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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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wählt er seinen Nachfolger und stimmt die Krone auf jene Person ab. Die Kristalle tragen den Stempel seines Geistes, die Gesamtheit seiner Erfahrung und darüber hinaus einen Teil seines Charakters und seiner Persönlichkeit. So hat der nächste Jamad Zugang zu all dem Wissen der Staatskunst und der Weisheit sämtlicher Kaiser, die vor ihm regierten … In einem sehr wirklichen Sinn ist er all jene weisen und großen Männer. Und so betrachtet der ganze Mars ihn als einen Heiligen.«
    »Aber wie sind sie dazu gekommen, Sie zu wählen?« fragte sie. Bolgov fing zu lachen an, als er meinen Gesichtsausdruck sah. Keresny schaltete sich ein. Der geborene Diplomat, mußte ich wieder einmal denken.
    »Es geht die Rede, daß die Kolonialadministration den letzten eingeborenen Jamad in – äh – ›Schutzhaft‹ genommen hat. Zu seinem eigenen Vorteil natürlich«, erklärte er.
    Ich lächelte, aber meine Augen machten das Lächeln nicht mit. »Ja, ebenso wie Cortez Montezuma zu seinem eigenen ›Schutz‹ gefangengesetzt hat. Und dann die Azteken zwang, ihn auszulösen, indem sie einen Saal mit Gold füllten. Thyoma war ein heiliger alter Mann und schwächlich. Er konnte es nicht glauben, daß der Generaladministrator wirklich ein solcher Verräter war, wie seine Berater gesagt hatten; so lieferte er sich selbst den Verhaßten aus.«
    Mein Gesicht wirkte kalt und eisig, fürchte ich. Sie zuckte vor meinem Blick zurück.
    »Sie folterten ihn mit Elektroschocks und betäubten ihn mit Neopentothal. Sie waren natürlich hinter seinen Schätzen her. Aber Drogen von der Erde haben auf Marsianer unvorhersehbare Wirkungen. Sie waren im Begriff, ihn zu töten«, sagte ich dann leise. »Also befreite ich ihn und tötete dabei ein oder zwei Wächter. Ich stahl einen Gleiter und holte Thyoma aus dem Gefängnis; aber er starb, Zoll um Zoll. Wir versteckten uns in einer Ruine, und ich tat für den alten Mann, was in meiner Macht stand. Aber es war bald vorbei.«
    Ihre Augen klebten förmlich an meinem Gesicht.
    »Ehe ein Jamad stirbt, muß er die Krone an jemanden weitergeben. Wenn er stirbt, ohne das zu tun – ohne das Ritual durchzuführen, das die telepathischen Empfänger der Krone auf die Mentalfrequenzen des nächsten Jamad abstimmt – dann stirbt die Krone auch. Und kann nie wieder verwendet werden. Die Kristalle würden sterben, und all jene Millionen Jahre alten Erinnerungen, all die Weisheit der alten Könige würde für alle Zeit verlorengehen.«
    Ich atmete tief.
    »Ich war der einzige Gefährte seiner Todesstunde. Also gab er die Krone weiter – an mich .«
    »Und man hat … man hat Sie akzeptiert, einen Erdenmenschen?« fragte sie erstaunt und mit leiser Stimme.
    »Ja. Aber nicht ohne weiteres. Die Priester waren dagegen. Aber die Krieger erfuhren, daß ich Leute meines eigenen Volkes getötet hatte, um den alten Mann zu befreien, und daß ich ihn bis zur letzten Minute gepflegt hatte. Sie riefen mich zum Jamad aus, und die Fürsten der Nationen legten ihre Lebenseide auf mich ab. Ich war bereit, die Krone an einen anderen weiterzugeben und für ihn das Ritual zu sprechen … denn wer war ich denn, um Anspruch auf das Reich des Mars zu erheben?«
    »Aber sie ließen Sie nicht«, sagte Keresny mit leiser Stimme. Ich nickte langsam.
    »Sie weigerten sich. Sie sagten, seine Macht hätte ihn erfüllt, als er mich als Jamad auswählte. Sie sagten, die Weisheit der Könige einer Million Jahre sprach in jenem Augenblick aus seinem Mund, und die Zeitlosen hätten mich als den Erlöser ausgewählt, der zwischen den zwei Welten vermitteln sollte.«
    Ich lachte. Wahrscheinlich klang es etwas wild.
    »Ich war von irdischem Geblüt. Aber mein eigenes Volk nannte mich ›Verräter‹ und ›Gesetzlosen‹, und meine eigene Regierung verstieß mich! Ich war der Jamad Tengru des ganzen Mars, aber kein Clan und keine Nation nannte mich Bruder! Ich war allein im Niemandsland zwischen zwei Welten – und von mir erwartet man, daß ich sie im Frieden zueinanderführe!«
    »Aber man hat Sie akzeptiert und sogar geliebt!«
    »Ja, nach einiger Zeit. Ich versuchte, die Ansprüche des Volkes vor das Mandat zu tragen, versuchte, Gerechtigkeit für sie zu erlangen. Wir wollten ja nicht mehr als die Selbstbestimmung; die Erdenmenschen konnten bleiben, die Kolonien ihr Land behalten. Der Mars war für beide Rassen groß genug, sagte ich. Aber sie lehnten es ab, meine Autorität anzuerkennen. Sie setzten einen Preis auf meinen Kopf aus und

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