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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Du und ich sind einander nützlich, und vermutlich haben wir noch immer eine Art von Vergnügen aneinander, doch mit Liebe hat das nichts zu tun. Die, die ich liebte, sind tot. Was ich an Liebe übrig hatte, ist mit ihnen gestorben.«
    »Isabel.« Er stand auf, trat hinter sie und nahm ihr Haar in die Hände. Manchmal wickelte er es sich bei der Liebe um den Leib. »Wenn ich dir sagen würde, sie wären nicht tot, zumindest nicht alle – würde das etwas an der Art ändern, in der du unser Leben betrachtest?«
    Unwirsch befreite sie ihr Haar und erhob sich. »Du wirst alt, mein Lieber. Rührseligkeit steht dir schlecht, und die Toten bleiben tot. Ich bin müde, ich gehe zu Bett. Wenn du morgen aufbrichst, will ich nicht, dass du heute Nacht bei mir liegst.«
    »Beim Teufel, Liebste, musst du so stur sein? Der König erlässt unentwegt Statuten und setzt noch mehr Beamte ein, um jedes Geschäft zu prüfen, das ihm nicht geheuer ist. Mein Name steht ganz oben auf seiner Liste, ob nun Cyprian oder Gottvater persönlich ihn dorthin gesetzt hat. Wenn ich mich nicht als Rattenfutter in einem stinkenden Verlies wiederfinden will, mache ich mich besser für ein paar Monate dünn. Aber heißt das, dass ich mich nicht nach Isabel de Fortibus sehne? Heißt das, dass mich das Heimweh nach Carisbrooke nicht um den Schlaf bringt oder gar dass ich nicht wiederkomme? Wie kannst du schönes Dummköpfchen das glauben? Wenn die Maßliebchen blühen und der Bärenklau sprießt, könnte ich es nicht ertragen, anderswo zu sein als hier bei dir.«
    Sein Gesäusel mochte sie manchmal amüsieren, heute war es ihr zuwider. »Und wenn sie dich fangen und noch einmal für dein Leben ein Pfand fordern? Wen setzt du dann ein? Mich?«
    »Isabel!«
    Er griff nach ihr, doch sie schüttelte den Kopf. »Tu, was du nicht lassen kannst, Adam.«
    In seinen Augen blitzte so etwas wie Furcht. »Du weißt, du kannst auf mich zählen.«
    »Auf dich zählen?« Sie lachte. »Das habe ich einmal getan, und du kennst die Verheerung, die daraus geworden ist. Nur eines, Adam: Zähle du besser auch nicht dein Leben lang auf mich.«

7
    D
u kannst jetzt gehen«, sagte Cyprian und zog der Metze die Decke weg, unter die sie hatte kriechen wollen. »Auf dem Gang steht mein Kastellan. Von dem bekommst du deinen Lohn.«
    »Ach, Mylord.« Das Mädchen kicherte und schmiegte sich an ihn. An ihm war alles prall, als sei es aus Würsten zusammengesetzt. »Ihr werdet mich doch jetzt nicht fortschicken, wo ich noch tausend Freuden weiß, die ich Euch bereiten kann.«
    »Bist du nicht bei Verstand?« Er versetzte ihr einen Tritt. »Du sollst gehen, sage ich.«
    Die Metze, die jetzt wohl begriff, dass es ihm ernst war, kreischte auf: »Aber draußen schneit es doch, Mylord! Ich habe ja auf die Nacht gerechnet und nicht einmal festes Schuhwerk bei mir.«
    Den Fuß, den sie ihm entgegenstreckte, packte er und bohrte seinen Daumennagel in die Sohle, bis sie quiekte. »Auf der Hornhaut kannst du barfuß in die Hölle traben.« Abrupt ließ er den Fuß los. Bei seinem Jähzorn musste er vorsichtig sein: Einmal hatte ein solches Weibsbild ihn so sehr gereizt, dass er es um ein Haar erschlagen hätte.
    »Aber Mylord, Ihr habt doch gesagt, ich gefalle Euch!« Ihr liefen Tränen über die Wangen. »Ihr findet mich hübsch, habt Ihr gesagt, Ihr liebt mich …«
    »Halt dein Maul!« Mit dem Handrücken schlug er ihr auf den Mund, obwohl er sie am liebsten nie mehr berührt hätte. Er holte sich gern Mädchen ins Bett, die meilenweit unter ihm standen und nicht einmal durch besondere Reize glänzten. Frauen seines eigenen Standes, die sich betrugen, als wären sie Männern gleichgestellt, waren ihm verhasst. Deshalb ließ er seinen Kastellan im Dorf Ausschau nach mittellosen Metzen halten. Cyprian verschaffte sich an ihnen Befriedigung; hinterher aber mussten sie ohne Aufhebens verschwinden, denn er ertrug weder ihren Anblick noch ihre Stimmen und am wenigsten ihren Geruch.
    Das Mädchen sprang aus dem Bett und wickelte sich hastig in seine schäbigen Kleider. Es warf einen letzten Blick voll schwülstiger Sehnsucht auf den Baldachin des Bettes, der für alles stand, was es sich erhofft hatte: Wärme, Behaglichkeit, Schutz. Ein paar Tage Erholung vom gnadenlosen Leben auf der Straße.
    Ihr Seufzer befeuerte Cyprians Zorn. Was dachte diese Metze sich? Dass sie die Einzige war, die Not kannte, die sich vor Maden wimmelndes Hirsemehl in den Mund gestopft hatte, weil der Magen vor Hunger

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