Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
Kosten und Mühen gescheut, um dem jungen Caius Wissen und Gelehrsamkeit zukommen zu lassen. Caius wiederum hatte keine Kosten und Mühen gescheut, den Lehrern zu entkommen und stattdessen zu erforschen, wie weit man sich dem Trunk und leichten Mädchen ergeben konnte. Das war ein Forschungsgebiet, in dem er es zu wahrer Expertise gebracht hatte – und er schien auch jetzt immer noch neue Aspekte darin zu entdecken.
»Äh …«, sagte Caius.
»Ich erinnere dich gerne, Herr meines Herzens«, flötete Julia zuckersüß und rückte ein wenig von ihrem Mann ab, um seinem Gestank zu entkommen. »Es ist doch allgemein bekannt, dass größte Gefahr besteht, wenn man einer Hochschwangeren wie mir beiwohnt!«
»Gefahr?«
»Aber ja, mein Schatz! Du bist ein Mann voller Kraft und ausgestattet wie ein Bulle! Als du mir damals unser Kind geschenkt hast, fühlte ich mich, als hätte mich ein heiß geschmiedetes Schwert aufgespießt und bis zum Rücken durchbohrt. Du weißt gar nicht, wozu dein kleiner Martinus imstande ist!«
Ein geschmeicheltes Lächeln umflog die Mundwinkel ihres Mannes. Unwillkürlich schob er seine Brust etwas heraus, ein Effekt, der durch den ungleich voluminöseren Bauch darunter etwas an Wirkung verlor. Natürlich hatte es diese Liebesnacht nie gegeben, denn Caius war volltrunken gewesen. Aber Julia hatte die Geschichte jetzt so oft erzählt, dass er fest daran glaubte. Und seitdem war es ihr gelungen, seinen Begehrlichkeiten durch farbenfrohe und kreative Ausreden immer wieder zu entkommen.
»Aber …«, sagte er, doch sie unterbrach ihn sogleich.
»Nun stell dir mal vor, wenn du mich jetzt erneut mit all dieser männlichen Kraft pfählst! Ja, meine Schreie der Lust wären zu ertragen, auch wenn ganz Noricum darüber reden würde! Aber die Gefahr für unser Kind!«
Sie senkte die Stimme. »Es könnte verletzt werden! Dein Stammhalter! Der Stolz der Familie! Der Stolz deines Vaters!«
Caius Martinus schaute sie mit geweiteten Augen an. »Wirklich?«
»Aber ja«, flüsterte sie fast schon verschwörerisch. »Ist dir dies nicht bekannt? Die Frucht deiner Lenden durch deine Lenden verletzt! Das kannst du nicht ernsthaft wollen, mein Gatte!«
»Aber nein, nein«, brachte dieser hervor. Als sein unsteter Blick suchend umherfuhr, hatte Julia den mit Wein gefüllten Kelch schon bereit.
»Hier, liebster Caius«, säuselte sie, als dieser eifrig danach griff. »Entspanne dich. Bald schon, bald, ist unser Sohn geboren. Und dann, nach einem halben Jahr oder so …«
Caius verschluckte sich fast. Wein spritzte auf die Tunika und erneuerte die Flecken. »Ein halbes Jahr?«
»Nun ja«, meinte Julia mit hochgezogenen Augenbrauen. »So lange dauert es, bis eine Frau wieder bereit ist. Du weißt, wir bluten sehr viel und riechen nach Fisch. Das wird direkt nach der Geburt sehr schlimm. Männer können dann krank werden.« Sie tätschelte ihm die weiche Schulter. »Und wir wollen dem kleinen Martinus doch kein Ungemach bereiten.«
»Nein«, bestätigte der große Martinus. »Das wollen wir wohl nicht.«
Er schaute in seinen Kelch, der, wie durch Zauberhand, wieder aufgefüllt worden war. Er trank.
Es gab zweifelsohne auf dieser Welt keinen größeren Narren als ihren Ehemann, befand Julia nicht ohne Freude.
Ansonsten war sie einfach nur gelangweilt.
Der lange Aufenthalt in Noricum näherte sich dem Ende, das war die gute Nachricht. Für die Provinz hatte Julia nie sonderlich viel übrig gehabt, aber sie hatte ausgeharrt in der Hoffnung, noch etwas von Thomas Volkert zu hören, dem Mann, der der eigentliche Vater ihres Kindes war. Sie hatte die Kontakte ihres Schwiegervaters in der Region dabei so dezent ausgenutzt, wie es ihr möglich gewesen war. Sie durfte auf der einen Seite keinen Verdacht erregen, auf der anderen Seite blieben ihr nicht viele Möglichkeiten der Informationsbeschaffung. Doch es gab keine klaren Hinweise darauf, was der ausgesandten Truppe im Land der Quaden zugestoßen sein könnte. Allerdings machte sich derzeit auch niemand deswegen übertriebene Sorgen: Solche Feldzüge, und dienten sie auch nur zur Sondierung der Lage, konnten schließlich Monate, ja Jahre dauern, und die Truppe war doch erst seit recht kurzer Zeit unterwegs.
Julia konnte dieser fatalistischen Sichtweise nicht sonderlich viel abgewinnen. Sie hoffte darauf, dass ihr Thomas einen Weg finden würde, die Truppe zu verlassen und sie aus dem Gefängnis ihrer Ehe mit einem ungeliebten, tumben Trunkenbold zu befreien.
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