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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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fünfzehn zu sein.«
    »Nakata kennt diesen Sohn nicht. Wie gesagt, Nakata kennt nur Johnnie Walker und den Hund.«
    »Hm«, machte Hoshino. »Anscheinend sucht die Polizei außer nach dir noch nach diesem Sohn. Er hat keine Geschwister. Eine Mutter gibt es wohl auch nicht. Der Junge ist vor dem Mord von zu Hause abgehauen. Wo er sich aufhält, ist unklar.«
    »Wirklich?«
    »Ein rätselhafter Fall«, sagte der junge Mann. »Bestimmt wissen die Bullen mehr und rücken nur nicht damit raus. Colonel Sanders sagt, die wissen, dass du in Takamatsu bist. Außerdem hätten sie rausgekriegt, dass du in Begleitung eines sehr gut aussehenden jungen Mannes unterwegs bist, der große Ähnlichkeit mit mir hat. Aber das haben sie bisher nicht in den Medien veröffentlicht. Sie haben Schiss, dass wir uns aus dem Staub machen, wenn sie überall rumposaunen, dass sie uns in Takamatsu suchen. Also wissen sie offiziell nicht, wo wir sind. Charakterlose Bande!«
    Gegen halb neun stiegen die beiden in den Familia, der vor dem Haus geparkt war. Nakata hatte die Thermoskanne mit heißem Tee gefüllt. Er trug seine übliche zerknautschte Baumwollmütze, hatte Schirm und Stoffbeutel dabei und lehnte sich entspannt auf dem Beifahrersitz zurück. Auch Hoshino hatte seine gewohnte Chunichi-Dragons-Kappe aufsetzen wollen, aber als er im Flur in den Spiegel sah, fiel ihm ein, dass der Polizei bestimmt bekannt war, dass der besagte »junge Mann« in Dragons-Kappe, grüner Ray-Ban-Sonnenbrille und Hawaiihemd auftrat. In der Präfektur Kagawa trug vermutlich kaum jemand eine Chunichi-Dragons-Kappe. Vorausschauend hatte Colonel Sanders darum auch statt eines Hawaiihemds dieses unauffällige dunkelblaue Polohemd bereitgelegt. Der Typ machte wirklich keine Fehler. Hoshino beschloss, Sonnenbrille und Baseballkappe zu Hause zu lassen.
    »Also, wohin soll ich fahren?«, fragte er.
    »Ist egal. Fahren Sie bitte in der Stadt herum.«
    »Egal wo?«
    »Jawohl. Wohin Sie möchten, Herr Hoshino. Nakata guckt nur aus dem Fenster.«
    »Umph«, machte Hoshino. »Fahren kann ich, bei den Streitkräften und bei der Spedition habe ich nichts anderes gemacht. Aber weißt du, wenn ich mich ans Steuer gesetzt habe, gab es immer ein bestimmtes Ziel. Daran bin gewöhnt. Bis jetzt hat noch keiner zu mir gesagt, ›egal, fahr, wohin’s dir passt‹. Da bin ich irgendwie ziemlich aufgeschmissen.«
    »Entschuldigen Sie bitte.«
    »Da gibt’s nichts zu entschuldigen. Dann werde ich eben mal mein Bestes tun«, sagte Hoshino. Er legte das Erzherzog-Trio in den CD-Spieler. »Ich fahre jetzt einfach in der Stadt rum, und du guckst aus dem Fenster. In Ordnung?«
    »Jawohl.«
    »Und wenn du gefunden hast, was du suchst, halte ich an, und die Geschichte nimmt ganz von allein eine neue Wendung. Stimmt’s?«
    »Jawohl. Vielleicht«, sagte Nakata.
    »Hoffentlich«, sagte Hoshino und breitete auf seinen Knien den Stadtplan aus.
     
    Also kurvten die beiden durch Takamatsu. Hoshino hakte die Straßen mit einem Marker auf dem Stadtplan ab. Wenn sie einen Block vollständig abgefahren hatten, ging er, nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass sie alle Straßen abgedeckt hatten, zum nächsten Block über. Ab und zu machte er Halt, trank von Nakatas Tee und rauchte eine Marlboro. Ein ums andere Mal hörten sie das »Erzherzog-Trio«. Um die Mittagszeit gingen sie in ein Restaurant und aßen Curryreis.
    »Aber Nakata, was suchst du denn nun eigentlich?«, fragte Hoshino nach dem Essen.
    »Das weiß Nakata nicht. Es –«
    »Ja, ja, du weißt es, wenn du’s siehst, und wenn du es nicht siehst, weißt du’s nicht.«
    »Jawohl.«
    Ermattet schüttelte Hoshino den Kopf. »Die Antwort war mir von Anfang an klar. Ich wollt’s nur irgendwie bestätigt kriegen.«
    »Herr Hoshino?«
    »Was denn?«
    »Es kann etwas dauern, bis wir es finden.«
    »In Ordnung. Wir machen’s eben, so gut wir können. Der Dampfer ist sowieso abgefahren.«
    »Fahren wir jetzt mit dem Schiff?«, fragte Nakata.
    »Nein, wir fahren jetzt nicht mit dem Schiff!«, erwiderte Hoshino.
    Gegen drei Uhr gingen die beiden in ein Café, und Hoshino trank Kaffee. Nakata entschied sich nach langem Hin und Her für ein Glas eisgekühlte Milch. Mittlerweile war der junge Mann ziemlich erledigt und hatte keine Lust mehr zu reden. Auch das »Erzherzog-Trio« hatte er allmählich satt. Ewig durch den gleichen Ort zu kurven entsprach nicht seinem Temperament. Es war langweilig, und ihm fehlte die Geschwindigkeit. Nur noch mit

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