, ich in meiner Stellung kann mir kaum...»
«Dieser Kerl von einem Broster! Ist er nicht der ödeste und widerlichste Mensch auf Gottes Erde? Ach, wie gern hätte ich ihm schon oft den Essig- und Ölständer an den Kopf geworfen!»
Ebbs nickte, ihr aus tiefstem Herzen zustimmend.
«Wie Sie meine eigenen Gefühle wiedergeben, liebste gnädige Frau!»
«Und ist diese kleine Annette nicht zum Rasendwerden? Wenn sie nur noch zwei weitere Worte dazulernen wollte, könnte ihre Konversation fast erträglich werden. Und was diesen Mr. Dancer betrifft -»
«Ein sehr femininer Typ, nicht wahr?»
«Und wie! Und diese Mrs. Porteous -»
«Ach, Mrs. Porteous!»
«Boast ist bloß degoutant -»
«Gewiß. Und die Cokes -»
«Ich wollte, die höben sich ihre Streitereien fürs Schlafzimmer auf. Und dann diese Mrs. Lomax -»
«Das ist doch eine harmlose alte Dame?»
«Die und harmlos? Du lieber Himmel! Die ist die reinste Giftspritze!»
«Nein, wirklich? Ein tadelnswertes Laster. Vor allem auf Schiffen.»
«Das kann man wohl sagen.»
Ebbs schneuzte sich abermals. Dasselbe unglaubliche Glücksgefühl überwältigte ihn wie in McWhirreys Büro.
«Ja, wie sehen denn Ihre Hände aus?» rief Mrs. Judd. «Sie Armer - Sie sind ja über und über mit Nesselausschlag besät! »
«Das kommt vom Fisch», murmelte Ebbs, als bäte er sie um Entschuldigung.
«Aber da müssen Sie doch Schreckliches durchmachen! Kein Wunder, wenn Sie da zu trinken begannen! »
«Die Hautreizung ist gewiß eine zusätzliche Schicksalsprüfung.»
«Ich hab in meiner Kabine ein Mittel, das das Ganze im Handumdrehn beseitigen wird. Ich werde es Ihnen durch meinen Steward heraufbringen lassen. Und Ihre Manschette, Kapitän!» Sie brach in Lachen aus, als sie auf dem Ärmel von Ebbs' weißem Rock einen Riß erblickte, den er mit Hilfe der Drahtheftmaschine ausgebessert hatte.
«So soll ein Schiffskapitän sicherlich nicht herumlaufen. Wenn Sie mir den Rock heute abend zukommen lassen, will ich ihn Ihnen stopfen. Nun», sagte sie und erhob sich, «ich nehme mit Gewißheit an, daß Sie eine Menge wichtiger Dinge zu tun haben, Kapitän. Und ich muß meine Partie Deck-Tennis spielen. Mit Brigadier Broster, der sich immer schrecklich erbost, wenn jemand zu spät kommt. Wir sehen einander also beim Lunch.»
«Ja, natürlich.» Ebbs blickte sie voll Bewunderung an. «Wollten Sie mir vielleicht die Ehre erweisen, heute nach dem Dinner ein Gläschen Likör mit mir zu trinken?»
«Mit dem allergrößten Vergnügen. Im
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