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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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sie den Menschen eingliedern in eine Art kosmische Gemeinschaft.“
    „Meine größte Hoffung gilt dem Gedankenaustausch.“
    „Das wäre wunderbar. Und erst der Technologietransfer. Bedenke die Möglichkeiten. Wir leicht könnte man Kriege schlichten und Hungersnöte vermeiden.“
    Berg nickte abwesend. Mit der Überwindung des Tiefraumes käme unweigerlich auch die jener Gräben, die die Erde noch immer teilten...
    Julie Monterreys Mimik wurde drängend. „Und genau deshalb bin ich gegen diese zwei Tage Geheimnistuerei. Gehen wir einmal davon aus, daß die Fremden noble Absichten hegen, die wirklich darauf abzielen, den Menschen zu erhöhen. Dann ist eine Verschleierung doch völlig verfehlt.“
    Berg mußte einfach grinsen. Ihre Zähigkeit war legendär. Und oft genug auch schätzte er sie. „Wie gesagt, wir brauchen die Zeit.“ Ihr Gesicht zeigte, was sie dachte, und er sagte: „Intuition.“
    „Und die rät dir, die Leute im Unklaren zu lassen?“
    „Mein Verstand tut es auch.“
    „Noch einmal“, sagte sie ernst. „Offenheit wäre von Nachteil?“
    Berg nickte bedächtig. „Sie könnte schaden.“
    „Jetzt klingst du wie Tellbaum.“
    „Ja sicher.“
    Sie schloß kurz die Augen. „Also, wem schaden?“
    „Letztlich uns allen. Einem guten Ausgang.“
    „Wir sind auch nur Zaungäste.“
    „Aber haben eine Verantwortung. Glaube mir, jeder gewöhnliche Tag nützt uns.“ Berg stützte den Kopf auf die Hände. „Lassen wir den Menschen einfach keine Zeit, sich zu fürchten. Der Mensch versucht zu vernichten, was er fürchtet. Er fragt nie, ob er auch lernen kann.“
    „Das impliziert, daß die Fremden auch wirklich in friedlicher Absicht kommen“, sagte sie leise.
    „Ja.“ Berg verfiel in den gleichen Tonfall.
    „Sharon ist noch streitbarer als sonst“, wechselte sie das Thema. „Ihre Sticheleien häufen sich.“
    „Alle hier stehen unter enormen Druck.“
    „Ja.“ Sie sah ihn an. „Du übrigens auch.“
    Er lächelte schwach. „Natürlich.“
    Es klopfte diskret an der Eichentür. Bergs Lächeln schwand. Monterreys Kopf neigte sich leicht, und sie sahen einander an. Für einen Augenblick herrschte zwischen ihnen absolute Verständigung.
Von jetzt an stehen wir wieder auf der Bühne.
Berg zwinkerte ihr zu, und sie straffte sich. Dann wanderten ihre Blicke zur Tür, die auf Bergs „Herein“ aufschwang. Es war Mae Simeons, Bergs Bürochefin, ein Aktenbündel mit Regierungsemblem unter dem Arm.
    Automatisch war Julie Monterrey wieder die loyale, eifrige Advokatin und Aron Berg niemand sonst, als ihr Präsident.

5
    Die Nacht war William Swans Königin; sie brachte Kühle und Stille. Alles verschmolz. Nichts sah mehr aus wie gewohnt. Es roch nach Kräutern, Flieder und dem Meer. Allseits sirrten, flatterten, summten Insekten, und über allem thronte das Firmament.
    William spähte durch sein 15-Zoll-Fernrohr und fokussierte die Zoomlinse.
Wo steckst du?
Er suchte weiter am Himmel und fand Jupiter, hell wie ein naher Stern. Man sah sogar die vier großen Monde. Und dort, irgendwo unterhalb von Jupiter...
    „Hast du ihn?“, fragte sein Enkel neben ihm ungeduldig.
    „... Ja doch, gleich...“, nuschelte William in breitem Scots.
    Jetzt!
    Er sah ihn. Der Rote Planet ging soeben auf. William arretierte das Drehkopfgewinde, trat, seine Baseballkappe mit dem gestickten ESA-Signet aufsetzend, von dem Okular zurück und wandte sich mit einer steifen Verbeugung seinem Enkel zu. Joshua Swan machte große Augen.
    „Allright“, sagte William, holte sich ein Brown Ale aus dem Kühlschrank, setzte sich in einen altertümlichen Flexsessel an einer langen, von Transistoren, Widerständen und bunten Drähten bedeckten Werkbank, die vor einer Dachschräge stand, und fischte aus einem Apothekerglas eine Lackritzstange. „Schau hindurch. Sag mir, was du siehst.“
    Joshua beeilte sich damit, auf dem Drehhocker Platz zu nehmen und durch das Fernroh zu starren.
    „Und?“, fragte ihn William.
    „Alles verschwimmt.“
    „Was normal ist. Nur Geduld. Laß deinen Augen etwas Zeit.“
    Das tat er. William wartete solange und hörte währenddessen draußen den Hund bellen.
    „Ich sehe ihn!“
    „Na bitte, was ich gesagt habe. Und weiter?“
    „Er ist ganz nah. Er ist rot...“
    „Natürlich ist er das.“
    „O Mann, ich sehe den Mars.“
    Ja.
William wischte mit der Hand über einen staubigen Oszillographen und trank von seinem Bier. „Der Mars. Unser mysteriöser Nachbar. Gerade mal halb so groß wie

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