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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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mir sagst, wohin du sie verschleppt hast, oder nicht!«
    »Aus deiner Nase läuft Blut«, sagte Randulph, dem gelinde übel wurde. Ein anderes Gesicht schob sich vor das von Adam de Stratton. Schwarze Augen voll Unglauben, eine gebrochene Nase, aus der Blut lief. Er zwang sich in die Gegenwart zurück. Allem Anschein nach war Adams Nase nicht gebrochen. »Ich habe die Amsel nicht verschleppt, sondern dafür gesorgt, dass sie an einen Ort gelangt, an dem sie in Sicherheit leben kann. Wenn ich noch Zweifel hatte, dann hast du selbst sie beseitigt. Du schneidest Siegel von Urkunden – gewiss nicht nur bei uns, sondern ebenso bei den Gütern des Königs. Warum tust du das, wo du genau weißt, dass du damit deine Gegner reizt und schlafende Hunde weckst? Weil du es nicht lassen kannst?«
    »Ich bin Isabels Verwalter.« Adam spielte den Arglosen. »Es ist meine Aufgabe, für ihre Einkünfte zu sorgen, oder nicht?«
    »Umso mehr, wenn du damit Cyprian aus der Deckung lockst.«
    »Ja, vielleicht ist das so.« Adam lehnte sich an die tropfende Mauer und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. »Unter die Rechnung, die ich mit Cyprian offen habe, lässt sich nun einmal kein Strich ziehen. Von dir hätte ich am ehesten erwartet, dass du das verstehst.«
    »Dich zu verstehen ist nicht meine Aufgabe. Ich habe lediglich verhindert, dass die Amsel zwischen eure Fronten gerät. Sie geht nach Fountains Abbey; sie wird einen Platz in einem Frauenkloster erhalten und endlich Frieden finden. Du solltest es ihr gönnen, Adam. Es ist nicht die schlechteste Wahl.« Zu seiner Verwunderung bemerkte Randulph, dass seine Worte aufrichtig gesprochen waren. Er hatte das Leben in Quarr nicht freiwillig gewählt, sondern auf sich genommen, um für Schuld zu sühnen, und der Verzicht auf sein Leben hätte ihn beinahe umgebracht. Dennoch wünschte er es der Amsel, ohne sich selbst zu betrügen. Es war beileibe nicht die schlechteste Wahl. »Was du dir zurechtmachst, ist ohnehin nicht durchsetzbar«, wandte er sich wieder an Adam. »Und was du mit Cyprian treibst, ist eure Sache, aber die Amsel soll nicht als Bäuerin auf eurem Schachbrett geopfert werden.«
    Adam schien von Randulphs Rede nur ein Wort gehört zu haben. »Foun… Fountains Abbey?«, stammelte er außer sich. »In Yorkshire? Willst du mir erzählen, du treibst sie ohne Schutz diesen endlosen Weg hinauf und geradewegs in Cyprians offenen Rachen?«
    »Noch weiß ja Cyprian hoffentlich nicht einmal, dass sie lebt«, erwiderte Randulph. »Und damit er es nie herausfindet, verschwindet sie hinter einer Austernschale.«
    »Aber Cyprian war doch schon hier!«, rief Adam. »Ich meine, er hat seine Leute geschickt …«
    »Weil du ihn gereizt hast. Eben das meine ich, Adam. Wenn es dir ernst ist mit deiner Sorge um das Mädchen, wenn dir ein einziges Mal in deinem Leben etwas ernst ist, dann lass Amicia ziehen, und lenke niemandes Blick auf sie.«
    »Ich kann doch nicht erlauben, dass du sie in einem Kloster begräbst!«
    »Wenn es dir um sie geht, nicht um dich, dann kannst du das.«
    »Zur Hölle, Randulph!« Adam packte ihn und rüttelte ihn an den Schultern. »Du kannst doch nicht alles in den Wind schreiben, nur um mir eins auszuwischen! Wenn du wegen des albernen Siegels verärgert bist, dann lasse ich euch morgen die paar Schillinge senden. Seit wann bist du kleinlich? Es war eine Spielerei, nichts weiter. Ist damit alles ausgelöscht, was wir gemeinsam haben?«
    Randulph hätte sich gern befreit, aber er stand stockstill, weil er fürchtete, Adam sonst noch einmal zu schlagen. »Was haben wir denn gemeinsam?«, fragte er. »Hass auf denselben Mann? Ich bin Zisterzienser, Adam, mir ist Hass verboten.« Ich bin hergekommen, weil ich lernen wollte, jenen Mann nicht zu hassen, fügte er in Gedanken hinzu.
    »Wie oft willst du mir noch deine Frömmelei vorhalten?« Adam stieß Randulph zurück an die Wand. »Ich habe einmal geglaubt, du hättest Blut in den Adern und uns verbände viel mehr als Hass. Liebe, Randulph. Wenn nicht zu Menschen, dann wenigstens zu diesem herrlichen Flecken Erde, der uns zwei Getriebene wie Strandgut aufgenommen hat. Willst du, dass der König die Insel packt und zerquetscht, und das alles aus Wut auf mich?«
    »Ich muss zur Vesper«, sagte Randulph gepresst und zog sich die Kutte zurecht.
    »Sag mir noch eines«, bat Adam. »Du hast sie nicht ohne Schutz ziehen lassen, nicht wahr? So herzlos kannst du nicht sein. Immerhin weißt du, dass Cyprians Leute hier

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