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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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von Wundern; für ihn barg jedes Rätsel eine Lösung, folgte alles Sinn und Zweck. Gottes Wort schenkte er seit jeher kein Gehör, jetzt allerdings...
    Er schritt zu dem Panoramafenster, sah auf die Dachterrasse und in den Regen hinaus, der beharrlich fiel, und weiter zu dem flachen Grün, das die Stadt umgab. Er starrte hinaus – und erwog immer wieder die Möglichkeit eines Irrtums oder Täuschungsmanövers.
    Und rekapitulierte erneut: Der Hauptcomputer der Marsstation hatte ihnen Jonas Moravskys Bilder vor dreieinhalb Stunden übermittelt, ferner Berichte der Missionsleitung und beteiligten Crewmitglieder. Die Codeschemata stimmten, ebenso die Missionssignatur. Ein Dutzendmal hatte man das Signal zu
Pioneer Sky
, zu Expeditionsleiter Hans-Christian Belmuths Privatterminal zurückverfolgt; eine Fälschung hätte sie nicht zum Mars, sondern zu irgendeinem Hackerzirkel im Ameisenhügel einer Großstadt geführt.
    Cromer wandte sich vom Fenster ab. Nein, kein Fake. Alles korrekt. Dies war kein großangelegter Specialeffects-Schwindel, sondern echt. Beängstigend echt.
    Leo Cromer wartete weiter nervös auf Alain de Saux und Lori Johnette, arrivierten Mitarbeitern, die er jetzt unbedingt hier haben wollte. Mißlich, daß sie ausgerechnet jetzt zu Feldversuchen in Finse, Norwegen, weilten. Cromer hatte sie sofort zurückbeordert, als er erfahren hatte, was passiert war, und ihnen versucht zu erklären, wie sehr die Welt sich verändert hatte. Beide warensprach-, fassungslos gewesen – verständlich, wie Cromer fand; ihm selbst ging es genauso.
    Die Welt
war
voller Mysterien, erfüllt vom Neuen, Unentdeckten. Aber Wunder?
    Fangt mit Informationen an, hieß es immer. Besorgt euch akkurate Daten. Identifizieren, klassifizieren, verifizieren.
    Er bemühte diese Faustregel. Aber es nützte nichts. Alte Regeln galten nicht mehr. Plötzlich war alles anders.
    Vierzig Minuten später schlitterten Alain de Saux und Lori Johnette über den Linoleumboden des Zentralkorridors der Chefetage. Cromer stand am Snackautomaten. Als er sie sah, zeigte er ein knappes Begrüßungslächeln und kam im Eilschritt auf sie zu.
    „Professor“, rief die Frau. „Ist das wirklich geschehen?“
    Cromer ersparte sich die Antwort. Er nickte auch nicht. Als er sie erreichte, faßte er beide kurz an den Schultern. „Lori; Alain. Gut, daß Sie da sind.“ Er komplimentierte sie zu den Fahrstühlen. „Die Zeit eilt. Wir müssen schnell etwas vorweisen, ehe man uns auf die Füße tritt.“
    „Irgendwelche neuen Meldungen?“, fragte Alain.
    „Nicht, seitdem ich Sie verständigte. Die Analytiker sitzen noch immer am ersten Photogramm.“
    „Nicht einmal eine provisorische Beurteilung?“
    „Noch nicht, Lori.“
    „Ein Mond der seinen Orbit verläßt...“, sprach Alain ungläubig in seinen Bart.
    „Aber das kann doch nicht sein.“
    „Offenbar doch, Professor.“
    Hinter Leo Cromers Augen brachen abermals Welten zusammen; Strukturen versanken in einem Chaos aus Ausblicken und Möglichkeiten, die es nicht geben dürfte. Alles war binnen Augenblicken unumkehrbar aus den Fugen geraten.
    „Aber es muß eine Erklärung geben“, sagte Lori.
    „Die Frage ist, ob sie uns gefällt“, meinte Alain.
    Sie nahmen den Fahrstuhl, stiegen aus und betraten einen überfüllten Korridor.
AstroComs
gesamtes Personal war hier. Hochstimmung lag auf jedem Gesicht, wie zweiter, überirdischer Sonnenglanz; das und noch etwas...
    Lori flüsterte: „Sieh Alain: Sie taumeln vor Glück, aber haben auch Angst.“
    Er nickte. Das paßte.
    Cromer trieb sie in sein Büro. Er schloß die Tür hinter ihnen und setzte sich an seinen Walnußholzschreibtisch. Alain und Lori nahmen in den Gästesesseln platz.
    Lori fragte: „Gibt es eine Theorie, einen ersten Ansatz, irgend etwas?“
    Bekümmertes Kopfschütteln, das Cromer noch gebeutelter wirken ließ als ohnehin. Alain fühlte mit seinem Direktor. Cromer stand im Fokus der Mächtigen, niemand sonst. Er legte das Kinn auf die Brust und begann, sich die Nasenflügel zu reiben. „Wir verstehen es nicht. Es gibt einfach zu viele Unbekannte.“
    „Professor, bitte, die Aufnahmen“, drängte Alain.
    „Ja, sofort.“
    Cromer ließ die Bilder über den Holotisch laufen. Sie waren noch beeindruckender, als von Alain und Lori gedacht. Den Mond zu sehen, das Rätsel, was er symbolisierte, löste Vieles in ihnen aus: Freude, Aufregung, aber auch undefinierbare Furcht vor dem Unbekannten.
    „
Mon Dieu
“, stieß Alain danach

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