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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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fiel ein blasser Lichtschein auf die Tunnelwände und ließ ihre künstliche Struktur hervortreten. Was immer man über Doria Patrick sagte, ihre Sehkraft war exzellent. Nicht nur Alain war beeindruckt. Sie sagte: „Sehen wir, was es ist.“
    „Ma’am, vermutlich nur ein paar vorragende Teile der Tunnelkonstruktion“, überlegte Cato laut.
    „Das glaube ich nicht“, sagte Doria.
    Es war kein Teil des Tunnels. Es war ein Tor, zu dem sie schließlich gelangten. Seine Beschaffenheit glich poliertem Messing. Es war kreisrund, beinahe vier Meter hoch und mit etwas verziert, das Eiko sowohl an nordamerikanische Petroglyphen, als auch an altbabylonische Zylindersiegel erinnerte.
    Zunächst wagte sich niemand näher. Eiko schließlich nahm sich ein Herz und trat vor.
    „Sei nur vorsichtig“, sagte Alain.
    „Was soll denn schon passieren?“
    Einfach alles
. Alain, erneut erstaunt über Eikos Courage, sah sie zunächst eine Armlänge von dem Portal entfernt stehenbleiben. Sie legte den Kopf schief und begann, die Symbole eingehend zu betrachten. Schließlich ging sie noch näher heran, bis die Sichtscheibe ihres Helms die Tür fast berührte. Sie streckte die Hand aus und betastete die Oberfläche mit ihren Handschuhen. Dann fuhr sie die Zeichen mit den Fingerspitzen nach. Schweißperlen standen ihr auf Stirn und Oberlippe. „Mit angezogenen Handschuhen kann ich nicht viel sagen“, sagte sie schließlich, „aber es fühlt sich ... ich weiß auch nicht wie an. Wir müssen es öffnen.“ Es gab keine Klinke und keinen Griff, also stand sie ernsthaft im Begriff zu klopfen. Eiko trat wieder zurück. „Ziemlich gespenstisch...“
    Doria sagte: „Wir werden es nie öffnen können, wenn wir es nicht öffnen sollen. Wir verschwenden nur kostbare Anzugszeit, wenn wir länger hier herumstehen und...“ Ihr Blick jagte hinauf. „Was ist das wieder?“
    „Niemand tut irgend etwas“, befahl Bals.
    Eiko rückte dicht an Alain, was diesem ausgesprochen gefiel.
    Über ihnen schwebte eine Kugel von der Größe einer Wassermelone, überzogen von Vertiefungen wie ein Golfball. Sie stand zunächst still, dann rotierend auf der Stelle, glühend wie flüssiges Eisen. Dann wuchs sie und zerfiel in acht kleinere Kugeln, groß und glatt wie Billardkugeln. Sie glühten in unterschiedlichen Farben. Nolem pfiff, und seine Verblüffung wuchs noch, als jeweils eine Kugel sich über jedem von ihnen positionierte.
    „Was in aller Welt...“, keuchte LeBel.
    „Nicht rühren“, sagte Alain, seine Augen auf die Erscheinung geheftet.
    Zuerst baute sich brutaler Druck auf, eine impulsive Spannung. Dann kam das Licht. Es war schmerzhaft grell, zu intensiv, um von irgendeinem Farbton zu sein. Die automatischen Blenden der Helmvisiere dämpften den Blendgrad sofort, dennoch hinterließen die Lichtreflexe lila Nachbilder auf ihren Netzhäuten.
    „Ich kann mich nicht bewegen“, sagte Eiko mit erstickter Stimme. „Alain, ich...“
    „Nicht dagegen wehren.“
    Sie hörten irgendwie altgriechisch klingende Worte, während das Licht in Schüben ihre Körper entlang glitt. Alain kam sich vor wie ein Rehkitz, das in die Scheinwerfer eines nahenden Autos starrt. Eine starke Erwartung übermannte ihn. Er spürte ein schwaches, zitterndes Tasten. Es war eine Kraft, wie er sie nicht kannte.
Sehr alt, und unbefleckt wie ein Neugeborenes.
Es hätte beklemmend sein müssen, zumindest befremdend, aber nicht doch. Es schien eigentümlich vertraut.
    Dann, von einem Moment zum nächsten, war es vorbei. Die acht Kugeln verschmolzen wieder zu einer einzigen, die daraufhin spurlos verschwand. Alle fielen schnell atmend aus ihrer Starre.
    „Scheiße, was war das?“, tobte Doria.
    „Es war, als ob man uns ... untersuchte“, sagte Alain.
    „Was sind wir, Laborratten?“
    „Nein, Captain, nichts dergleichen“, sagte Bals. „Ich … glaube, es war eine Untersuchung, eine eingehende Betrachtung, ja. Aber sie galt nicht unseren Körpern, sondern ... mehr unserem ... Geist.“ Zuletzt hatte er sehr leise gesprochen. In normalem Gesprächston fuhr er fort: „Fühlten Sie es denn nicht?“
    Eiko trat von einem Fuß auf den anderen. Was Bals sagte, paßte. Sie hatte wirklich das Gefühl gehabt, von etwas auf schmerzlose Weise ... durchbohrt worden zu sein. „Ich...“, begann sie, brach ab und schloß mit: „Weiß nicht.“
    „Ich empfand ebenso“, sagte Alain.
    „Unseren Geist?“ Doria hob beide Arme und ließ sie hilflos wieder fallen. „Sie meinen, die

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