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Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Titel: Kaiserkrieger 4: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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entgegenzusetzen hatte. Und obgleich er es hätte tun können, dieser dünnen, zerbrechlichen und doch so kräftigen Frau wollte er nichts stehlen. In gewisser Hinsicht dankte Godegisel Gott dafür, dass er sich trotz aller Wirrnisse dieses Maß an Menschlichkeit bewahrt hatte.
    Es dauerte eine weitere halbe Stunde – mittlerweile war es dunkel geworden –, dann schien der Meiler zur Zufriedenheit der jungen Frau vor sich hin zu glühen. Ohne auch nur einen Moment innezuhalten, setzte sie die Kanne, die die ganze Zeit wie vergessen im Gras gestanden hatte, auf die Feuerstelle, entfachte ein Lagerfeuer, holte Brot und Käse aus dem Bündel, reichte Godegisel die Amphore mit dem Wein und bot an, Bier aus der Hütte zu holen. Der Gote lehnte dankend ab, was die Frau schweigend akzeptierte. Minuten später brannte ein wärmendes Feuer, dann bekam der Gote etwas, von dem er tagelang geträumt hatte: eine warme Suppe. Das Brot war hart, saugte die heiße Flüssigkeit aber gut auf und der Käse schmeckte erstaunlich würzig.
    Andererseits hätte ihm in seinem Zustand so ziemlich alles Essbare hervorragend gemundet.
    Die Frau teilte mit ihm, wie sie es versprochen hatte. Das bedeutete, dass sie ihm den Großteil der Nahrung überließ, nur stumm in das Feuer starrte und wahrscheinlich Gedanken an ihren verstorbenen Vater nachhing – und an ihre eigene Zukunft. Würde man ihr gestatten, die Köhlerei des Vaters weiter zu betreiben? Godegisel kannte sich mit den Gebräuchen und Gesetzen der Römer noch nicht gut genug aus, aber er bezweifelte es. Sein Blick fiel auf den Meiler. Er war das Vermächtnis des Toten und es würde wohl der letzte sein, der in seiner Familie aufgeschichtet worden war.
    Als er wieder zum Feuer sah, fiel sein Blick in die Augen der jungen Frau. Es schien, als habe sie ähnliche Gedanken gehabt und sei zu einem vergleichbaren Schluss gekommen.
    »Wie heißt du?«, fragte sie schließlich.
    »Godegisel.«
    Sie verzog ihr Gesicht. Sie hatte eine kleine Stupsnase, die sie wunderbar kräuseln konnte. Sie kontrastierte zum harten Blick der graugrünen Augen, wie er fand.
    »Was ist das für ein Name?«
    »Ein gotischer.«
    »Gote, ja?«
    Sie blickte ins Feuer, legte einige Zweige nach.
    »Goten haben wir hier nicht viele. Franken, ja, aber Goten … Du bist Römer?«
    »Ja – seit Kurzem.«
    »Freigelassen?«
    »Nein, ich war nie Sklave.«
    Sie nickte, offenbar zufrieden mit der Antwort. »Meine Eltern waren Freigelassene. Sie haben schlechter gelebt als zu Zeiten ihrer Sklaverei, aber sie waren froh darüber.«
    Der Gote antwortete nicht.
    »Ich bin Pina.«
    »Es tut mir leid wegen deines Vaters«, brachte Godegisel hervor.
    Sie nickte erneut.
    »Was wirst du jetzt tun?« Er machte eine Handbewegung in Richtung des Meilers.
    »Jetzt gleich? Die Arbeit beenden, die Holzkohle verkaufen. Und dann muss ich mir einen Mann suchen. Mein Vater meinte, das hätte ich längst tun sollen – oder er für mich. Doch hier draußen …«
    Ein Schulterzucken. Ein flüchtiger, abwägender, ja sehr berechnender Blick in Godegisels Richtung. Nein, korrigierte er sich. Der Blick eines Fuchses, der einem Hasen auflauerte.
    Er nahm einen weiteren Schluck Wein.
    »Was ist dein Handwerk?«, fragte Pina wie beiläufig.
    »Ich bin … Krieger.«
    »Legionär? Du bist zu jung, um die Dienstzeit bereits beendet zu haben.«
    »Nein, nicht bei den Legionen. Ich habe bis vor Kurzem gegen die Legionen gekämpft. Dann gab es Frieden und jetzt bin ich Römer. Seitdem habe ich nicht mehr gekämpft.«
    Das war nicht ganz richtig, aber Godegisel sah keinen Sinn darin, die ganze Wahrheit auszubreiten.
    »Wovon lebst du?«
    Godegisel sah an sich herunter. Er war jetzt einigermaßen trocken, hier, unter dem schützenden Verschlag und vor dem flackernden Feuer. Er fühlte sich auch besser, mit einer warmen Mahlzeit im Magen und Wein dazu. Aber er machte sich keine Illusionen über seinen äußeren Zustand.
    Pina deutete seinen Blick richtig und zupfte sich unbewusst das Haar zurecht. Dann lächelte sie.
    »Wohin bist du unterwegs? Suchst du Arbeit?«
    »Ich will nach Süden, nach Ravenna.«
    Wenn Pina über diese Antwort enttäuscht war, dann zeigte sie es nicht.
    »Du hast Arbeit in Ravenna?«
    »Das weiß ich noch nicht. Aber ich muss jemanden treffen. Es ist … sehr wichtig.«
    Die Frau nahm diese Erklärung, so schwach sie auch war, zur Kenntnis. Sie warf einen sinnierenden Blick auf den Meiler.
    »In zwei Tagen ist die Kohle fertig«,

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