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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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dem Akzent des Nordens, der in Magdalenes Ohren vertraut klang.
    Magdalene wies in Richtung des Klosters. »Ich gehöre zu Quarr«, antwortete sie stolz. »Meine Freunde warten auf mich.«
    »Zu Quarr?«, rief ein anderer, der fleckige Haut hatte und ein grau und rot meliertes Schnauzbärtchen trug. »Wenn neuerdings niedliche Vögelchen zu Zisterzienserklöstern gehören, dann nehme auch ich die Tonsur!«
    Magdalene wollte bereits anheben, die Umstände zu erklären, da kam ihr ihr Versprechen in den Sinn. Sie hatte gelobt, ihre Familie zu schützen, und etwas an diesen Männern ließ ihren Magen noch immer warnend grollen. »Ich habe Arbeit bei den Brüdern«, erwiderte sie und wies auf die Tiere. »Mit den Schweinen.«
    »Verstehe. Und wo lebst du? In Smallbrook?«
    Magdalene nickte und schlug den Blick zu Boden, damit niemand ihr die Lüge ansah. Smallbrook war das Dorf, in das Timothys Mitbrüder gingen, um Vögel in Käfigen zu verkaufen.
    »Ein schlaues Mädchen wie du hält ja sicherlich Augen und Ohren offen, was?«
    »Ich bin ein dummes Mädchen«, sagte Magdalene. »Aber mit offenen Augen passt’s sich leichter auf Schweine auf.«
    Der mit dem Schnauzbärtchen lachte. »Für ein dummes Mädchen hast du ein gewitztes Mundwerk. Sag, ist es nicht lästig, Tag für Tag von Smallbrook bis hierher zu laufen und dann im Finstern zurück? Wäre es nicht einfacher, wenn du hier deine Hütte hättest und mit zwei Schritten bei deinen Schweinen wärst?«
    Magdalene fühlte sich auf einmal wie ein Igel, auf dessen Rücken sich sämtliche Stacheln aufstellten. »Bei den weißen Mönchen geht es streng zu«, beschied sie den Ritter schroff. »Da haben keine Frauen ihre Hütten.«
    »Tatsächlich nicht? Aber eine Frau wohnt doch hier, wie mir jeder ringsum erzählt.«
    Magdalene hielt die Luft an. Also hatte ihr Gefühl sie nicht getrogen! Auf die Amsel hatten sie es abgesehen, und sie wollten sie selbst für ihre üblen Zwecke aushorchen. Aber sie hatten ihre Rechnung mit der Falschen gemacht! »Hier erzählt jeder vieles«, antwortete sie. »Ich an Eurer Stelle würde auf solches Gerede nichts geben. Ja, es kommen Frauen her, um mit der Arbeit zu helfen, und zuweilen geben uns die Laien aus Barmherzigkeit ein Bett, wenn es spät wird. Mit dem Klosterleben haben wir jedoch nichts zu schaffen und wissen nichts davon.«
    »Aber voneinander werdet ihr doch etwas wissen. Kennt ihr denn ein Mädchen, das Jungenkleider und kurzes Haar wie Vogelfedern trägt?«
    »Natürlich kenne ich das.« Magdalene verschränkte die Arme vor der Brust. »Das bin ich.« Mit einem einfältigen Lächeln kraulte sie einer der Sauen die Borsten im Nacken.
    »Lass die ziehen.« Sein Kumpan stieß den Schnauzbärtigen mit der Gerte in die Seite. »Die hat nicht mehr Verstand als ihre Sauen.«
    »Nur eine Frage noch!«, rief der Bärtige schnell. »Das Kloster bietet doch Reisenden Unterschlupf. Ist dir da während der letzten Wochen ein Ritter aufgefallen, der um Quartier gebeten hat? Ein junger Ritter mit hellem Haar, wie er Mädchen wie dir gefällt.«
    »Mir gefällt kein Ritter«, versetzte Magdalene, derweil ihr Herz ihr bis zum Hals pochte. »Was denkt Ihr von mir? Dass ich mich beleidigen lasse, nur weil ich die Tochter von Knechten bin?«
    »Ach komm, jetzt zier dich nicht! Ich habe ja nur sagen wollen, dass es ein ansehnlicher Kerl war, der bei deinen Mönchen Unterschlupf gesucht hat.«
    »Es sind nicht meine Mönche, und bei ihnen hat keiner Unterschlupf gesucht!«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte der Bärtige tückisch. »Ich denke, du hast mit dem Leben im Kloster nichts zu schaffen.«
    Magdalene hätte sich am liebsten geohrfeigt. Sie hatte gesprochen, ohne nachzudenken, und damit ihren Herrn in Gefahr gebracht. »Es ist keine Zeit zum Reisen«, murmelte sie. »Zu spät im Jahr. Bald kommt Schnee.«
    »Eben deshalb könnte doch ein Reisender Quartier gesucht haben. Ein Ritter des Königs zum Beispiel, der auf dem Weg nach London aufgehalten wurde.«
    »Wie soll hier jemand aufgehalten werden?«, fragte Magdalene. »Auf einer Insel kommt ja keiner einfach so vorbei. Außerdem gibt es hier keine Ritter des Königs, weil die Herrin der Insel dem König nicht untersteht.« Sie war stolz darauf, so viel verstanden zu haben, wenn ihr auch die verworrenen Verhältnisse zwischen dem König, der Gräfin Isabel und den Rittern noch immer ein Buch mit sieben Siegeln waren. Herr Matthew beispielsweise war einem Baron untergeben und tat

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