Kaiser Trajan als Bauherr
Ostias hauptsächlich die Verwaltung der Finanzen dieser Stadt zukam, durch einen Procurator Annonae ersetzte. Dabei verweisen die Aufgaben dieses Procurators, der jetzt weniger für geordnete Finanzen dieser Stadt, sondern hauptsächlich für eine gesicherte Versorgung Roms mit Lebensmitteln auf dem Weg über Ostia zu sorgen hatte, und der damit vor allem für den Betrieb und die Funktionsfähigkeit des Hafens von Ostia verantwortlich war, auf einen deutlichen Prioritätenwandel hinsichtlich der Aufgaben dieser Kommune. Dass für Trajan abgesehen von einer allgemeinen Versorgung der Bevölkerung Roms auch die Unterstützung der Kinder unterprivilegierter Familien ein besonders aktuelles Thema war, legt dessen Engagement für die beträchtlich angewachsenen Alimenta und den dabei entstandenen Verpflichtungen nahe, die er sich auch selbst zu eigen gemacht hatte (S. 114 f.). Auch deshalb gehörte es zu dem politischen Programm dieses Kaisers, dass er schon zu Beginn seiner Herrschaft den nochmals erneuerten Ausbau des Hafens bei Ostia veranlasste. Die für Trajan besondere Bedeutung dieses Hafens bestätigen außerdem Münzen, die in trajanischer Zeit nur für diesen Hafen, aber für keinen weiteren Hafen an den Küsten Italiens geprägt worden sind.
Mit dem durch diesen neuen Hafen deutlich angewachsenen Handelsvolumen gewinnt nicht zuletzt auch Ostia als Stadt eine Attraktivität, deren Sog die Anzahl ihrer Bewohner bereits nach relativ kurzer Zeit mit beträchtlichen städtebaulichen Folgen wahrscheinlich auf mehr als 50 000 ansteigen ließ. Dass dies für diese Stadt nicht ohne sichtbare Folgen bleiben konnte, bestätigen Investitionen in eine Erneuerung öffentlicher Gebäude wie Thermen, Theater und Tempel ebenso wie in Straßenbau und Infrastruktur, durch die der städtische Zuschnitt Ostias zu Gunsten eines anspruchsvolleren Stadtbildes deutlich aufgewertet worden ist. Freilich bestimmten nicht nur Investitionen in eine repräsentative Steigerung und Erneuerung der Stadtgestalt die baulichen Aktivitäten in dieser Stadt. Darüber |128| hinaus war ein verdichteter Wohnungsbau zu einem besonders aktuellen Thema geworden. Damit begann sich eine Architektur durchzusetzen, die auch zukünftig – und nicht nur in Ostia – das Stadtbild maßgeblich mitbestimmen sollte. Dies wurde vor allem durch einen stark angestiegenen Bedarf an Mietwohnungen ausgelöst, dem – wie bereits zuvor vor allem auch in Rom – der tradierte Wohnungsbau mit den vielfach überlieferten, ebenerdigen Atriumhäusern in keiner Weise mehr gewachsen war. In Rom war hierzu schon seit längerer Zeit der mehrgeschossige Wohnungsbau als eine brauchbare Alternative bekannt, obgleich er wegen der latenten Brandgefahr nicht unproblematisch war. Dabei gaben vor allem die oft in fragilem Holzfachwerk ausgeführten Aufstockungen Anlass, eindringlich vor einer solchen Bauweise zu warnen
( Vitruv 2. 8. 20 )
. Die mit dem städtisch verdichteten Geschossbau verbundenen Probleme sind offensichtlich auch an höchster Stelle des Staates aufmerksam zur Kenntnis genommen worden. Zumindest sah sich bereits Augustus veranlasst
( Strabon 235
) in Rom die maximal erlaubte Bauhöhe auf 70 Fuß und somit auf knapp 21 m zu begrenzen. Allerdings richtete sich dieser Erlass keineswegs gegen den in Rom ohnehin unverzichtbaren Massenwohnungsbau, sondern vor allem gegen einen von gierigen Spekulaten ungezügelt betriebenen Missbrauch. Darüber hinaus hat es Trajan anscheinend erneut für notwendig gehalten, die erlaubte Bauhöhe nochmals zu reduzieren und auf höchstens 60 Fuß festzulegen
( Epitome de Caesaribus 13
).
Der hiervon betroffene Geschossbau geht vor allem auf einen im Wohnungsbau vollzogenen und zugleich sehr grundsätzlichen Wandel zurück, der zuerst in Rom als der zur Weltmetropole angewachsenen Hauptstadt aktuell geworden war. Allerdings sind hier entsprechende Bauten in aller Regel so schlecht erhalten, dass nur selten deren antiker Zustand noch hinreichend zu erkennen ist. Dagegen überliefert das im 2. Jh. n. Chr. vor allem seit trajanischer Zeit aufblühende Ostia beispielhafte Bauten, von deren äußerer Gestalt und innerer Aufteilung sowie Erschließung noch genug erhalten ist, um von der großstädtischen Form, Funktion und Organisation des für diese römische Kaiserzeit typischen Massenwohnungsbaus einen brauchbaren Eindruck zu gewinnen. Offensichtlich hatte der mit dem Wohnungsbau verbundene Wandel im kaiserzeitlichen Ostia vor allem
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