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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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abnickte. „Aber ich bestehe darauf, daß meine Vorbehalte ins Protokoll aufgenommen werden, Rufus.“
    Bals bog kurz die Mundwinkel durch. „Habe zumindest nichts dagegen.“
    Schließlich meinte Berg: „Nun denn, jemand will und wird uns auch besuchen.“ Er schaute in die ihm zugewandten Gesichter. „Nur gut, daß ich Internationale Beziehungen studiert habe.“
    Ein kurzes und verhaltenes, von Anspannung durchsetztes Lachen kam auf, in das Berg auch mit einstimmte.
    „Nein, wirklich“, sagte er dann. „Ich würde sagen, warten wir ab, was dieser Besuch mit sich bringt und entscheiden dann, was wir tun. Aber ich bin sicher, daß die Freude überwiegen wird.“
    Seine Worte, dieses sich Fügen in die Situation, überraschten ihn selbst. Er fand das Szenario eines Raumschiffes im Anflug noch immer absolut unwirklich; für ihn stellte es das Höchstmaß an Absurdität und Intensität dar – aber Fremdintelligenzen waren nunmehr Teil ihrer Wirklichkeit, ob er es nun gutheißen wollte oder nicht.
    Er beraumte die nächste Sitzung für in drei Stunden an und verabschiedete alle außer Julie Monterrey. „Warte“, sagte er, mit ihr allein, bevor sie lospoltern konnte. „Gnade. Bitte.“
    Sie schaute weiter mißmutig, aber ihre Wut flaute ab. Kurz standen sie sich unsicher gegenüber, dann ging er mit schnellen Schritten zu ihr. Sie fiel ihm und den Hals, und er drückte ihr einen Kuß auf die Stirn und noch einen auf die Lippen. Einen Moment lagen sie sich in den Armen, ehe Berg sie sanft von sich schob. „Ich verstehe deinen Standpunkt. Er ist im Grunde genommen auch meiner.“ Er setzte sich. Seine lange, schlaksige Gestalt ließ den Sessel zwergenhaft erscheinen.
    „Ich weiß.“ Ihre Wut war weg. Sie fiel auf die Chaiselounge und fast in Schlaf. Sie wollte nur noch heiß duschen, etwas essen und dann zusammenbrechen. „Aber ein, zwei Tage sind sehr wertvoll. Die Amerikaner und Chinesen werden von uns die Führung verlangen. Und wir wissen noch nicht einmal, bei was. Zeit ist wichtig, ich weiß.“
    „Außerdem“, sagte Berg, „ist das Schiff erst einmal hier, wird anfängliche Panik mehr einer Starre aufgrund von Verblüffung weichen. Zwei Tage nagender Ungewißheit wären weitaus schlimmer.“
    „Vermutlich.“
Gewiß.
Monterrey neigte den Kopf und formte mit den Lippen ein stummes ›In Ordnung, Liebling‹.
    „Das ist schön.“ Sein schwaches Lächeln wich einem Ausdruck tiefer Sorge. „Ich begreife es nicht. Weshalb hielten sie sich so lange Zeit verborgen? Warum kamen sie nicht eher? Wieso jetzt?“
    Monterrey betrachtete Bergs gleichmäßigem Gesichtsschnitt: viel Ausdruck, etwas Stolz. „Vielleicht wollen sie nicht, daß wir uns so verhalten, wie etwa die Hawaianer einst bei Cook.“ (Monterrey meint Captain James Cooks Ermordung durch mißtrauische Hawaianer 1728. Für sie war der englische Weltumsegler Repräsentant einer übermächtigen Zivilisation.) „Oder denk an die Eskimos, nachdem sie mit der westlichen Zivilisation konfrontiert worden waren. Alkoholmißbrauch und interne Streits zerstörten die Sippen. Die Selbstmordrate stieg schlagartig.“
    „Schon gut, Julie.“ Berg winkte ab. „Ich verstehe, was du meinst.“
    „Wie leicht könnten sie unsere gesamte Kultur zerstören.“
    „Du meinst, die haben uns in den letzten Jahrzehnten auf ihr Kommen vorbereitet? Diese ganzen Sichtungen und Entführungsberichte?“
    Darauf baute sie. „Vielleicht wären wir ohne diese Phase der ... Vorarbeit dem Untergang geweiht“, sagte sie und sah in Bergs Gesicht, sah dessen gewölbte Brauen und erklärte: „Glaube, Lehre, Kunst – alles könnte seine Bedeutung verlieren, wenn eine Kultur auftaucht, die Dinge, die für uns unerreichbar sind, bereits vor Jahrhunderten durchlebt hat.“ Berg sah sie noch immer fragend an. „Sieh“, schob sie nach, „ich denke, die große Gefahr, die von ihnen ausgeht, liegt in Wahrheit in uns selbst. Falls wir sie verehren – oder gar vergöttern –, wird deren Weltbild das unsere irgendwann absorbiert haben.“
    „Aufgeschlossenheit könnte die Besucher also unserer Realität einfügen. Meinst du das?“
    „Ja. Keine Annektierung, sondern ein echtes Miteinander.“
    „Und Verständnis wäre der erster Schritt dieser Vereinigung.“
    „Eher der Kitt, der alles zusammenhält.“
    „Zwei Welten, zwei Anschauungen. Ja...“ Er dachte einen Moment darüber nach. „Was denkst du, das SIE wollen?“
    „Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht wollen

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