Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Stellvertreter getötet.«
Engus sah Godegisel an und seufzte. »Ich muss darüber nachdenken. Du wirst über Nacht bleiben?«
»Wenn ich willkommen bin?!«
»Bewerte meine kritischen Worte nicht als mangelnde Gastfreundschaft oder als Unwille, Godegisel. Ich habe keine offizielle Autorität, aber trotzdem sehen mich viele an mit der Erwartung, dass ich ihnen Orientierung gebe. Das ist im täglichen Leben und Umgang mit römischen Behörden etwas anderes, als wenn ich zu einem Feldzug aufrufe. Viele Goten sind ganz froh, ihre Felder bestellen zu dürfen und keinen Krieg mehr führen zu müssen.«
»Ich würde mich darüber auch freuen. Aber es ist so, wie es ist.«
»Ja.«
Engus schloss die Augen.
»Willkommen in meinem Haus, Godegisel.«
14
Joergensen hatte die Wache.
Als es darum gegangen war, den Wachplan einzurichten, hatte er sich freiwillig gemeldet. Dafür gab es drei Gründe. Zum einen war er schon immer jemand gewesen, der sich bereit erklärte, unangenehme Dienstpflichten zu übernehmen, wenn dadurch Kameraden frei bekamen, denen er ansah, dass sie der Abwechslung bedurften. Hätte er sich nicht gemeldet, wäre Langenhagen hiergeblieben, und der hatte einen erschöpften Eindruck gemacht. Zum Zweiten war Joergensen gerne alleine für den Kreuzer verantwortlich, genoss das Kommando, denn dafür hatte er sich schließlich freiwillig zur Kriegsmarine gemeldet. All der Dienst an Land, so notwendig er auch sein mochte, war nicht das seine. Er beneidete Rheinberg nicht um seine neuen Pflichten. Er wehrte sich mit Händen und Füßen gegen jede Aufgabe, die nicht mit der
Saarbrücken
zu tun hatte. Zum Dritten musste er über Tizia hinwegkommen, die er in Ravenna kennengelernt und während der Wirren des Aufbruchs aus den Augen verloren hatte. Eigentlich hatte er für sie einen Platz auf einem der Dampfsegler arrangiert, doch als die Zeit zum Aufbruch gekommen war, tauchte sie nicht am Kai auf. Er wusste nicht, woran es lag, ob nun an einer simplen Behinderung ihres Weges, an ihrem Bedürfnis, im heimatlichen Ravenna zu bleiben, wo sie geboren worden und aufgewachsen war, oder vielleicht sogar an ihm, der vielleicht zu viel in zu kurzer Zeit erwartet hatte. Er hatte sie erst zwei Monate vor ihrer Flucht nach Konstantinopel kennengelernt, älteste Tochter eines der Handwerker, die von Dahms ausgebildet und angeleitet worden waren. Joergensen war nie besonders gut mit Frauen gewesen, sie stellten für ihn eher eine Quelle der Verwirrung dar, und wenn die Sprache unter den Kameraden darauf kam, hielt er sich mit der üblichen Angeberei lieber zurück. Er war kein Kind von Traurigkeit gewesen, das nicht, aber er war ein viel zu ernsthafter Mann, als dass er sich damit begnügt hätte, von einem Flittchen zum nächsten zu segeln, wie es manche seiner Kameraden vorzuziehen schienen – oder zumindest behaupteten.
Und so nutzte er die Zeit der Wache, um auch über dieses Thema noch einmal in Ruhe nachzudenken. Die Tatsache, dass er von Pferderennen nicht allzu viel hielt, hatte ihm auch sehr dabei geholfen, sich vom Hippodrom fernzuhalten. Was ihn an der Antike am meisten störte, waren Pferde. Sie waren groß, stanken und bewegten sich unberechenbar. Sie waren launisch und man konnte von ihnen herunterfallen. Als Rheinberg den Befehl gegeben hatte, dass alle Offiziere das Reiten zu erlernen hätten, war Joergensen an diese Aufgabe mit der gebotenen Zurückhaltung herangegangen. Sein Reitlehrer war über die Leistungen des deutschen Offiziers auch wenig begeistert gewesen. Irgendwann hatten sie es beide aufgegeben, es gab ja auch sonst mehr als genug zu tun. Den Tieren dabei zuzusehen, wie sie im Kreis liefen, entbehrte jeder Attraktivität. Und seinen Sold hielt er zusammen und wollte ihn nicht im Glücksspiel vergeuden. Und wer wusste schon, vielleicht wurde es ja, auf irgendwelchen verschlungenen Wegen, doch noch etwas mit Tizia. Da konnte es nicht schaden, genug beisammenzuhaben, um sich vielleicht ein kleines Haus leisten zu können. Väter achteten auf diese Dinge, sowohl römische wie auch deutsche, da gab es über die Jahrhunderte keinerlei Unterschiede.
Die Wachen am Kai sahen auch eher entspannt aus. Es waren gut zwanzig Legionäre, die in der Nähe des Fallreeps standen. Auf der Seite der
Saarbrücken
passten vier Matrosen mit Gewehren auf. Seit dem Angriff der Priester damals in Ravenna herrschten immer strenge Sicherheitsvorkehrungen auf der
Saarbrücken.
Joergensen hatte
Weitere Kostenlose Bücher