Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
mit Priestern zu sprechen. Das würde die Unruhe und das Misstrauen eher noch vergrößern und gleichzeitig alle in einen Sack stecken. Es gibt schließlich auch arianische Kirchenmänner. Ich bin mir nicht sicher, was wir tun können, um dieses Problem zu lösen.«
»Was Ihr sagt, Magister Dahms«, ergriff Richomer das Wort, »ist, dass unser Plan, Ravenna zur zweiten Verteidigungslinie zu machen, bereits jetzt zum Scheitern verurteilt ist.«
»Das sind harte Worte«, ruderte der Angesprochene zurück. »Ich zweifle nicht daran, dass es viele unter uns gibt, die tapfer und ehrlich gegen Maximus kämpfen werden. Aber ja, ich denke, dass uns die Sache allmählich aus den Händen gleitet und wir in einer unangenehmen Situation sind.«
Theodosius, der der Diskussion bisher schweigend gefolgt war, räusperte sich.
»Meine Herren, ich habe die Senatoren und die anderen Offiziere gestern Abend zu einem Essen geladen«, sagte er mit leiser Stimme. »Dort wurde besprochen, dass ich sogleich nach Ankunft des Heermeisters per Akklamation von Armee und Senat zum Nachfolger Gratians ernannt werden soll.«
Keiner der Männer war überrascht. Jeder wusste, dass dieser Schritt sich als zunehmend unausweichlich abgezeichnet hatte.
»Sobald ich Kaiser bin, kann ich Entscheidungen treffen. Dahms’ Worte haben mich überzeugt. Ich bin der Auffassung, dass wir Ravenna nicht werden halten können. Wir müssen uns stattdessen in den Osten zurückziehen, nach Konstantinopel. Die Stadt ist uneinnehmbar. Von dort aus, mit den Potenzialen des Ostens, können wir den Kampf gegen Maximus führen.«
Der Spanier sah Dahms an und lächelte. »Ich habe erfahren, dass ich in einer anderen Zeit, Eurer Vergangenheit, so ähnlich gehandelt habe.«
Dahms nickte. »Das stimmt. Es hat ziemlich lange gedauert, aber die Voraussetzungen waren auch andere. Ich habe Sympathie für Eure Vorschläge. Aber ich befürchte, dass es dafür bereits zu spät ist, wenn es Teil Eures Plans war, die hier versammelten Truppen erfolgreich in den Osten zu verlegen, um sie als Basis für die Armee zu nutzen, mit der wir dann gegen Maximus vorgehen können.«
»Was meint Ihr?«
Dahms wies auf die Reichskarte, die hinter ihnen an der Wand hing.
»Maximus ist zu nahe, das meine ich damit. Selbst wenn wir heute losmarschierten, bekäme der Usurpator davon schnell genug Wind. Er würde seine Marschrichtung ändern und uns den Weg abschneiden. Für eine große Feldschlacht sind unsere Truppen zahlenmäßig zu gering, zu schlecht ausgebildet, zu wenig erfahren, ohne den wichtigen taktischen Vorteil der deutschen Infanterie aufgrund des bereits angesprochenen Munitionsmangels. Die Wahrscheinlichkeit, dass Maximus uns ohne die Rückendeckung der Saarbrücken und ohne den Schutz von Stadtmauern erledigt, ist relativ groß. Wir haben schlicht zu wenig Vorsprung, um vor ihm davonlaufen zu können. Wir haben auch nicht genug Schiffe, um größere Truppenteile zu bewegen. Die Flotte ist in Konstantinopel. Wir hätten eine solche Entscheidung viel früher treffen müssen. Jetzt ist es dafür zu spät.«
»Also sind wir hier gebunden und müssen aus der Situation das Bestmögliche machen«, fasste Richomer das Gesagte zusammen. »Wir sollten so viele Zivilisten wie möglich aus der Stadt evakuieren, am besten Richtung Süden. Wenn es so kommt, dass wir nur mit Unterstützung der Feuerkraft der Saarbrücken gewinnen können, wird die Stadt unausweichlich Schaden nehmen.«
»Viele Bürger wollen nicht gehen«, warf Renna ein. »Ein Evakuierungsbefehl wird den Unwillen noch verstärken.«
»Wir setzen ihn mit Gewalt durch!«, rief Richomer und ballte die Fäuste. »Irgendwann ist es genug mit der Rücksichtnahme! Wir wollen die Leben dieser Menschen retten!«
»Sie werden sagen, die beste Methode, das zu tun, sei, die Schlacht ganz zu vermeiden«, meinte Renna düster. »Uns Maximus zu ergeben würde schließlich alle Probleme lösen.«
Dahms sah Renna einen Moment lang seltsam an. Er schwieg aber, da nun der zukünftige Kaiser erneut das Wort ergriff.
»Das ist absurd. Damit würden wir all das, was wir bisher erreicht haben, aufs Spiel setzen. Maximus ist nicht unfähig, aber er ist ein Fanatiker. Mit ihm als Kaiser …«
Es war durchaus erstaunlich, diese Worte aus dem Munde des Theodosius zu hören, vor allem, wenn man bedachte, dass er in Dahms’ Vergangenheit den Beinamen »der Große« für seine Bestrebungen zur Etablierung der trinitarischen Staatskirche erhalten
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