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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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als die meisten Häuser in der Gegend. Die Teerpappe auf dem Dach war sorgfältig festgenagelt, und keins der Fenster war mit Karton abgedichtet.
    Zendos Frau, eine große, kaffeefarbene Schwarze in einem hellen Sackkleid, war draußen im Garten. Ein Kleinkind klammerte sich an ihr Bein. In der einen Hand hielt sie eine Schüssel mit geschältem Mais, den sie mit der anderen den Hühnern hinstreute, die wie die Diener einer Königin um sie herum scharrten.
    Als Sunset auf die Frau zuging, kam sie an einem kleinen Schwein vorbei, das sich grunzend in einer feuchten Kuhle wälzte und ihr den Kopf zudrehte, als erwarte es irgendeine Bestätigung von ihr. Nicht weit davon entfernt lag mitten in einem Beet mit verdorrten Blumen ein Hund, der nicht sehr lebendig wirkte, aber ein paar Mal mit dem Schwanz auf den Boden klopfte, als Sunset vorbeiging.
    »Nicht gerade ein Wachhund«, sagte Sunset zu Zendos Frau.
    »Nein, das ist er nicht. Wir hatten mal ein Schwein, das hat Leute gebissen. Aber das ist gerade in unserem Kochtopf gelandet. Kann ich was für Sie tun?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Wieso tragen Sie die Polizeimarke? Sind Sie so was wie ein Farmüberwacher?«
    »Ich bin der Constable.«
    »Naa, das sind Sie nicht.«
    »Doch.«
    »Wirklich? Sie sind der Constable? Wie kommt das denn? Ich dachte, Mr. Pete ist der Constable.«
    »Nein. Den habe ich erschossen.«
    »Ist ja witzig. Sie haben ihn erschossen und seine Marke genommen. Sie sind wirklich witzig, Miss.«
    »Nun ja. Ich bin wirklich der Constable. Und ich habe ihn wirklich erschossen. Und er ist auch wirklich tot. Und nochmals: Ich bin wirklich der Constable.«
    »Oh. Ich wollte Sie nicht beleidigen.«
    »Ich würde gern mit Ihrem Mann reden. Wissen Sie, wo ich ihn finde?«
    »Er hat doch nix angestellt, oder?«
    »Nein, hat er nicht.«
    Widerstrebend teilte ihr Zendos Frau mit, dass er noch auf dem Feld war. Auf dem Rückweg zum Pick-up kam Sunset wieder an dem Schwein und an dem Hund vorbei, aber diesmal nahmen beide keine Notiz von ihr.
    Sie fuhren zu der Stelle, die ihnen die Frau genannt hatte, stiegen aus dem Wagen und gingen auf den Baum zu, unter dem Zendo gerade saß und aß. Nicht weit entfernt standen zwei schlanke, verschwitzte Maultiere, die noch das Pfluggeschirr trugen, allerdings ohne Pflug. Der Pflug lehnte gegen den Baum, unter dem Zendo saß. Den Maultieren waren die Füße zusammengebunden, und sie fraßen Korn aus zwei flachen Schüsseln.
    Das Feld, auf dem Zendo Unkraut untergepflügt hatte, war schwarz wie die Nacht, die einzelnen Reihen so gerade wie mit dem Lineal gezogen. Auf dem dunklen Boden wuchsen alle möglichen Gemüsesorten, und der hoch aufgeschossene Mais leuchtete grün. Tomatenpflanzen rankten sich um Holzpfähle, und die Tomaten hingen von ihnen herab wie kleine Abendsonnen.
     
    Zendo biss gerade in ein Brötchen, als er eine rothaarige Frau, einen Teenager und zwei Männer auf sich zukommen sah. Die Frau sah ziemlich mitgenommen aus, und sein erster Gedanke war, ob er sich nicht besser verdrücken sollte, falls sie vorhatten, ihm irgendwas in die Schuhe zu schieben. Dann bemerkte er die Polizeimarke an ihrem Hemd. Er überlegte, was das zu bedeuten hatte, fand aber keine Erklärung.
    Inzwischen standen sie auch schon unter der Eiche und sahen auf ihn hinunter. Er legte das Brötchen in seinen Essenskorb und erhob sich. Einen weiten Weg musste er dabei nicht zurücklegen. Zendo hatte einen großen Kopf, breite Schultern und einen kurzen Körper. Wenn er auf einem Shetland-Pony saß, hätte man dem Tier die Beine bis zu den Knien abschneiden und es in einen Graben stellen müssen, damit Zendo mit den Füßen bis auf den Boden gekommen wäre.
    »Hallo«, sagte er. »Heißer Tag heut.« Dann ließ er den Kopf sinken und scharrte unruhig mit den Füßen. »Wie geht’s Ihnen? Heut ist sicher einer von Gottes guten Tagen, finden Sie nicht auch? Auch wenn’s heiß ist.«
    »Ich bin’s«, sagte Clyde. »Die ›Ich-bin-ein-dummer-Nigger‹-Nummer kannst du dir sparen.«
    »Sie sind’s, Mr. Clyde? Sie hab ich ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehn. Wir sollten mal wieder fischen gehn.«
    »Gern«, entgegnete Clyde, und er und Zendo schüttelten sich die Hände. Hillbilly zögerte kurz, gab Zendo dann aber auch die Hand. Zendo machte keine Anstalten, auch Sunset und Karen mit Handschlag zu begrüßen.
    »Sieht nach einer guten Ernte aus, Zendo«, sagte Clyde.
    »Auwaldland«, entgegnete Zendo. »Und ich behandle es gut. Manchmal

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