Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Gerichts oder eines hohen Staatsbeamten, der übergreifende Gründe dafür geltend machte, die Frau freizulassen, Gründe wie etwa ein Beutel Golddenare in seiner Hand. Auch dafür hatte Julia gespart. Es stand weit oben auf ihrer Liste.
In den letzten Tagen hatten sie und Claudia allerlei weitere Wertgegenstände und etwas Gepäck stückweise in die Stadt geschmuggelt und dort bei einem Geldverleiher gegen eine Gebühr untergebracht. Viele Geldverleiher unterhielten Schließfächer in bewachten Häusern, in denen Kunden Wertsachen unterbringen konnten. Es war keine gigantische Einnahme, aber sie ernährte den Mann, wenn das Kreditgeschäft gerade nicht so gut ging. Außerdem half es der Reputation, wenn man das Geld anderer Leute gut bewachte und selbst nicht in die Kasse griff. Es sorgte für neue Kundschaft und löste den Kreislauf von Vertrauen und Nachfrage aus, von dem ein guter Geldverleiher lebte.
Als Julia und Claudia reisefertig waren, meldeten sie sich fröhlich beim Majordomus des Hauses ab und erklärten, eine kleine Einkaufstour in die Stadt unternehmen zu wollen. Da der Fußweg nicht allzu weit und nicht beschwerlich war, verzichteten sie auf den Eselskarren und gingen zu Fuß. Claudia trug ein kleines Bündel bei sich – offiziell einige Kleidungsstücke, die der Ausbesserung bedurften – und Julia ebenso, darin tatsächlich allerlei Utensilien zur Versorgung ihrer Tochter, die sie sich vor den Bauch gebunden hatte und die die ganze Expedition mit gelegentlichen Krählauten kommentierte.
Es war alles ganz harmlos.
In der Nähe des Geldverleihers würde der ehemalige Legionär Racius auf sie warten, bereits für seine Dienste mit einem großzügigen Vorschuss belohnt, und mit eigenem Gepäck. Zusammen würden sie einen der ersten Küstensegler nehmen, die begonnen hatten, nach dem Ende des Winters die Inseln anzulaufen und Handelswaren und Passagiere zu transportieren. Erst einmal fort von der Insel, würde man sich nach Konstantinopel begeben, um von dort mit Nachforschungen nach dem Verbleib von Thomas Volkert zu beginnen. Julia hatte diesmal alles sehr sorgfältig geplant, was auch dringend notwendig war. Sie wusste, dass sie als verheiratete Frau keine Nachsicht erwarten durfte, wenn man sie dabei erwischte, wie sie davonlief. Ihr Mann hatte das Recht, sie dafür zu töten oder zu verstoßen, und obgleich sie nicht an Ersteres glauben wollte, wollte sie Letzteres so lange wie möglich hinauszögern, bis sie in Sicherheit war und an einem Ort, an dem man sie nicht kannte und keine Fragen stellte.
Racius würde für ihre Sicherheit sorgen. Julia hatte lange mit dem Mann gesprochen. Er hatte eine unspektakuläre, aber tadellose Militärkarriere hinter sich und jeden Winkel des Imperiums kennengelernt. Er war in Ehren entlassen worden und hatte das Land, das ihm zum Dank für seine Dienste in Gallien gegeben worden war, an einen Latifundienbesitzer verkauft, um sich in wärmeren Gefilden niederzulassen. Die Reisebegleitung für Julia war ein willkommener Anlass für ihn, die eigenen Ersparnisse um einen beträchtlichen Betrag aufzubessern und sich dann, wie es sein Traum war, auf einer der Inseln mit einer kleinen Taverne zur Ruhe zu setzen. Racius war relativ wortkarg, aber keinesfalls einsilbig, und was ihm an Bildung fehlte, besaß er an Lebenserfahrung. Es war diese Selbstsicherheit eines Mannes, der schon alles erlebt und oftmals dem Tode entronnen war, die ihn für Julia eingenommen hatte. Er strahlte eine Aura von Verlässlichkeit wie auch von Stärke aus und damit war er exakt der Reisebegleiter, den sie sich gewünscht hatte.
Sie erreichten das Gebiet des Hafens am Vormittag, nach einem bewusst entspannt wirkenden Marsch den staubigen Weg entlang. Sie begegneten währenddessen einigen Arbeitern aus dem Weingut ihres Gastgebers und diese sollten auf Nachfrage nur das Allerharmloseste über die sich lustig unterhaltenden beiden Frauen berichten können. Es galt, den schönen Schein bis zum letztmöglichen Zeitpunkt aufrechtzuerhalten. Racius derweil hatte – hoffentlich – das richtige Schiff identifiziert, eine Passage gebucht und ein paar Münzen draufgelegt, um den Mund des Eigners lange genug zu verschließen, bis seine Plauderei keinen Schaden mehr anrichten konnte.
Als Julia und Claudia an den Kais des Hafens ankamen, herrschte bereits rege Betriebsamkeit. Sie bahnten sich einen Weg durch das geschäftige Treiben, bis sie vor dem Gebäude des Geldverleihers ankamen. Der Wachmann
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