Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Namen?«
»Nein, aber ich kenne ihn. Und das, was die Leute so reden.«
Engus lachte auf. »Dann haben wir ja eine wunderbare Grundlage für unser Gespräch.«
Godegisel steckte das Papier wieder ein und wurde ernst.
»Ich komme mit einer Bitte.«
»Einer Bitte des Heermeisters?«
»So ist es.«
Engus seufzte und erhob sich. Er spazierte zum Fenster und sah auf die staubige Straße hinaus, ehe er antwortete. »Es fällt mir schwer, mir dies auch nur anzuhören. Du weißt, dass es derzeit keinen anderen Anführer der Goten gibt als den Kaiser Roms. Er kann uns Befehle geben.«
Godegisel schnaufte abfällig. »Du weißt, dass das nicht stimmt. In dreißig oder vierzig Jahren vielleicht, aber derzeit nicht. Und – welcher Kaiser soll dir denn Befehle erteilen, Engus?«
Der inoffizielle Gotenführer lächelte Godegisel zu. »Ja, das ist die Frage, um die es eigentlich geht, nicht wahr, mein Freund?«
Godegisel senkte den Kopf. Engus war zu Recht ein angesehener Mann. Er benutzte seinen Kopf nicht nur, um Nahrung hineinzustecken.
»Wie ist die Stimmung im Volk?«, fragte er.
»Abwartend. Gratians Tod hat keine tiefe Trauer ausgelöst, aber auch keine große Begeisterung. Theodosius ist uns ebenso unbekannt wie Maximus, obgleich Fritigern versucht hat, ihm gefällig zu sein. Daran warst du ja nicht ganz unbeteiligt.«
»Es war ein Fehler.«
»Einer der Gründe, warum Fritigern nicht mehr für uns spricht.«
»Dann bin auch ich in Ungnade gefallen?«
»Du hast dich als recht selbständig erwiesen. Ich will dich anhören.«
Godegisel schüttelte den Kopf und hob das Papier in seinen Händen. »So weit geht meine Selbständigkeit, Engus.«
»Ich finde deine Karriere beeindruckend.«
»Mich bedrückt sie eher.«
»Was ist das Angebot Rheinbergs?«, kam Engus zum Punkt.
Godegisel seufzte. »Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich kann dir sagen, was er sich erhofft. Er erhofft sich ein Gotenheer, das sich gegen Maximus wendet, und das so bald wie möglich. Er möchte mit den Truppen aus Thessaloniki in unser Siedlungsgebiet marschieren und so viele gotische Krieger mitnehmen, wie er nur kann. Er will, dass wir für das Reich kämpfen.«
»Für ihn. Für Theodosius.«
»Er sieht das anders.«
»Er ist ein seltsamer Mann.«
»So viel ist richtig.«
Engus schwieg, schaute wieder aus dem Fenster. »Und sein Angebot?«
»Was ist dein Wunsch?«
»Ha!«, machte der Gotenführer und kam zu seinem Gast zurück, setzte sich hin. »Das amüsiert mich. Wir haben aus seiner Hand bereits eine große Gnade erfahren: Er hat uns nicht ausgelöscht, als er die Möglichkeit dazu hatte. Er hat uns das gegeben, weswegen wir Rom betreten haben: Land. Er hat uns nicht bestraft. Er hat uns darüber hinaus unsere Freiheit genommen, denn wir sind nun römische Bürger.«
Die letzten Worte sprach er fast wie ein Schimpfwort aus. Godegisel hatte Schwierigkeiten zu ermessen, was Engus ernst meinte und wo er sarkastisch geworden war. Er beschloss, sich darauf nicht weiter einzulassen.
»Alles hat seinen Preis. Dein Haus erscheint mir nicht wie ein Gefängnis, Engus. So, wie ich gehört habe, lassen dich die römischen Behörden nicht nur in Ruhe, sie konsultieren dich auch regelmäßig in allen wichtigen Fragen. War da nicht die Rede, dir den Titel eines Dux zu geben und einen römischen Ritter aus dir zu machen?«
Engus lächelte. »Du bist gut informiert, mein Freund. Ja, die Haltung der Römer hat sich uns gegenüber geändert, und ja, Gratian und damit indirekt Rheinberg sind dafür verantwortlich. Reicht das, um meine Männer in die Schlacht zu schicken?«
»Maximus ist ein orthodoxer Trinitarier. Wir alle wissen, was es bedeuten wird, wenn er erst Kaiser von ganz Rom wird.«
Engus schürzte die Lippen und wackelte mit dem Zeigefinger. »Ich weiß, dass Theodosius auch ein orthodoxer Trinitarier ist, Godegisel. Für beide sind die arianischen Goten nicht viel mehr als Häretiker.«
»Theodosius hat sich etwas weiterentwickelt. Er wird durch die Zeitenwanderer unterstützt. Wenn er Kaiser wird, glaube ich nicht, dass es zu Verfolgungen oder Pogromen kommen wird, Engus. Im Falle des Maximus wäre ich mir da nicht so sicher.«
»Du machst mir keine Angst.«
»Ich zeige dir Optionen auf, Engus.«
»Du drohst mir mit Konsequenzen.«
»Konsequenzen deines Handelns, keine Konsequenzen jener, für die ich spreche. Rheinberg ist niemand, der zur Rache neigt. Sonst wäre ich nicht mehr am Leben. Ich habe seinen Freund und
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