Kaiser Trajan als Bauherr
als das 82 ha große Hafenbecken des unter Claudius angelegten Vorgängers gewesen ist, |125| war es doch von großem Vorteil, dass es so weit nach Osten hinter diesen älteren Hafen verlegt und zugleich neu hergerichtet worden ist, dass die hier anlegenden Schiffe vor Stürmen und Überschwemmungen besser geschützt gewesen sind. Dabei kam der neue Hafen dem Bedarf des Handels entgegen, weil an seinen Kais entlang der Sechseckseiten und den daran anschließenden Einrichtungen genügend Anlegeplatz zur Verfügung stand, um eine größere Anzahl von Schiffen gleichzeitig be- und entladen zu können. Bei einer für übliche Frachtschiffe gängigen Länge von etwa 20m verfügten diese Hafenmolen über eine Kapazität, die wahrscheinlich ausreichte, um bis zu 80 Schiffe anlegen zu lassen.
Abb. 46 Portus (Ostia). Plan des trajanischen Hafens
An ihrer Landseite gingen diese Molen in breite Geländestreifen über, auf denen genug Platz vorhanden war, um gegebenenfalls die Ladungen mehrerer Schiffe zu |126| löschen, ohne sich bei der Arbeit gegenseitig ins Gehege zu kommen. Außerdem entstanden direkt an diesen Kais große und wahrscheinlich bis zu dreigeschossige Magazinbauten, an deren Neu- und Ausbau noch bis in severische Zeit gearbeitet worden ist. Insgesamt könnten solche Magazinbauten, in denen wohl auch Geschäftsräume und Verwaltungseinrichtungen untergebracht waren, sich an den Seiten des Hafenbeckens über eine Strecke von mehr als 1500m erstreckt haben. Auch wenn Rekonstruktionen zu einstiger Gestalt und Größe dieser Magazinbauten nicht allzu wörtlich genommen werden müssen, ist zu erkennen, dass es hier auf jeden Fall reichlich Platz für eine geschützte Lagerung der Waren gegeben hatte, die anschließend vor allem nach Rom geliefert wurden. Außerdem hatte es schon seit republikanischer Zeit auch in der Stadt Ostia selbst, vor allem zwischen dem Decumanus und dem Tiberufer, große Getreidespeicher gegeben. Offensichtlich wurden deren Kapazitäten auch noch nach der Fertigstellung des neuen Hafens und dessen Serviceeinrichtungen durch zusätzliche Speicherbauten, die zu den eindrucksvollsten architektonischen Hinterlassenschaften dieses einst blühenden Handelszentrums gehören, erweitert.
Freilich war es nicht weniger wichtig, dass die Waren möglichst zügig vom Hafen an andere Orte und hierbei hauptsächlich nach Rom verfrachtet werden konnten. Deshalb wurde hierfür gemeinsam mit dem neuen Hafen der als Fossa Traiana bekannt gewordenen Kanal als eine direkte Verbindung zwischen dem Hafen und dem Tiber angelegt. Für Rom war damit ein Versorgungsstrang entstanden, der – angesichts des Lebensmittelbedarfs der Bevölkerung dieser inzwischen längst zu einer weltstädtischen Metropole angewachsenen Hauptstadt – nicht mehr wegzudenken war. Dabei ist es in und für Rom schon spätestens seit spätrepublikanischer Zeit zu einem Problem geworden, dass hier durch eine ständig wachsende Zahl meist schlecht bezahlter Arbeiter und sonstiger Lohngänger ein unterprivilegiertes Proletariat entstanden war, dessen dringender und drängender Bedarf nach Nahrung und allgemeiner Versorgung staatsgefährdende Ausmaße annehmen konnte. Nicht zuletzt deshalb war der Zufluss von Lebensmitteln für Rom ein nahezu konstitutionelles Problem und kam dem Hafen bei Ostia, ohne dessen Kapazität die für Rom zwingend erforderliche Einfuhr – vor allem von Getreide – kaum hätte sichergestellt werden können, eine herausragende Bedeutung zu. Dies erklärt das besondere Engagement Roms und seiner Kaiser für den Erhalt und Ausbau dieses Hafens mit seinen beträchtlichen Folgen für Ostia als Handelsstadt.
Dieser Hafen war nicht zuletzt auch für Roms innenpolitische Sicherheit ein |127| Thema von höchster Priorität, weil in dieser Stadt mit einer kontinuierlich wachsenden Anzahl unterversorgter Bewohner es wegen Hungersnot und den dadurch zu befürchtenden Unruhen notwendig geworden war, auf Staatskosten regelmäßig Getreide zu verteilen. Unter dem Titel Annona ist daraus schon seit Augustus, der in Rom an 200 000 Personen monatlich pro Kopf ca. 30 kg Weizen verteilen ließ
( Res Gestae 15; Cassius Dio 55.10.1 )
, ein Thema von staatlicher Zuständigkeit geworden. Die Verteilung von Nahrungsmitteln ist öffentlich gefördert und wohl auch offiziell kontrolliert worden. Dies unterstreicht beispielhaft ein kaiserlicher Verwaltungsakt, der spätestens in claudischer Zeit den Quaestor Ostiensis, dem in der Verwaltung
Weitere Kostenlose Bücher