Kahlschlag (German Edition)
man es gefunden hatte. Der letzte Teil seines Berichts lautete:
Habe mit Zendo über den toten Säugling geredet. Kenne Zendo schon eine Zeit lang. Kein schlechter Nigger. Glaube nicht, dass er jemanden umgebracht hat. Vermutlich hat irgendein Niggermädel ein Kind zur Welt gebracht, das es nicht hätte bekommen sollen. Das Kind ist gestorben, oder das Mädel hat es umgebracht und dann auf Zendos Feld begraben, weil der Boden dort sehr locker ist.
Ob der Säugling schwarz oder weiß war, lässt sich nicht sagen, weil er völlig verwest ist und sich die Ameisen darüber hergemacht haben. Ich nehme an, Zendo hat ihn nur gefunden und hatte sonst nichts damit zu tun. Er ist ein recht anständiger Nigger, und ich habe ihn noch nie beim Stehlen oder anderen Missetaten erwischt. Er arbeitet sogar hart. Vermutlich hat er das Gefäß nur versteckt, um keinen Ärger zu bekommen. Da zu vermuten ist, dass es sich um einen Niggersäugling handelt, habe ich ihn auf dem Farbigen-Friedhof beisetzen lassen.
Mehr stand da nicht. Fall erledigt. Das Datum reichte nur wenige Wochen zurück. Wer das Gefäß im Wald gefunden hatte, wurde nicht erwähnt. Sunset fand, das sei schlechte Ermittlungsarbeit. So ein Detail war sicher nicht ganz unwichtig. Außerdem fragte sie sich, wie Pete auf so etwas stoßen und es ihr gegenüber nicht erwähnen konnte. Andererseits hatte er nur selten über Dinge gesprochen, außer dass sie für ihn kochen und sich für ihn ausziehen sollte. Die restliche Zeit verrichtete er entweder seine Arbeit als Constable oder machte mit anderen Frauen rum, vor allem mit dieser billigen Schlampe Jimmie Jo French.
Sie blätterte noch ein paar der anderen Mordfälle durch, bis sie schließlich müde wurde. Sie legte die Akten weg, löschte die Lampe und legte sich schlafen.
Am nächsten Morgen saß Sunset mit Clyde und Hillbilly am Tisch und hielt ihre erste Besprechung ab. Clyde hatte Hillbilly bei sich übernachten lassen und ihn im Wagen mitgenommen. Sunset stellte fest, dass Hillbilly sauber und rasiert aussah, die Haare frisch gekämmt und voller Pomade. Obwohl er eine Kappe aufgehabt hatte, war immer noch jedes Haar an seinem Platz. Clyde dagegen sah aus, als hätte er sich aus dem Bett gewälzt, seine Hose angezogen und das Hemd von jemand anderem. Es war ihm ungefähr eine Nummer zu klein, und einer der unteren Knöpfe stand offen. Seine Hose hatte Hochwasser und endete fünf Zentimeter oberhalb von Socken und Schuhen. Er trug noch immer seinen Hut, unter dem die Haare wie Wildschweinborsten hervorstanden. Und er benötigte dringend eine Rasur.
»Haben Sie den großen schwarzweißen Hund da draußen gesehen?«, fragte Clyde.
»Ja, letzte Nacht«, entgegnete Sunset.
»Der hat den Burtons gehört. Der alte Burton ist weggezogen, weil er sich ne neue Arbeit suchen wollte. Für die Sägemühle ist er inzwischen zu alt. Er hat Verwandte oben in Oklahoma und meinte, da gäb’s Arbeit. Den Hund hat er zurückgelassen. Ich glaub, er heißt Ben. Was soll man dazu sagen? Zieht weg und lässt einfach den Hund zurück. Als ob das dem Hund nichts ausmachen würde.«
»Ist doch nur ein Hund«, sagte Hillbilly.
»Ja, aber Hunde haben auch Gefühle.«
Darüber stritten sich Clyde und Hillbilly eine Zeit lang. Schließlich sagte Sunset: »Wisst ihr was? Die Arbeit ist längst nicht so aufregend, wie ich gedacht hatte.«
»Das ist doch prima«, entgegnete Hillbilly. »Genau so mag ich’s. Ich krieg fürs Rumsitzen das gleiche Geld wie für’s Nicht-Rumsitzen. Mir ist’s gerade mal recht, wenn nichts Aufregendes passiert.«
»Ich beschwere mich ja gar nicht. Ich bin nur überrascht. Pete war dauernd wegen irgendwas unterwegs. Oder hat sich um irgendwen gekümmert. Wenn ich jetzt so daran zurückdenke, vor allem Letzteres.«
»Jimmie Jo French«, sagte Clyde. Dann stieg ihm die Röte ins Gesicht. »Verdammt. Ich bin echt ein Depp.«
»Ist schon in Ordnung«, entgegnete Sunset. »Es ist ja schließlich die Wahrheit. Ich weiß es, und alle anderen wissen es auch.«
»Früher hab ich nicht so viel geredet.«
»Stimmt. Das war sogar so etwas wie dein Markenzeichen.«
»Bei sich zu Hause hat er gerade mal zwei Worte von sich gegeben«, warf Hillbilly ein.
»Ich hab dir gesagt, wo die Seife und der ganze Kram ist.«
»Na gut. Vier Worte. Ich musste mich draußen an der Wasserpumpe waschen und mich dabei gegen wütende Hennen verteidigen.«
»Die kennen dich nur noch nicht.«
»Wenn wir jetzt nur über
Weitere Kostenlose Bücher