Kaiser des Mars
beschreiben hören. Selbst wir, die wir hier in Farad wohnen, das die Straße zum Verlorenen Ilionis bewacht, wissen nichts von jenem Ort.«
»Er glaubt, er habe die Straße dorthin gefunden«, sagte ich. Und dann schilderte ich die Richtung und die Distanz, die wir reisen wollten. Plötzlich hielt ich inne, als ich seinen Gesichtsausdruck bemerkte.
»Lord, das liegt jenseits der Grenzen des Hualokka, des Geheiligten Landes! Kein Reiter von Chun würde über die steinernen Säulen hinausreiten, die die Grenzen jenes Landes darstellen!«
Sein Gesicht wirkte besorgt, ebenso seine Stimme. Ich versuchte ihn zu beruhigen, zögerte aber, meine Autorität als Jamad gegen den Willen meines Gastgebers durchzusetzen. Schließlich war er ein Kriegerkönig, von dem ich hoffte, daß er sich mir als Verbündeter anschließen würde. Aber wenn es mir nicht gelang, seine Hilfe freiwillig zu gewinnen, würde ich ihm einen Befehl erteilen müssen; schließlich brauchten wir seine Hilfe; zu Fuß würden wir den Marsch über das rauhe Plateau nicht schaffen.
»In jenem Land wird nichts gestört werden«, sagte ich leise. »Der Doktor wird studieren und beobachten. Der Heilige Frieden von Ilionis wird nicht gebrochen werden, noch wird jemand seinen Schatz rauben, wenn es tatsächlich einen Schatz gibt.«
Ich schämte mich, daß ich den alten Mann so belügen mußte, und verfluchte innerlich Josip Keresny und seine verdammte Schatzsuche. Insgeheim wünschte ich mir, daß es keinen Schatz und keine Stadt gäbe. Es würde mir unmöglich sein, Keresny und Bolgov dazu zu überreden, den Schatz intakt zu lassen, das Gewölbe nicht zu plündern; und wie konnte ich, der Jamad, mich zu einem solchen Sakrileg hergeben und den heiligsten Ort des ganzen Mars berauben?
Als ich mich ursprünglich auf diese Suche eingelassen hatte, hatte ich ohne jeden Zweifel angenommen, daß das Verlorene Ilionis nur ein Phantasiegebilde war.
Jetzt war ich da nicht mehr so sicher. Die Sorge in der Stimme von Kraa war da ein sprechender Beweis.
Er schüttelte verblüfft den Kopf. »Lord, meine Väter und die Väter meiner Väter haben seit Anbeginn der Zeiten das ganze Hualokka heiliggehalten. Und doch bist du mein Jamad, und dein Wunsch ist mein Gesetz … Nein, noch stärker als das Gesetz ist dein Wille! Aiii! Es ist schwer, sich hier zu entscheiden.«
In diesem Augenblick griff das manchmal so kapriziöse Schicksal ein.
Der zwergenhafte Priester Dhu hatte sich dicht zu uns gebeugt, um unsere Worte zu hören. Jetzt blitzten seine kleinen Augen, und er warf verärgert die Hände in die Höhe.
»Höre ich recht, o Fürst?« rief er mit schriller Stimme. »Die F’yagha wollen, daß du sie in das Geheiligte Land führst? Den Fuß dorthin zu setzen, ist eine Beleidigung der Geister unserer geheiligten Ahnen. Und dies tun, heißt, den Zeitlosen ins Gesicht zu spucken!«
Kraas Gesicht verhärtete sich.
»Schweige, Priester, wenn Fürsten sprechen!« herrschte er ihn an. »Wenn wir die Meinung der Priesterschaft hören wollen, werden wir dich fragen.«
Aber das schien den Buckligen nicht zu beeindrucken.
»Und doch sage ich, daß diese Dinge Blasphemie sind – reine Blasphemie!« ereiferte er sich. »Und ein wahrer Jamad, ein Jamad des alten Geblüts, würde wissen, daß dies Gesetz ist. Der F’yagha Jamad mag die Krone tragen und sich des Namens brüsten – aber er ist ein Außenweltler, und es ist ihm verboten, seinen Fuß auf den Boden des Heiligen Landes zu setzen.«
Eine innere Stimme riet mir, mich still zu verhalten und diese Auseinandersetzung den beiden zu überlassen. Also zuckte ich mit keiner Wimper und ließ mir nichts anmerken; der kleine Dhu blickte spöttisch zu mir herüber, um zu sehen, wie ich auf seinen Ausbruch reagierte, und schien von meiner ruhigen, gefaßten Haltung etwas irritiert. Was den Fürsten anging, so schien er zu schwanken.
Dhu fühlte seinen Triumph. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und versetzte mir mit verächtlich klingender, beißender Stimme den letzten Stoß:
»Aber der F’yagha, den du Jamad nennst, ist ein Betrüger, der das Volk kaum kennt. Bedenke! Er sucht das Verlorene Ilionis, die Stadt der Schätze. Wäre er wahrhaft ein Meister der Vergangenheit, so wüßte er, daß Ilionis nur eine Legende und sonst nichts ist. Es existiert nicht – das ist nur ein Mythos der verlorenen Vergangenheit!«
Fürst Kraas Gesicht wirkte grimmig, und er sah mich zweifelnd an.
Auf einer unteren Stufe des
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