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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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gehabt, die mich wissen ließen, dass es der Kleinen wohlerging!«, empörte sich der andere. »Ich habe dir Briefe geschrieben und versprochen, dass ich sie hole. Was sonst, wenn nicht sie, soll mich auf der Welt noch scheren?«
    »Geld, Adam«, erwiderte Randulph böse. »Geld und du selbst.«
    »Ich selbst?« Adam spuckte verächtlich auf den Boden. »Was ist denn ein Mann selbst, von dem nichts übrig bleibt? Hast du’s hinter deinen Austernschalen nicht vernommen? Unser heißgeliebter König, der noch immer die Waliser das Fürchten lehrt, hat soeben die Geburt eines weiteren Sohnes feiern dürfen. Als sei er mit Alphonso, diesem Apfel, der viel zu nah am Stamm fiel, nicht reich genug beschenkt, hat er nun an jeder Hand einen Sohn. Und was habe ich?«
    »Bei allen Heiligen, Adam – du bist ein Mann Gottes! Du versündigst dich.«
    »Glaubst du im Ernst, dass Gott mich noch schreckt? Was soll das Getue? Kleriker haben Bastarde, seit der werte Herr Jesus dem armen Petrus die erste Kirche auf die Schultern lud, und wer das Gegenteil behauptet, lügt nicht nur dreist, sondern auch schlecht.«
    »Ich habe keinen«, erwiderte Randulph rau.
    Adam schenkte ihm einen langen Blick, der zu Randulphs Überraschung frei von Hohn war. »Das tut mir leid«, sagte er, und einen Atemzug lang war dieser Ausbund an Schlechtigkeit Randulph näher als irgendein Mensch. Dann räusperte Adam sich. »Hör zu, ich weiß, du musst zur Vesper und du willst mich loswerden. Ich frage dich daher noch einmal …«
    »Spar mir deine Fragen!«, fiel Randulph ihm ins Wort. »Du weißt, wo die Amsel ist, und deine Hoffnung auf eine andere Antwort ist vergebens. Ich habe sie an einen sicheren Ort geschickt, da sie hier, wie dir bekannt ist, nicht bleiben konnte. Ja, in der Tat, du hast in etlichen Briefen versprochen, du würdest für ihren Verbleib sorgen, aber du hast für gar nichts gesorgt. Jetzt habe eben ich es getan.«
    In dem Laut, den Adam ausstieß, mochte Zorn schwingen, aber Randulph hörte vor allem Schmerz. Der gefürchtete, hinterhältige Gegner hatte einen Schlag einstecken müssen, mit dem er nicht gerechnet hatte. »Wohin?«, rief er, und es klang wie ein Heulen. »Wohin hast du das arme kleine Mädchen geschickt?«
    »Nimm dich zusammen. Das arme kleine Mädchen ist eine voll erblühte Frau und muss für das Leben versorgt werden.«
    »Ich habe dir vom ersten Tag an gesagt, wenn alles geregelt ist, komme ich und führe sie an den Platz, der ihr gebührt.«
    »Ja, das hast du gesagt. Aber du hast es nicht getan, und außerdem hast du nicht sie gesagt, sondern er. «
    Adam senkte den Kopf. Dieser zweite Hieb traf ihn unterhalb des Gürtels, und ein wenig schämte sich Randulph, weil er ihn geführt hatte. Aber sich vorzustellen, dass dieser Mann litt, war nahezu unmöglich, und selbst wenn – war er nicht sogar um das Leid zu beneiden, weil er wegen etwas litt, das er zumindest einmal besessen hatte?
    »Du musst sie zurückholen«, murmelte Adam mit belegter Stimme. »Auch dir muss schließlich daran liegen, dass sie auf der Insel bleibt – wo doch keiner außer ihr mehr übrig ist.«
    »Da irrst du«, widersprach Randulph. »Du spielst auf weltliche Belange an, aber ich bin hier, um diesen zu entgehen. Wie du selbst vorhin festgestellt hast, gleicht ein Kloster einer Austernschale: Vor dem Weltengetriebe sind wir darin geschützt.«
    »Und warum durfte dann ein hilfloses Mädchen, das Schutz gebraucht hätte, nicht in der Schale bleiben? Sind die lachhaften Gottesanbeter, die du um dich geschart hast, so toll vor Geilheit, dass du ihrer nicht Herr wirst? Oder bist du’s etwa selbst, Randulph? Noch immer geil auf Kalbfleisch wie damals bei der kleinen Margaret? Sprengt dir der Schwanz, den du dir zwischen die Beine geklemmt hast, die Kutte, wenn dir ein halbes Kind vor die Nase gerät?«
    Randulph schlug zu. Hätte er einen Gegenstand zur Hand gehabt, hätte er nicht gezögert, ihn zu benutzen. So aber nahm er die Faust, denn mit einer Ohrfeige hatte er sich nie begnügt. Das Geräusch, mit dem Knochen auf Knochen prallte, hallte in seinen Ohren nach. Es war ein allzu vertrautes Geräusch, und er hatte sich jahrelang gewünscht, die Austernschale werde fest genug halten, damit er es nie wieder hören musste.
    Adam schlug die Hände vors Gesicht und taumelte zurück.
    »Du solltest jetzt gehen«, sagte Randulph.
    Der andere spuckte aus und richtete sich auf. »Ich hole sie mir zurück, darauf kannst du Gift nehmen. Ob du

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