Kaiserkrieger 2: Der Verrat
genau im Auge.
»Immer noch rot?«, vergewisserte sich Rheinberg, obgleich die feine Rauchsäule nunmehr auch mit unbewaffnetem Auge gut erkennbar war.
»Rot, Herr Kapitän!«
»Feuern. Eine Salve.«
»Feuern, eine Salve, jawohl!«
Sekunden später erzitterte die Saarbrücken. Die Hafenwachen zuckten zusammen, duckten sich ängstlich, als aus den metallenen Rohren Feuer und Rauch schoss und ein ohrenbetäubendes Krachen über das Hafenbecken schallte. Glas zersplitterte dort, wo die Bewohner der angrenzenden Häuser sich Glas leisten konnten. Angstvolle Rufe begleiteten das Donnergrollen, das jedoch so schnell wieder verklang, wie es aufgetreten war.
Die Wirkung jedoch war fast unmittelbar. Rheinberg hatte Sprengmunition gewählt, die bei Aufprall explodieren würde. Die fünf Projektile, die die Saarbrücken abgefeuert hatte, brauchten kaum eine Sekunde, um den westlichen Bereich der Stadt zu erreichen. Sie hatten dies nicht üben können und so waren Fehlschüsse vorprogrammiert, egal, wie sorgfältig die Vorbereitung gewesen war.
Das brennende Torhaus wurde von einem 15-cm-Geschoss getroffen und verging in einem Inferno, zerschmetterte die Leiber hineinreitender gotischer Kavalleristen, die niemals auch nur geahnt hatten, was sie in den Tod riss.
Ein 15-cm-Geschoss traf eine angrenzende Taverne, durch die noch vor Minuten gotische Spione in die trügerische Sicherheit der Stadt geflüchtet waren, zerschlug das mehrstöckige Gebäude, detonierte mit mächtiger Druckwelle. Gäste, Wirt, Schankmädchen, alle wurden zusammen mit Steinen, Holz und Glas zu einer undefinierbaren Masse aus Blut, Eingeweiden und Baumaterialien verschmolzen. Sie hatten nicht einmal mehr Gelegenheit, ihr Entsetzen herauszuschreien.
Drei 10,5-cm-Projektile schlugen außerhalb der Stadtmauern ein, inmitten der gotischen Horden, und rissen große Löcher in die ohnehin schon panischen Kriegerhorden. Das neue Unheil aus dem Nichts, so viel gewaltiger als alles zuvor, brach den Mut der Invasoren endgültig. Der Angriff war vorbei und die Goten rannten davon.
Auf der Saarbrücken sah man von alledem nichts. Langenhagen und Rheinberg musterten Beckers Stellung. Erneut Rauch.
»Blau, Herr Kapitän!«
»Ich sehe es. Feuerlösung zwei, Langenhagen.«
»Feuerlösung zwei.«
Die Mündungen der Schiffsgeschütze bewegten sich um eine winzige Gradstellung nach oben, schnurrten um eine Kleinigkeit nach links oder rechts.
»Geschütze ausgerichtet, Herr Kapitän!«
»Feuer. Eine Salve.«
»Feuer, eine Salve, jawohl!«
Erneut sprachen die Kanonen, erneut führten sie zu Angst und Schrecken. Diesmal schlugen alle fünf Projektile außerhalb der Stadtmauern ein, und hier machten Fehlschüsse nichts aus, denn Ziele gab es genug. Fünf Krater entstanden in der Ebene vor der Stadt, gefüllt mit Leichen oder Verletzten, mit zerschlagenen, verbrannten Körpern, Mensch und Tier gleichermaßen. Menschliche Leiber wurden durch die Luft gewirbelt, die Druckwellen der Explosion rissen Krieger von ihren Beinen, ließen Pferde das Gleichgewicht verlieren.
Schrapnelle rissen tiefe Wunden in die Körper der Flüchtenden und verursachten grausame Verletzungen, wo sie nicht töteten. Offene, völlige Panik brach aus und die Goten rannten, was sie nur konnten, nicht ahnend, dass die Reichweite der Geschütze der Saarbrücken sie noch auf Kilometer erreichen konnte, wenn Rheinberg und Becker es so wollten.
Rheinberg starrte durch sein Fernglas.
»Das ist weißer Rauch, Langenhagen.«
»Ich bestätige weißen Rauch, Herr Kapitän!«
»Bringen Sie die Kanonen in Ausgangsstellung. Entladen erst auf mein Kommando. Die Kanoniere bleiben in Bereitschaft!«
»Ausgangsstellung und nicht entladen, Bereitschaft für die Kanoniere, jawohl!«
Rheinberg senkte das Glas ab. Er hatte es getan. Becker war mit dem Ergebnis offenbar zufrieden, sonst hätte er nicht das Signal zum Abbruch der Kanonade gegeben.
Goten waren in der Stadt. Thessaloniki zusammenschießen war keine Lösung. Hier konnte die Saarbrücken herzlich wenig ausrichten.
Das war jetzt ein Problem, das die Römer selbst lösen mussten.
»Die wissen genau, was sie tun!«, stieß ein atemloser von Geeren hervor. »Und unsere römischen Freunde – verdammt!«
Wieder war eine Gruppe Goten die Treppe emporgekommen. Die wenigen verbliebenen Legionäre warfen sich den Angreifern mit Todesverachtung entgegen. Von unten, dem Fuß der Stadtmauer, drangen Schreie nach oben, als Legionäre versuchten, den
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