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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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vergingen kaum drei Sekunden, bis sie ihrem Chef stumm signalisierten, daß der Saal gesichert war. Weitere drei Minuten später war der Saal von Presseleuten, wie die Galerie von Besuchern geräumt. Im Raum waren neben Rufus Bals und Julie Monterrey nur Berg, dessen Kontrahent, Bosetti und dessen Team.
    Bosetti, energisch zum Eindringling: „Sie! Zurücktreten, sofort!“
    Der Fremde blieb reglos. Bosetti verlor beinahe die Fassung. Dieser Mann, wer immer er war, was immer er wollte, hatte sich als Besucher getarnt Zutritt in diesen Bereich verschafft.
Demnach ist er unbewaffnet
, versuchte Bosetti sich zu beruhigen. Die Röntgen- und CT-Scanner des Eingangbereiches entsprachen dem neuesten Stand der Überwachungselektronik und arbeiteten absolut zuverlässig. Hinzu kam das gut geschulte Einlaßpersonal. Egal, was jemand an Unerlaubtem bei sich führte – Schußwaffe, Messer, ein einfacher Schraubenzieher, eine Chemikalie oder sonst was –, die Apparate hätten es angezeigt und diesem Mann den Eintritt verwehrt.
    Andrea Bosetti, seine Kanone auf den Eindringling gerichtet, versuchte seine Nackenmuskulatur zu lockern. Ein mieses Gefühl beschlich ihn. Dieser Fremde war unbewaffnet – aber war er auch harmlos?
Sicher nicht
, entschied er instinktiv. Er maß Berg mit einem raschen, inständigen Blick. „Herr Präsident, entfernen Sie sich von diesem Mann.“
    Sein Präsident hörte nicht.
    Berg nahm nichts mehr wahr, was um ihn er geschah. Er sah nur diesen Fremden, dessen Augen. Es waren nicht die eines Blinden,sondern eines Toten. Kein Gefühl, keine Regung steckte in ihnen.
    Julie Monterrey wollte zu Berg laufen, doch Bals hielt sie zurück. Sie wand sich in seinem Griff und rief Berg etwas zu.
    Bosetti, wie der Rest vom Team, war von Bergs Verhalten sichtlich irritiert.
Warum bringt er sich nicht in Sicherheit?
„Niemand prescht vor“, befahl er seinen Leuten. „Ich erledige das. Wiederhole: ich schnapp mir den Kerl.“ Bosettis Augen weiteten sich.
Was tut er denn jetzt?
    Berg trat langsam vom Pult weg und stellte sich dem Mann gegenüber. Dessen Miene war noch immer unbewegt.
    „Aron, nein!“, schrie Monterrey. Bals daneben drückte ihren Arm.
    Berg reagierte nicht.
Ich kann nichts ... tun. Ich ... O mein Gott...
    Mehr Sicherheitspersonal traf ein. Man zog den Kreis um den Fremden stets enger.
    „Okay. Das reicht jetzt“, rief Bosetti. „He, Sie Komiker – zurücktreten oder ich schieße. Mir scheißegal, wenn ich Ihnen das Rückgrat durchsieben muß, ich schwöre, ich tu’s –
also weg da!

    In der Folge verlor Bosetti seinen Glauben in eine logisch funktionierende Welt. Denn es war Berg, der ihn abhielt, ihm den Eindringling vom Leib zu schaffen. Berg, mit seltsam mechanischen Bewegungen, hob eine Hand und sagte: „Nein, Bosetti. Sie tun gar nichts.“
    Bosetti fühlte den Schweiß auf seiner Stirn. „Was ist?“
    „Schaffen Sie Ihre Männer hier weg.“
    „Nein.“
    „Ich befehle es.“
    „Ich ignoriere den Befehl. Ich muß Sie schützen. Keine Ahnung, was hier gespielt wird: aber wenn dieser Kerl sie anfaßt, schieße ich, das verspreche ich.“
    Bergs starrer Blick richtete sich langsam wieder auf den Fremden. „Was willst du jetzt tun?“
    Der Farbige sagte: „Wir müssen reden.“
    „Sprich.“
    „Laß ihn los.“
    Ungelenkes Kopfschütteln. „Ich kann nicht.“
    „Aron Berg, ich wünschte, Sie würden es nicht tun.“ Der Dunkelhäutige hatte ganz leise gesprochen, mit sehr sanfter Stimme.
    Berg – der Geist, der ihn lenkte – wurde unsicher. „Tu das nicht.“
    „Was tun?“
    „Berg meinem Griff zu entwinden.“
    „Wenn ich es kann, tue ich es.“
    „Dann stirbt er.“
    „Er ist bereits tot.“
    Die Kreatur kroch tiefer in Aron Bergs Geist. Bergs Züge verkrampften sich, als litte er großen Schmerz. Seine Gesichtsfarbe wurde puterrot. Adern traten hervor.
    Er wehrt sich noch immer. Eine gute, starke Seele
, dachte die Kreatur.
    Beim Leibhaftigen
, war Bergs letzter Gedanke, ehe er starb und verschwand.
    „Jetzt ist er tot.“
    Der Mann sagte: „Ich werde dich aufhalten.“
    „Darum also diesen langen, langen Weg.“
    Der Fremde antwortete nicht, lächelte nur.
    „Also ist es noch lange nicht vorbei“, sagte das Wesen im Körper Bergs.
    „Längst nicht. Es fängt gerade an.“
    „Dann haben die Menschen wirklich Verbündete.“
    „Im Verborgenen, ja. Und mächtige dazu.“
    Julie Monterrey glaubte, die Besinnung zu verlieren. Sie verstand nichts davon, was

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