Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Flucht, Volltrottel. Andragathius’ Vormarsch als massiver Angriff war nicht in unserer Planung enthalten. Wir brauchen ein besseres Schlachtfeld.«
»Rheinberg rechnet damit, dass wir den Westen halten, damit er vom Osten aus angreifen kann.«
»Wir können wieder übersetzen, wenn es so weit ist. Wir können Maximus gemeinsam in Afrika schlagen, wenn er uns folgen sollte. Du hast das mal einen ›Bewegungskrieg‹ genannt, Thomasius. Also sollten wir uns bewegen.«
Volkert schwieg.
»Redest du mit Sedacius?«
»Lass mich in Ruhe!«
»Na gut.«
Secundus wandte sich ab, zögerte einen winzigen Moment und marschierte dann auf das große Zelt zu, in dem der Tribun mit seinem Stab arbeitete.
Volkert sah ihm nach. Unheil dräute am Horizont, dessen war er sich sicher. Er hatte keine Lust mehr auf all das.
Er betrachtete seine Zehen, bleich, kalt, nass.
Gar keine Lust mehr.
13
Es schien, als hätten sich die Goten eingerichtet.
Godegisel spazierte durch das Dorf, betrachtete die neu errichteten Gebäude, die meisten nicht mehr als Hütten. Der Weg durch das Anwesen war lang und eher ein Trampelpfad als eine Straße. Obgleich es relativ kühl war, galt der Winter in Griechenland zu Recht als eher mild. Einige Bewohner blickten ihn fragend an, als er die Straße entlangschritt, das Pferd am Zügel, und der eine oder andere mochte ihn wiedererkennen, wenn er genau hinsah. Godegisel war durchaus bekannt unter den Seinen, hatte sich früh der Gunst des Richters erfreut, den ganzen, langen Weg von ihrer angestammten Heimat bis zur Schlacht vor Thessaloniki. Es war durchaus möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass der eine oder andere Adlige seines Volkes hier Residenz genommen hatte. Er musste nur nach dem größten Haus Ausschau halten. Sicher, eigentlich waren sie alle jetzt nicht mehr oder weniger als römische Bürger und die gotischen Führer hatten keine politischen Funktionen mehr inne. Aber es war sehr unrealistisch anzunehmen, dass geliebte Traditionen sich so schnell auflösen würden, vor allem, da das grundsätzliche Misstrauen den Römern gegenüber trotz des abgeschlossenen Vertrages immer noch erheblich war.
Und deswegen war Godegisel ja auch hier. Er hatte sich dieses Dorf nicht aus Zufall ausgesucht. Seinen Informationen zufolge saß hier, in dem stattlichsten Anwesen der Siedlung, ein Mann namens Engus. Der war nicht irgendein gotischer Adliger, sondern derjenige Mann, der neuer Richter der Goten hätte werden können, wenn sein Volk noch das Recht auf eine eigene Führung gehabt hätte. Fritigern und Alarich waren beide alt und ihr Einfluss war mit dem Abschluss des Vertrages geschwunden. Engus war nicht nur jünger, er hatte auch die lateinische und die griechische Sprache gelernt, als Schüler eines arianischen Wanderpredigers, der von seinem Vater dereinst aufgenommen worden war. Engus galt als ein Mann der Zukunft, der in der Lage war, sowohl die gotischen Traditionen wie auch die Notwendigkeiten eines Lebens im Imperium in Balance zu bringen. Niemand nannte ihn den Richter – es gab keinen aktuellen Richter, denn die Amtszeit des letzten Titelinhabers war abgelaufen –, aber viele dachten, dass er derjenige sei, der für das Volk spreche. Engus tat dies auch, traf sich regelmäßig mit römischen Notabeln, mit Angehörigen der Militäradministration, reiste in das nicht allzu ferne Thessaloniki, um sich dort mit dem Provinzpräfekten zu beraten. Meist ging es nur um alltägliche Probleme, doch jeder Römer von Rang wusste, an wen er sich zu wenden hatte, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge ging.
Deswegen war Godegisel hier. Wegen der wirklich wichtigen Dinge.
Er schaute in den Himmel. Der Frühling machte sich durch einen feinen Geruch bemerkbar. Es war noch kühl, aber es wurde besser. Er verlor sich für einen Moment in den Gedanken, in dieser friedlichen Siedlung ein Haus zu errichten, ein Stück Land zu bewirtschaften, eine Köhlerstochter aus Gallien herzuholen und all die Pflichten ein für alle Mal hinter sich zu lassen. Ein schöner Gedanke, eine angenehme Fantasie, die Wehmut auslöste. Er holte tief Luft. Aufgeschoben war nicht aufgehoben. Wenn all dies vorbei war… wenn all dies vorbei war. Ja. Später.
Er schaute auf.
Schließlich stand er vor dem Haus.
»Beweisen Sie etwas Eigeninitiative«, hatte ihm Rheinberg zum Abschied gesagt. »Ich kann nicht vorhersehen, womit Sie konfrontiert werden.«
Das konnte der junge Gote auch nicht. Er war eher
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