Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
Vom Netzwerk:
sich, wovon sie sprach. „Ma’am, ich verstehe kein Wort.“
    Trémolières seufzte. „Dann anders.“ Sie öffnete die Tasche und holte ein elektronisches Speichermedium mit Display hervor und gab es ihm. „Hier. Lies und sag mir was dazu.“
    Es war ein Laborbericht. Er las ihn. Aber dazu etwas sagen konnte er nicht. Das durfte nicht wahr sein. Er senkte den Blick und spürte, wie ihm das Herz sank. Der Boden sackte ihm unter den Füßen weg. Er grinste dümmlich, blinzelte. „Ich...“
    Sie sagte nichts, lächelte nur weiter.
    Sein Grinsen schwand.
    Trémolières nahm das ESM. Sie kam ihm dabei so nahe, daß er ihr Pfefferminzmundwasser riechen konnte. „Tetrahydrocannabinol. Oder auch: T – H – C.“ Sie musterte ihn kalt. „Du darfst dich äußern. Nicht, daß es etwas ändern würde, aber nur zu.“
    „Was?“, war alles, was er hervor brachte. Er war entsetzt. Sein Blick irrte zu den schwindelerregend hohen Wipfeln der umstehenden Platanen. Ihm wurde flau. Plötzlich durchzuckte es ihn siedend heiß.
    „Bei so etwas fahren wir die harte Tour, Homme. Du wirst uns verlassen müssen. Tut mir leid.“
    Ihrem Tonfall war kein Mitleid zu entnehmen. Corey hörte ihr ohnedies kaum zu. Er stand da, während ihm die Details jener letzten Nacht mit Nazma durchs Hirn jagten
... Windgebauschte Vorhänge ... Musik aus dem Nachbarzimmer ... der unglasierteIndianeraschenbecher, in dem er den zu einem gelben Stumpen abgebrannten Grasjoint ausdrückt ...
Er sah sich selbst einen gravierenden Fehler begehen...
    „Homme?“
    Er glitt in Phantastereien ab. Sein Gedankenstrom riß ab. „Ja, Ma’am?“, sagte er mechanisch.
    „Die Luftwaffe wird Anzeige erstatten. Drogenkonsum ist, wie du weißt, zwar nicht direkt strafbar, wohl aber die negativen Folgen, die daraus entstehen können. Diese Tests hier, Homme, die Trainingseinheiten, die Simulatoren, kosten viel Geld. Überdies macht es eine Menge Papierkram, und in deinem Fall stellt sich heraus, daß es von Anfang an unnütz war. Weil du nicht weißt, wie man sich zu verhalten hat. Die Kommandantur fühlt sich von dir erheblich verschaukelt.“
    „Aber...“ Er stützte sich an einem Baumstamm. Er versuchte verzweifelt, einen logischen Gedanken zu fassen, etwas, das er dieser Frau entgegenhalten könnte, doch da war nichts. Trémolières sprach schon weiter.
    „Zunächst geht es darum, das Gesicht zu wahren. Das Ganze wird wohl als Ordnungswidrigkeit deklariert, wenngleich niemand will, daß solch ein Verhalten bagatellisiert wird. Wir werden nicht herumkommen, ein Exempel zu statuieren, Homme. Du schuldest der Akademie das Entgelt für zehn Tage Kost und Logis. Denk an den ganzen Aufwand deinetwegen. Wir werden eine Summe festlegen. Falls du dich querstellst, klagen wir darauf. Klar, du wirst dein Studium beenden können. Eine Militärkarriere aber kannst du zu Hundertprozent vergessen.“
    Sein Blick wurde stumpf, sein Körpergefühl taub. Alles um ihn schwankte, fiel in einen imaginären Abgrund. Und dann rastete der Gedanke ein. Er begriff Trémolières Worte. „Das glaube ich nicht.“
    „Militärpilot – zumindest der Traum ist ausgeträumt. Es ist so unfaßlich dämlich von dir. Sie sagen, du warst gut. Offensichtlich, du hattest Ambitionen. Sie sagen, du hättest es schaffen können. Jammerschade eigentlich.“
    „
Shizz…
“ Seine Nackennerven kribbelten.
    „Korrekt.“
    „Sie verarschen mich.“
    Sie blinzelte überrascht. „Homme, sicher nicht.“
    „Jetzt hören Sie mal…“
    „Du wirst mir zuhören. Ich meine, kurz vor dem Lehrgang einen Joint zu rauchen. Du mußt von den Bluttests gewußt haben. Ich fasse es nicht, Homme. Ich muß gestehen, ein solcher Fall von Dummheit ist mir noch nicht untergekommen. Glaub mir, wir hatten hier schon eine ganze Menge schlechter Kandidaten. Schwachmaten, die nicht wußten, was sie taten.“
    „Ich...“
Ich bin ein Idiot,
hörte er sich zu Nazma sagen, auf dem Kiesstreifen neben der Fernstraße nach Glasgow.
Ich bin ein Idiot.
Damals hatte er gelogen. „Ich...“
    „Laß es und halt den Mund. Du kannst es sowieso nicht rückgängig machen. Die Würfel sind gefallen, zu deinen Ungunsten.“ Sie sah ihn eindringlich an. „Weißt du, was dieses Zeug mit dir anstellt?“
    Wußte er nicht. Es war ihm herzlich egal. Trémolières sagte es trotzdem. Corey hörte nicht hin; nur hier und da schnappte er ein Wort auf, doch nichts ergab Sinn.
    ... Halluzinationen ... Dissoziierende Phänomene ... Paranoide

Weitere Kostenlose Bücher