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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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habe ich mir bringen lassen. Als Trophäe.«
    »Na also«, erwiderte sie gereizt. »Wozu also noch das Getue um den Mann?«
    »Dass dieser eine Mann in der Hölle schmort, wird uns leider nichts nützen.« Bedauernd zuckte er mit den Brauen. »Der König schickt uns im Handumdrehen neue Handlanger.«
    »Ach was. Dieser Kerl hat sich hier herumgetrieben, weil Cyprian es wollte.« Sie spuckte den Namen aus. Cyprian. Es war der Name, den sie auf der Welt am meisten hasste. »Der König ist noch immer in Wales und hat genug damit zu tun, dort seine Herrschaft zu sichern. Der hat für uns nicht mehr Zeit als sein Vater.«
    »Aber er ist ein anderer König als sein Vater, perlenäugige Taube. Er erlässt eine Flut von Gesetzen, damit wir die Kandare spüren, die uns lenkt. Seinem vergötterten Söhnchen, Alphonso, diesem Apfel, der viel zu nah am Stamm fiel, will er einen perfekt zugerittenen Gaul hinterlassen.«
    »Findest du nicht, dass du den Teufel an die Wand malst?«
    »Ich wünschte, das täte ich.« Adam seufzte. »Aber leider malt sich dieser Teufel selbst. Erinnere dich nur: Jahrzehntelang waren wir das Gespött Europas, weil wir den Juden erlaubt haben, uns das Silber von den Münzen zu feilen, bis sie nichts mehr wert waren. Und was tut Edward? Die Juden hängt er mitsamt ihren Feilen an die höchsten Galgen, und sein Münzgeld lässt er brandneu prägen, schmückt es mit seinem sichelscharfen Konterfei. Das ist es, was er mit diesem Land vorhat: Er will etwas Neues daraus prägen und ihm den Stempel aufsetzen, so blank und scharf, dass die Welt den Atem anhält. Das England Edwards. Darin ist kein Platz für uns. Weder für skrupellose Pluralisten wie mich noch für betörende Amazonen wie dich, weil wir dem König beide zu viel Macht besitzen.«
    »Oder er meint, selbst zu wenig zu haben. Du bist ein Pluralist, ein Dieb und ein Mörder, aber trotz allem bleibst du ein Kleriker, und das entzieht dich der weltlichen Gerichtsbarkeit. Da mag der König in seinem Tower toben, wie er will.«
    »Man könnte mich meines Standes berauben«, entgegnete Adam leiser als gewöhnlich, und Isabel spürte, wie er schauderte. Einen Kleriker seines Standes zu berauben bedeutete Demütigung ohnegleichen. Dem Delinquenten wurde das priesterliche Gewand vom Leib gerissen, das Haar um die Tonsur bis aufs Blut geschoren und die Haut, die bei der Salbung das Heilige Öl benetzt hatte, von jedem einzelnen Finger geschabt. Ein Mann mit Überzeugung mochte das aushalten, ein Opportunist wie Adam, der die Weichheit von Seide um seine Schultern liebte, besaß nicht die Größe dazu.
    Isabel sprang auf und durchquerte den kleinen Raum mit ein paar Schritten. Seit sie ihr Zimmer mit dem Fenster auf den Nordhang nicht mehr nutzen mochte, verbrachte sie ihre Abende zumeist hier. Auf einer Bank vor dem Kamin lagen Ziegel, die dort gewärmt wurden, damit sie nachher, unter Decken, ein kühles Bett behaglich machten. Sie ergriff den obersten und schleuderte ihn ins lodernde Feuer. »Für deine Dreistigkeit hasst dich ganz England«, sagte sie. »Aber weißt du was? Wann immer es darauf ankommt, bist du nicht dreist. Du bist feige, Adam.«
    »Oho.« Er verzog den Mund und hielt sich die Wange, als habe sie ihn geohrfeigt. »Einem schlechten Menschen seine schlechten Eigenschaften vorzuhalten macht keinen besseren aus ihm, meine Schönste.«
    »Aus dir macht nichts einen besseren. Ich frage dich, warum du die Mönche von Quarr bis aufs Blut reizt, indem du ihre Siegel zerschneidest, aber den Schwanz einkneifst, sobald du nur Cyprians Duft wahrnimmst.«
    »Ich spreche vom König. Nicht von Cyprian.«
    »Wovon du schwafelst, ist ohne Belang.« Isabel betrachtete ihre Hand, deren Linien vor ihren Augen verschwammen. Sie sprachen immer von Cyprian. Sogar dann, wenn sie seinen Namen auf Monate totschwiegen.
    »Besten Dank. Deine Schmeicheleien sind erbaulich wie Honigwein.«
    Isabel ging vor dem Kamin in die Knie und sah zu, wie das Feuer Inseln um den Ziegel bildete. »Wenn du gehen willst, werde ich nicht betteln, dass du bleibst. Ich wüsste nur gern, was dich so sicher macht, dass meine Tür dir noch offensteht, wenn du wiederkommst.«
    Mit Schwung setzte er sich auf. Sein Blick suchte ihren, doch sie blieb abgewandt und betrachtete ihn nur aus dem Augenwinkel. Seine Schönheit hatte noch immer etwas Dämonisches, als trinke er wahrhaftig das Blut von Jünglingen. »Ich armer Tor nahm wohl an, du liebtest mich«, sagte er.
    »Lass die Faxen, Adam.

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