Kairos (German Edition)
Präsidentenberaterin,
resultierend auf Unwissenheit.
„Ist es überhaupt bemannt?“, erwiderte sie. „Es könnte ebensogut eine Drohne sein.“
„Eine bewaffnete Drohne.“
„Das wissen wir nicht, Sharon.“
„Doch, das tun wir. Jede hinreichend entwickelte Spezies bewaffnet sich. Erst recht eine raumfahrende.“
Monterreys Blick zeigte verwirrte Konzentration. „Aber das heißt noch lange nicht, daß sie uns auch wirklich angreifen wollen.“
„Also warten wir ab, bis es über eine unserer Städte schwebt? Das ist, gelinde gesagt, unklug.“
Monterrey konterte: „Vorschnelles Handeln ist unklug. Es unprovoziert mit Fernwaffen anzugreifen, wäre vorschnell.“
„Falls man uns angreift“, sagte der stellvertretende Verteidigungskommissar, Oberkommandierende der Luftstreitkräfte und Generalstabschef, Air Marshall Paul Blaskowitz, mit hörbar deutschem Akzent, „verteidigen wir uns. Aber die Folgen eines Beschusses sind unabsehbar.“
Saintluca schürzte die Lippen.
„Sollten die uns feindlich gesinnt sein...“, begann der aus Prag stammende Marek Tellbaum, Chef des Europäischen Sicherheitsbüros (ESB), doch beendete Bals den Satz für ihn: „Wären wir chancenlos, Marek. Die schalten unsere Satelliten aus und das war es dann. Wir wären auf beiden Augen blind und zu keiner koordinierten Verteidigung mehr imstande.“
Rufus Bals, Bergs hologener Statthalter; der Kronprinz. Dieser große, hagere Niederländer mit dem eisgrauen Haar und dem stechenden Blick. Vizepräsident und Außenamtskommissar. „Ich finde, Julie und Paul haben ganz recht“, fügte er an. „Wir wissen nichts. Auch nicht, was wir ihnen entgegen setzen könnten, sollten sie denn aggressiv sein.“
Saintlucas Augen blitzten. „Und diese Türme?“
Bals zuckte mit den Schultern. „Dazu kann ich nichts sagen.“
„Wir haben sehr viel zu verlieren, wenn wir nichts unternehmen“, sagte sie.
„Und ebensoviel, wenn wir etwas Überstürztes tun“, erwiderte Bals und fügte an: „Nun weist nichts gegenwärtig auf eine Bedrohung hin.“
„Oder auf Harmlosigkeit.“
„Und niemand hier ist entspannt“, sagte Monterrey.
Sharon Saintlucas Gesicht gewann an Farbe, während sie selbst an Contenance verlor. „Sie würden ihnen doch am liebsten Blumenkränze um den Hals legen.“
„Wenn sie Hälse haben“, versetzte Monterrey mit viel unterdrücktem Aufruhr in der Stimme.
Irgendjemand im Raum kicherte.
Saintluca warf Monterrey einen vernichtenden Blick zu.
Berg schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. „Schluß jetzt, Sie beide!“
Monterrey sammelte sich zwei Atemzüge lang. „Gut, Sharon. Ich verstehe Sie ja. Aber ein Angriff wäre sinnlos. Ihre Überlegenheit ist zu deutlich. Zudem müßte das Kriegsrecht ausgerufen werden und der Präsident“ – ein Blick zu Berg – „den Beschuß ausdrücklich autorisieren.“
„Was ich niemals tun werde, wenn die nicht zuerst schießen, oder uns sonstwie einen triftigen Grund liefern. Also, worum geht es hier?“
Saintluca schwieg, betrachtete ihre Hände, Bals beobachtete sie dabei.
Berg sagte: „Dann wäre das also geklärt. Zum nächsten Punkt.“
„Ah, nebenbei, Aron“, sagte Monterrey, während sie sich Notizen machte, „sollten wir nicht angesichts der Schwere der Situation die Mitglieder der Parlamentsführung in einer offiziellen Sitzung über die Lage informieren?“
„Um dann den halben Tag sinnlos darüber zu debattieren? Um schon morgen einen Bericht darüber im Netz zu sehen?“, antwortete er. „Die meisten Abgeordneten gehen nicht einmal auf die Toilette, ohne vorher eine PK abzuhalten.“
„Er hat Recht“, sagte Bals. „Auch wenn es mir nicht leichtfällt, das zu sagen, aber solange wir nicht mehr wissen, bleibt das alles vertraulich. Ich wünsche keinerlei Indiskretionen.“
Monterrey hatte aufgehört mit Schreiben und sah Berg offen an.
„Aber was ist mit all den Hobbyastronomen?“, fragte Tellbaum. „Nur eine Frage der Zeit, bis einer von ihnen zufällig draufstößt und es einem Netzsender zuspielt.“
„Mit erheblichen Konsequenzen“, nickte Saintluca.
„Was sollen wir also tun?“
„Warten, Marek“, sagte Berg.
Tellbaum blinzelte. „Warum legen wir nicht ein paar Finten?“, schlug er vor, und Saintluca stimmte prompt zu.
Monterrey bog ihren Rücken durch. „Die Menschen täuschen?“
Marek Tellbaum zuckte die Achseln. „Es wäre für alle viel leichter. So flippen sie erst aus, wenn das Ding über ihren
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