Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Legionen anschließen werden«, vollendete Andragathius den Satz grimmig. »Aber mit was für Schiffen wollen sie übersetzen? Das Mittelmeer …«
Er hielt inne.
»Sie bauen keine traditionellen römischen Galeeren oder Segler«, sagte er dann. »Sie bauen Schiffe nach Plänen der Zeitenwanderer. Keine mit Dampfmaschinen, Segler nur, aber besser für stürmisches Wetter geeignet, mit neuer Takelage, anderen Segeln, einem Kiel …«
Der Heermeister hatte sich informiert. Als oberster militärischer Stratege war er sehr daran interessiert, seine Armee jederzeit mobil halten zu können, und ein allwetterfähiges Hochseeschiff zum Truppentransport hatte sich wie eine sehr attraktive Alternative zur bisherigen Praxis angehört. Dafür bedurfte es nicht einmal der Dampfmaschine, mit der man gegen den Wind und die Strömung antreten konnte – ein gutes Segelschiff mit erfahrener Besatzung vermochte bis zu einem gewissen Grad auch gegen den Wind zu kreuzen, ja sogar bei hohem Wellengang. Es war nur logisch anzunehmen, dass die Schiffsneubauten, die Theodosius in Auftrag gegeben hatte, sich dieser Prinzipien bedienen würden.
»Wo werden die Schiffe genau gebaut?«, fragte er Valerius.
»Wir vermuten, dass die Anlagen in Misenum benutzt werden«, erwiderte dieser. »Dort hat man sich von Beginn an zu Theodosius bekannt. Darüber hinaus sind wohl auch Werften in weiter südlich gelegenen Städten aktiv geworden. Wir hören, dass Holzvorräte aufgekauft werden und dass Gold fließt.«
»Richtiges Gold?«, fragte der Heermeister mit etwas ungläubigem Unterton.
Valerius schüttelte den Kopf. »Der Gegenkaiser stellt Wechsel aus. Bis jetzt kommt er damit zurecht. Es gibt wohl eine gewisse Stimmung unter den wohlhabenderen Römern, nach der die Finanzen des Reiches langfristig besser in den Händen der Zeitenwanderer mit ihren seltsamen Ideen aufgehoben sind als bei Maximus.«
Andragathius sagte nichts, vor allem, da er wusste, dass Maximus viele der Neuerungen Rheinbergs und Gratians in Bezug auf Steuern und die Regulierung des Arbeitsmarktes beibehalten hatte, da er ihre Sinnhaftigkeit durchaus einsah. Diese »gewisse Stimmung« war also selbst für einen Gegner der Zeitenwanderer durchaus nachvollziehbar. Nicht einmal Ambrosius hatte dagegen etwas einzuwenden gehabt – mit der kleinen Ausnahme der Steuerfreiheit von Kirchengütern, die auf sein Drängen hin sogleich wieder eingeführt wurde. Dadurch hatte sich Maximus der Loyalität eines guten Teils der Kirchenführung versichert, eine wesentliche Säule seines Machtanspruches.
»Dann müssen wir reagieren. Wir verhindern, dass Theodosius Italien verlassen kann«, entschied der Heermeister und als er es aussprach, erschien ihm der Befehl so klar und logisch, dass er sich wunderte, warum er nicht schon früher darauf gekommen war. »Wir brechen auf, nach Misenum. Die Stadt hat uns nichts entgegenzusetzen. Wenn Theodosius uns aufhalten will, muss er die Schlacht suchen. Wenn er sich nicht gegen uns stellt, wird er nicht genügend Schiffe haben, um größere Teile seiner Armee übersetzen zu können. Wie es auch kommt, wir haben ihn da, wo wir ihn haben wollen.«
»Was wird der Imperator dazu sagen?«
Andragathius nickte. »Wohl gesprochen, mein Freund. Ich werde ihn sogleich in Kenntnis setzen und um den Marschbefehl bitten. Wir wollen nichts ohne seine Zustimmung tun.«
Valerius machte erst ein nachdenkliches Gesicht, dann aber lächelte er. Er gehörte zu den Leuten, die sich gerne absicherten, und der alte Heermeister hatte seinem Herrn lange genug gedient, um zu verstehen, dass es gut war, Loyalität auch nach oben hin offen zu demonstrieren. Die Befehlskette musste eindeutig und unzweifelhaft bleiben.
»Wir senden weiterhin Kundschafter in alle Ecken Italiens – in jede Stadt, die auch nur eine kleine Werft hat«, befahl der alte Mann mit neuer Energie. »Ich will ständig informiert werden, was sich da tut. Die Männer sollen sich zurückhalten, nicht auffällig werden, nur beobachten. Ich will nicht, dass auch nur einer von ihnen aufgegriffen wird.«
»Ich werde es sofort veranlassen.«
Andragathius setzte sich schwer auf einen Sessel und schloss die Augen. Er fühlte, dass er jetzt wieder die Initiative in der Hand hatte. Ein gutes Gefühl, es überdeckte sogar für einen Moment die bleierne Müdigkeit.
»Soll ich das Zelt gleich abbrechen lassen?«, drang die Frage des Valerius an sein Ohr.
Der Heermeister schüttelte den Kopf.
»Nein, ganz zum
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