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Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)

Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)

Titel: Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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sahen sich an. Es fiel kein Wort.
    Er ist alt geworden, stellte Julia mit Besorgnis fest. Da gab es Falten, die hatte sie vorher nicht bemerkt. Die Haut wirkte gegerbt vom Wetter. Der Ausdruck in seinen Augen war … so müde.
    Und dann schwand die Müdigkeit und machte der Furcht Platz.
    Es hätte so ausgehen können: Sie hätten sich zugenickt, die Form gewahrt, die Fassade, zum gegenseitigen Schutz vielleicht oder auch nur, weil sie nicht wussten, wie sie mit diesem Moment umzugehen hatten.
    Doch dann öffnete ihre gemeinsame Tochter die Augen, drehte den Kopf, erblickte das erste Mal in ihrem Leben ihren Vater.
    In dessen Blick traten Tränen.
    Secundus und Claudia starrten fassungslos auf die beiden, als Volkert seine Arme ausbreitete, die Tochter und die Mutter an sich zog, unendlich sanft. Sie sahen, wie der Tribun mit fassungsloser Faszination auf das kleine Gesicht hinunterblickte, das seinerseits eher verwirrt dreinblickte, als ob die Kleine nicht wusste, ob dieser mächtige, bärtige Schatten etwas Gutes oder etwas Störendes darstellte.
    Secundus und Claudia wechselten einen Blick. Secundus wusste von nichts, Claudia war informiert. Es dämmerte ihr aber erst jetzt. Dann fing auch sie an zu weinen.
    Zenturio Secundus wirkte das erste Mal in seinem Leben hilflos. Sein Vorgesetzter heulte. Die Frau mit dem Kind heulte. Seine Freundin – er machte sich berechtigte Hoffnungen! – heulte. Dann begann das Baby auch damit.
    Er stand für einen Augenblick so da, ratlos, verwirrt, und spürte, wie die anderen Marktbesucher das seltsame Schauspiel mit einer Mischung aus Rührung und Unverständnis betrachteten.
    Er räusperte sich, erblickte die kleine Taverne, die er sich eigentlich für ein lauschiges Treffen mit Claudia ausgesucht hatte mit ihrem verwinkelten Schankraum, in dem man sich gut unbeobachtet setzen konnte. Der Wirt erwartete ihn, hatte ein besonders schönes Plätzchen frei gehalten.
    Dort würde es jetzt enger werden als erwartet.
    Secundus dachte praktisch. Er schob die weinende Schar vor sich her, die alles willenlos mit sich machen ließ.
    Dafür war ein Zenturio da, dachte Secundus amüsiert und stellte mit Freude fest, wie Claudia sich und alles, was sie vorzuweisen hatte, an ihn schmiegte.
    Ein Zenturio kümmerte sich.
    Und das tat er.
        
     

15
     
    Ravenna war eine hektische Stadt. Überall waren Soldaten zu sehen, und eine starke Spannung lag über der Metropole. Trotz dieser Situation konnte der Küstensegler aus dem Osten ohne Probleme anlegen. Die Legionäre, die das Schiff betraten, hielten vor allem nach Menschen Ausschau, die Symptome der Pest zeigten. Auf diesem Schiff fand sich niemand, wenngleich man Godegisel einer besonders intensiven Begutachtung unterzog. Seine Narben waren als solche jedoch gut erkennbar – viel zu gut, wie der junge Mann immer noch fand – und schließlich ließ man ihn unbehelligt.
    Die Überfahrt war ruhig und ereignislos gewesen. Godegisel hatte hart arbeiten müssen, war morgens als einer der Ersten aufgestanden und hatte als einer der Letzten Ruhe gefunden. Den ganzen Tag über hatte er in der kleinen Küchenecke gestanden und hatte die Nahrung für die Mannschaft zubereitet, ebenso wie für jene Passagiere, die dafür bezahlt hatten. Der Küstensegler war ein größeres Schiff mit einer Besatzung von zwölf Seeleuten und noch einmal so vielen Passagieren. Selbst jene, die es anfangs vorzogen, ihre mitgebrachten Vorräte zu verspeisen, hatten sich im Laufe der Zeit in die Schlange jener eingereiht, die Godegisels Zubereitungen essen wollten. Es waren einfache Mahlzeiten, aber Clodius hatte dem Goten ein paar Dinge zum Thema Würzen und dem richtigen Verhältnis von Zutaten beigebracht, die sich jetzt als ausgesprochen hilfreich erwiesen.
    Godegisel war sehr beschäftigt, und das war gut so. Es verscheuchte die Gedanken, fokussierte seinen Verstand. Legte er sich nach Sonnenuntergang zur Ruhe, wenn der Segler irgendwo an der Küste vor Anker gegangen war, schlief er sofort ein, so müde war er. Die Arbeit und die frische Seeluft stärkten auch seinen Körper. Die Schwäche war vertrieben, er fühlte sich belebt und so kräftig wie zuvor.
    Als sie Ravenna erreicht hatten, bot ihm der Kapitän eine weitere Heuer an für den Rest des Sommers und eine anschließende Anstellung in der Hafentaverne seines Bruders, in der er auch selbst während der Wintermonate zu arbeiten pflegte. Godegisel lehnte das freundliche Angebot dankend ab, kassierte

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