Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
gezogener Pistole. Jetzt war ihm klar, wie sie sie gefunden hatten.
    »Hinten raus«, rief er und schubste Goose, der mit einer von Clydes Pistolen angelaufen kam, in Richtung Karen, die bereits ganz hinten im Zelt stand. Er holte sein Klappmesser heraus, ließ es aufspringen, schnitt die hintere Zeltwand auf, und kurz bevor Two die vordere Zeltklappe aufriss, schlüpften sie alle hinaus und rannten in den Wald. Um sie herum explodierten die Heuschrecken. Hinter sich konnten sie jemanden laufen hören, und als Clyde sich umdrehte, sah er den großen Farbigen mit der Melone rasch herankommen. Für einen so großen Mann lief er sehr schnell und noch dazu so mühelos, als wäre er Teil der Nacht.
    »Nach links«, rief Clyde, der wusste, dass dort ein Pfad einbog. »Nach links.«
    Karen gehorchte. Der schmale Pfad führte in den Wald, wo das Licht des Monds nur wenig durchdrang. Karen trug ein Kleid, und die Brombeerranken zerrten daran. Clyde hörte, wie es riss, und hörte Karen stöhnen, als sich ihr die Dornen ins Fleisch bohrten.
    Goose lief hinter Clyde, und Clyde drehte sich nach ihm um.
    Goose war nicht mehr da.
     
    Goose dachte: Sunset hat mir gesagt, ich soll aufpassen, und ich hab’s versemmelt. Ich hab mich einfach umgedreht und bin abgehauen. Wir alle sind einfach nur abgehauen.
    Mit der schweren Pistole in der Hand machte Goose kehrt, rannte zurück und dachte: Den werd ich überrumpeln. Dem schieß ich den Arsch weg, bevor er überhaupt merkt, dass ich da bin.
    Als Goose wieder am Anfang des Pfads war und die Pistole hob, bereit, den großen Farbigen zu überraschen, überraschte Two ihn, indem er plötzlich aus dem Nichts auftauchte, als wäre eine riesige Heuschrecke vom Boden hochgesprungen. Goose blieb stehen, zielte, die Waffe mit beiden Händen fest gepackt, drückte ab und dachte: Wie könnte ich ihn verfehlen? Auf die kurze Entfernung. Aber er verfehlte ihn trotzdem.
    Two dagegen verfehlte ihn nicht. Der Schuss riss Goose von den Füßen, schleuderte ihn nach hinten und ließ ihn auf den Boden krachen. Goose versuchte, die Pistole zu heben, musste aber feststellen, dass er sie nicht mehr in der Hand hielt. Er hielt gar nichts mehr. Die Schrotkugeln hatten seinen rechten Daumen und einige seiner Finger abgetrennt und waren dann in seinen Bauch eingedrungen. Schmerzen hatte er nicht. Ihm war nur heiß, und er fühlte sich gelähmt und atemlos.
    Jetzt stand der große Mann mit der Melone über ihm. Er ließ sich neben Goose auf die Knie fallen, nahm die Melone ab und legte sie auf den Boden. »Du bist richtig frisch, mein Sohn«, sagte er. »Richtig frisch.«
    »So mögen wir sie am liebsten«, fügte der andere Two hinzu.
    Goose versuchte, das mit den beiden Stimmen und nur einem Mann zu verstehen, aber es gelang ihm nicht. Er konnte bloß denken, was für ein Idiot er doch gewesen war, einfach so zurückzulaufen, und dass er jetzt starb und das auch wusste, und dass er noch nie eine Muschi gehabt und immer nur hart gearbeitet hatte, und jetzt war alles vorbei. Dann legte der Mann seinen Mund auf Goose’ Mund und saugte daran, und Goose versuchte, ihn abzuwehren, aber er bekam die Hände nicht hoch. Er versuchte, ihn zu beißen, aber er hätte nicht mal Schnee kauen können, so schwach war er, und jetzt war ihm auch nicht mehr heiß, sondern kalt, und jetzt kam auch der Schmerz, aber der hielt nicht an, denn schon einen Moment später spürte Goose gar nichts mehr.
     
    Clyde wollte zurückgehen, hatte sich schon umgedreht, aber er musste Karen beschützen, und Goose war vielleicht auf einen anderen Pfad eingebogen, obwohl Clyde, der den Wald sehr gut kannte, sich an keinen anderen Weg erinnern konnte. Er beschloss, weiter hinter Karen herzulaufen.
    Der Pfad endete am Ufer des Flusses. Das Ufer war hier sehr hoch und mit Bäumen bewachsen, deren Wurzeln zum Wasser herabhingen. Clyde packte Karen am Arm und sagte: »Ich lass dich runter.«
    Sie nahm seine Hand, und er beugte sich vornüber, hob sie hoch, als wäre sie eine Puppe und ließ sie über den Rand hinab. »Halt dich an dem Ast da fest«, sagte er. »Und dann schwing dich nach unten. Dort ist eine Höhle.«
    Da war eine ausgewaschene Stelle unter den Wurzeln, die man von oben nicht sehen konnte. Die Höhle war ziemlich groß, und nachdem Clyde Karen hinuntergelassen hatte, griff sie nach einer der Wurzeln, ließ seine Hand los und schwang sich außer Sichtweite. Clyde dachte: Hoffentlich sind da drin keine Mokassinschlangen.
    Sobald sie

Weitere Kostenlose Bücher