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Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Titel: Kaiserkrieger 4: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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wusste, dass die größte Gefahr darin bestand, dass der Meiler Feuer fing und sich und seinen wertvollen Inhalt verzehrte. Und das Glimmen aus den Öffnungen sowie der Rauch, der aus dem Meiler trat, deuteten für ihn darauf hin, dass dieser Zeitpunkt nicht mehr weit entfernt war.
    Mit großer Vorsicht umrundete er das Bauwerk. Er genoss die Wärme, die es ausströmte. Sie gab das Versprechen von Trockenheit, trockener Haut und trockener Kleidung.
    Godegisel konzentrierte sich. Eines nach dem anderen.
    Als er den Meiler etwa zur Hälfte umrundet hatte, erblickte er einen kleinen Holzverschlag, der nicht einmal den Begriff »Hütte« wert war. Es war lediglich ein schräges Dach aus Zweigen, aufgestützt an zwei Holzbalken, nach vorne völlig offen. Davor befand sich ein kleines, mittlerweile erloschenes Lagerfeuer. Godegisel sah ein Bündel mit Habseligkeiten, darunter etwas, das vielversprechend nach Nahrungsmittel aussah. Unter dem Verschlag ragten zwei Füße hervor. Der Gote vermutete, dass der Köhler eingeschlafen war, eine der größten Gefahren, die dieser Beruf mit sich brachte.
    Für einen winzigen Moment zögerte er. Köhler waren keine reichen Leute. Und dieser hier würde, wenn sein Meiler abfackelte, große Probleme bekommen. Ihm etwas von seinen Habseligkeiten zu stehlen …
    Der Gote schob den Gedanken beiseite. Er war hungrig. Das war alles, an was er jetzt noch denken konnte.
    Er schritt vorsichtig weiter, lugte in die Öffnung des Verschlags.
    Dann entspannte er sich.
    Es bestand kein Grund für besondere Vorsicht.
    Der Mann war tot.
    Der Köhler war bereits älter, jedenfalls sah er so aus. Das Leben hier ließ die Menschen früh altern, sodass man von ihrem Aussehen schwer auf ihre tatsächliche Lebenszeit schließen konnte. Er hatte den Zenit seines Lebens aber sicher schon lange überschritten. Es war kein Zeichen von Gewalt zu erkennen. Der alte Mann war, so vermutete der Gote, während seiner Arbeit eingenickt und dann im Schlaf gestorben. Es konnte noch nicht so lange her sein, denn der Meiler hatte ja noch kein Feuer gefangen.
    Der junge Gote kniete sich nieder. Er scheute davor zurück, sich direkt neben die Leiche zu hocken, obgleich es im Verschlag bemerkenswert trocken aussah – das Dach schien sehr dicht zu sein. Godegisels Hände fuhren durch die Habseligkeiten des Verstorbenen. Im Bündel fand er ein trockenes Hemd, frisch gewaschen, aber auch ein hartes Stück Käse, einen Kanten Brot sowie etwas Schrot, das mit warmem Wasser zu einem Brei verarbeitet werden konnte. Neben der erloschenen Feuerstelle stand eine metallene Schüssel, in der man Wasser kochte. Schließlich fand Godegisel neben dem Toten eine kleine Amphore, deren Öffnung war mit einem Pfropfen fest verschlossen. Er öffnete sie und schnupperte daran. Verdünnter Wein, der leicht säuerlich roch. Godegisel nahm einen vorsichtigen Schluck. Nach all den Entbehrungen der letzten Tage kam ihm das Gesöff wie der edelste Tropfen vor, den er je gekostet hatte.
    Er schloss die Augen und nahm einen weiteren Schluck.
    »Wer sind … Vater!«
    Eine helle Stimme, die einer Frau, vor voller Schrecken und Angst.
    Godegisel stand langsam auf, drehte sich um, die rechte Hand betont von seinem Schwertgriff entfernt. Vor ihm stand eine junge Frau, keine zwanzig Jahre alt, in einem dreckigen, einfachen Kleid. In einer Hand hielt sie eine Art Kanne mit einem Holzdeckel, aus dessen Rand Dampf hervorquoll. Es roch verheißungsvoll. Suppe.
    Suppe für den toten Vater.
    Godegisel blickte in das Gesicht der Frau und suchte nach Tränen. Er sah in die verhärmt wirkenden Augen, musterte die Falten, die sich bereits in die Züge gegraben hatten, sah die schmutzigen, schwarzgrauen Hände. Keine Tochter eines römischen Adligen oder auch nur eines wohlhabenden Handwerkers oder Händlers. Eine Frau, wie er ihnen oft in seinem eigenen Volk begegnet war. Den Vater bei den Hunnen verloren, die Mutter auf der Flucht gestorben, der kleine Bruder an der Grenze zum Römischen Reich verhungert, sie sich selbst für einen geschlachteten Hund an einen römischen Offizier verkauft. Es war dieser Blick eines Menschen, der in seinem kurzen Leben dermaßen viel Leid und Entbehrung mitgemacht hatte, dass selbst ein weiterer Tod nichts mehr war, was ihn aus der Abgestumpftheit reißen würde.
    Wie zur Bestätigung traf ihn ihr Blick, aus dem Hoffnungslosigkeit genauso wie stille Trauer sprach.
    »Und? Was geschieht mit mir?«
    Eine einfache Frage, ohne jede

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