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Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Titel: Kaiserkrieger 4: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Plauderei konnte er hier nicht erwarten.
    Niemand »plauderte« mit dem Heermeister – außer dem Kaiser vielleicht.
    Die Räumlichkeiten waren nicht so groß, wie man sie sich von einem echten Reichsarchiv erwartet hätte, tatsächlich wurden hier nur die aktuellen Dokumente aufbewahrt, wobei »aktuell« durchaus nicht eindeutig definiert war. Viele ältere Schriftstücke, soweit noch erhalten, lagerten etwa in Konstantinopel oder in Rom selbst, sehr vieles aber, wenn offenbar nicht mehr benötigt, wurde nach einiger Zeit vernichtet. Pergament wurde oft wiederverwendet; zu diesem Zweck wurde bei der Aufbereitung die oberste Schicht abgekratzt. Immerhin, ein Bericht aus einer Garnison vom letzten Jahr sollte sich noch wiederfinden lassen, zumindest war dies Rheinbergs Hoffnung.
    Rheinberg brauchte einen Moment, um einen Schreiber zu finden, der seinem Anliegen Gehör schenkte. Es war ein älterer Mann mit einem sorgsam gepflegten Backenbart, der sich Rheinbergs Bitte mit leicht seitwärts gelegtem Kopf anhörte, ehe er die Stirn in Falten legte.
    »Ich denke, das ist eine interessante Aufgabe für unsere Neue.«
    Rheinberg blickte den alten Mann kritisch an. »Ich hätte das Dokument gerne noch heute Abend.«
    Der Mann winkte lächelnd ab. »Natürlich, natürlich. Ich werde selbst darüber wachen. Folgt mir.«
    Rheinberg tat wie ihm geheißen. In die Wände eingelassene Regale, meist auf den Spitzen stehende Quadrate, in die man aufgerollte Pergamente hineinlegen konnte, reihten sich aneinander, oft mit für den Deutschen eher kryptischen Wegweisern versehen. Das Archiv wirkte ausgestorben und düster, nur erhellt durch gelegentliche Öllampen, sorgsam in Metallkästen platziert oder in Nischen in den Wänden installiert, um die Feuergefahr zu reduzieren.
    Der Deutsche wollte schon an die Dringlichkeit seines Auftrages erinnern, da blieben sie vor einer schlanken Gestalt stehen, die über ein Pult gebeugt ein Dokument kopierte.
    »Aurelia!«, sagte der alte Mann.
    Rheinbergs Herz machte einen Sprung.
    Die junge Frau hob den Kopf und sah dem Deutschen direkt in die Augen.
    Es konnte gar keinen Zweifel geben – es war seine ehemalige Sklavin!
    Rheinberg spürte, wie er rot anlief. Glücklicherweise fiel dies bei der allgemein schlechten Beleuchtung nicht sonderlich auf – zumindest war das seine Hoffnung.
    Der alte Mann beobachtete die Reaktion der beiden Jüngeren aufmerksam.
    »Ich … es scheint mir, dass …«, begann er umständlich.
    »Ja, wir kennen uns«, nahm ihm Aurelia den Satz ab.
    »Ja«, brachte Rheinberg mehr krächzend heraus.
    Der alte Mann räusperte sich. »Nun, der Heermeister hier benötigt ein Dokument. Wir werden es ihm gemeinsam bringen. Versuche, dich an meine Lektionen von heute Vormittag zu erinnern. Dann solltest du uns in etwa den Bereich zeigen können, wo wir es finden werden.«
    Aurelia senkte den Kopf. »Ja, Meister.« Sie lauschte aufmerksam den Angaben des alten Mannes, dann nickte sie. Ohne Rheinberg eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte sie sich um und wanderte die Regalwand entlang. Die beiden Männer beeilten sich, ihr zu folgen. Als sie sie erreicht hatten, hielt Aurelia bereits ein zusammengerolltes Dokument in Händen, das sie Rheinberg mit der Andeutung eines Lächelns übergab. Bevor dieser es jedoch nehmen konnte, fuhr die Hand des Schreibers dazwischen, der erst einmal prüfen wollte, ob es sich in der Tat um das gesuchte Papier handelte. Für diese wenigen Sekunden, die er benötigte, um das Pergament zu entrollen und seinen Inhalt zu begutachten, trafen sich die Blicke Aurelias und Rheinbergs.
    Der junge Mann war wie hypnotisiert. Er brachte kein Wort hervor.
    Dann hielt ihm der Schreiber das Dokument hin.
    »Es ist das richtige. Gut gemacht, Aurelia.«
    »Ich … bedanke mich«, sagte Rheinberg, der seinen Blick nicht von der ehemaligen Sklavin lösen wollte. Er schalt sich einen Narren. Sie war frei. Jetzt konnte er doch …
    Er räusperte sich.
    »Vielleicht – es ist spät, und es …«, begann er.
    »Sicher«, erwiderte sie.
    Er schaute sie fragend an.
    »Ihr wollt wissen, ob ich Euch noch auf ein spätes Mahl begleiten möchte«, meinte Aurelia lächelnd. Der Schreiber sah sie sowohl warnend wie auch entsetzt an. Solch offene Rede gegenüber einem hochgestellten Mann war für eine junge Frau nicht nur unüblich, sie war auch unhöflich, ja geradezu empörend. Es war deutlich, dass er nicht wusste, was er zuerst tun sollte: Aurelia zurechtzuweisen oder

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