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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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römischen Linien unbehelligt, und dass die ihm nachgerufenen Beleidigungen ernsthaften psychischen Schaden verursachen würden, damit war kaum zu rechnen.
    Becker atmete auf. Er wollte etwas sagen, doch dann erklang erneut vielstimmiges Geschrei von gotischer Seite. Und diesmal hatte es eine andere Qualität. Dies waren keine Hohnrufe. Dies war der Auftakt zum Angriff, das Gebrüll aufgeheizter Krieger, die sich Mut machten. Es war der martialische Lärm des unmittelbar bevorstehenden Sturms. Die tiefe Emotionalität ergriff auch Becker, niemand konnte sich davon losmachen. Und obgleich die römischen Legionäre weiterhin in einwandfreier und völlig bewegungsloser Formation standen, musste da unten jetzt so manchem Kämpfer das Herz in die Hose rutschten.
    Auch, wenn die meisten gar keine Hosen trugen.
    Becker nahm sich vor, nach dem entsprechenden römischen Ausdruck zu fragen, sobald Zeit und Gelegenheit dafür war.
    Dies war jetzt definitiv nicht der Fall.
    Die Goten waren bereit. Und die Flut setzte ein. Wie ein schwarzer, sich bewegender Teppich rannten die gut 40.000 gotischen Krieger, begleitet von ihrer zahlreichen Kavallerie, auf die stoische Wand der römischen Legionen zu. Das Getrampel der Füße und Hufe auf dem Schlachtfeld unterlegte das Kriegsgeschrei mit einem dunklen, bedrohlichen Klangteppich. Für eine Sekunde war Becker sehr froh, hier oben stehen zu dürfen. Nur eine Sekunde.
    Er nickte dem Cornicen zu. Der Bläser presste das Horn an die Lippen, gab dem Instrument alle Kraft, um den Lärm zu übertönen. Wieder wurde das Signal von den anderen Bläsern aufgenommen und schwappte schließlich zu den Hornisten hinab, die mit unten auf dem Schlachtfeld standen. Was die Goten wohl als römisches Signal zum Konter ansahen und mit erwartungsvollem Gebrüll kommentierten, war exakt das Gegenteil.
    Mit viel geübter Präzision schmolzen die römischen Truppen hinweg. Es war ein bemerkenswertes Manöver. Die blitzsauberen, exakt abgezirkelten Formationen lösten sich auf wie Eis in der Sonne. Die Legionäre warfen sich herum, schleuderten die Schilde und Speere von sich und rannten, was sie konnten, auf die Stadtmauer zu. Der anfangs immer geringer gewordene Abstand zwischen den Frontlinien wurde wieder breiter und das Geschrei der Goten höhnischer, denn für sie musste es wie eine heillose Flucht aussehen. Die Römer, gestärkt durch ihre Übungen und um ihre schweren Waffen erleichtert, machten schnell Boden gut, lediglich die gotische Kavallerie schloss zusehends auf. Becker beobachtete die Manöver durch sein Fernglas mit kaltem Kalkül. Dort waren einige rennende Legionäre gestrauchelt und wurden durch die Masse der heranstürmenden Goten fortgespült, hier erreichten eilige gotische Reiter römische Nachzügler und streckten sie von hinten nieder.
    Es war an der Zeit.
    Becker hob die Hand zum vereinbarten Zeichen.
    Das beinahe unmittelbar danach anhebende Stakkato der Schüsse war in seiner Wirkung nicht halb so erschreckend wie bei ihrem ersten Kampf gegen die Goten.
    Erst sah man nichts.
    Es war, als könnte sich niemand der Woge der heranstürmenden Barbaren entgegenstellen, die immer näher an die Stadtmauer brandete.
    Die römischen Legionäre zogen sich bereits durch die Tore in das Innere Thessalonikis zurück.
    Doch dann erkannte man es und die Goten fühlten es. Sie sahen, wie Dutzende ihrer Kameraden dahingefegt wurden, sie sahen, wie ganze Haufen grölender Krieger wie vom Donnerschlag getroffen wurden, wie ihre Körper aufrissen und Blut durch die Luft spritzte. Kein Schwert, kein Pfeil, kein Speer – und doch zusammenbrechende Männer, schreiende Pferde, deren Kehlen durch Geisterhand aufgerissen waren. Da warf ein Mann den Nacken zurück, auf der Stirn ein rotes Mal, und lag schon am Boden. Dort stanzten sich rote Punkte über die breite Brust eines mächtigen Kriegers und rissen ihn auf den Grund. Dort streiften die magischen Waffen nur Körper, schlugen Wunden, durchstießen Gliedmaßen, zerfetzten Haut und Knochen, nicht tödlich, aber voller Schmerz. Krieger, die Schlachten um Schlachten geschlagen hatten, schlugen wild um sich, als wollten sie unsichtbare Geister ergreifen und zerschmettern. Angst stand in den Augen wilder Hunnen, deren Pferde mit aufgerissenem Brustkorb zu Boden gingen, ihre Reiter mehr als einmal unter sich begrabend. Die Ersten, die ganz Abergläubischen, wandten sich bereits zur Flucht. Dort, wo Unterführer Befehle schrien, wurden die Rufenden schon

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