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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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nach Takamatsu. Das ist doch sonderbar, wenn man darüber nachdenkt.«
    »Wie die Handlung einer griechischen Tragödie«, sagt Oshima.
    »Und ich liebe sie«, sage ich.
    »Saeki-san?«
    »Ja. Vielleicht.«
    »Vielleicht?« Oshima runzelt die Stirn. »Du liebst sie vielleicht? «
    Ich werde rot. »Ich kann es nicht richtig erklären«, sage ich. »Es ist sehr kompliziert. Vieles verstehe ich einfach noch nicht.«
    »Aber du glaubst, du bist vielleicht in sie verliebt?«
    »Ja«, sage ich. »Sehr.«
    » Vielleicht, aber sehr?«
    Ich nicke.
    »Zugleich besteht die Möglichkeit, dass sie deine Mutter ist.«
    Abermals nicke ich.
    »Für einen Fünfzehnjährigen, dem noch nicht mal ein Bart wächst, mutest du dir eine ganze Menge zu.« Bedächtig nimmt Oshima einen Schluck von seinem Kaffee und stellt die Tasse zurück auf die Untertasse. »Das muss ja nicht unbedingt falsch sein. Doch die meisten Ereignisse erreichen einmal einen kritischen Punkt.«
    Ich schweige.
    Oshima legt einen Finger an die Schläfe und denkt nach. Dann faltet er die schlanken Hände vor der Brust.
    »Ich besorge dir die Noten zu ›Kafka am Strand‹ möglichst rasch. Du kannst ruhig auf dein Zimmer gehen; was noch zu tun ist, übernehme ich.«
     
    Um die Mittagszeit vertrete ich Oshima an der Theke. Da es ziemlich stark regnet, sind weniger Besucher in der Bibliothek als sonst. Als Oshima von seiner Mittagspause zurückkommt, übergibt er mir einen großen Umschlag mit einem Computerausdruck der Noten von »Kafka am Strand«.
    »Es geht doch praktisch zu auf der Welt«, sagt Oshima.
    »Danke.«
    »Könntest du eine Tasse Kaffee in den ersten Stock bringen? Du kochst ziemlich guten Kaffee.«
    Ich mache frischen Kaffee, stelle ihn auf ein Tablett und bringe ihn in Frau Saekis Büro im ersten Stock. Ohne Milch und Zucker. Wie immer steht die Tür offen. Sie schreibt gerade etwas. Als ich den Kaffee abstelle, hebt sie den Kopf und lächelt. Sie schraubt ihren Füller zu und legt ihn auf das Papier.
    »Na, hast du dich ein bisschen eingelebt?«
    »Ja, allmählich.«
    »Hast du einen Moment Zeit?«
    »Ja, natürlich«, sage ich.
    »Dann setz dich mal dahin.« Frau Saeki deutet auf einen Holzstuhl neben dem Schreibtisch. »Ich möchte kurz mit dir reden.«
    Es fängt wieder an zu donnern. Das Grollen kommt noch aus weiter Ferne, scheint sich aber zu nähern. Folgsam setze ich mich auf den Stuhl.
    »Wie alt bist du eigentlich? Sechzehn?«
    »Fünfzehn. Gerade geworden«, antworte ich.
    »Und du bist von zu Hause fortgelaufen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Gab es einen bestimmten Grund, weswegen du fortlaufen musstest?«
    Ich schüttele den Kopf. Was soll ich darauf antworten?
    Frau Saeki nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse, während sie auf meine Antwort wartet.
    »Ich hatte das Gefühl, dass ich zu Hause irreparablen Schaden erleiden würde«, sage ich.
    » Schaden erleiden? « Frau Saeki nimmt mich ins Visier.
    »Ja«, sage ich.
    Sie macht eine Pause. »Dass ein Junge in deinem Alter einen Begriff wie Schaden erleiden gebraucht, finde ich sonderbar. Das interessiert mich, wenn ich so sagen darf … Was meinst du konkret mit Schaden erleiden? «
    Ich suche nach Worten und halte Ausschau nach Krähe, aber er ist nirgendwo zu entdecken. Also suche ich selbst, und das dauert, aber Frau Saeki wartet geduldig ab. Ein Blitz zuckt, und bald darauf grollt ferner Donner.
    »Etwas zu werden, das ich nicht sein will.«
    Frau Saeki sieht mich aufmerksam an. »Aber früher oder später erleidet jeder Schaden, und das geht nicht ohne Veränderungen ab.«
    »Auch wenn man Schaden erleidet, braucht man einen Ort, an den man zurückkehren kann.«
    »Einen Ort, an den man zurückkehren kann?«
    »Einen Ort, an den es sich lohnt zurückzukehren.«
    Frau Saeki starrt mich direkt an.
    Ich erröte, nehme aber all meinen Mut zusammen und schaue sie an. Sie trägt ein marineblaues Kleid mit kurzen Ärmeln. Offenbar besitzt sie mehrere Kleider in verschiedenen Blautönen. Außer einer schmalen Silberkette und einer kleinen Uhr mit einem schwarzen Lederband trägt sie keine Accessoires. Ich suche die Gestalt des fünfzehnjährigen Mädchens in ihr, und sogleich entdecke ich sie, die tief in den Wäldern ihres Herzens verborgen schlummert. Wie bei einem Trompe d’œil wird sie sichtbar, wenn man genau hinschaut. Wieder beginnt mein Herz heftig zu klopfen. Jemand nimmt einen Hammer und treibt einen langen Nagel hinein.
    »Für einen Jungen, der gerade erst fünfzehn geworden ist,

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